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Der unteleportierte Mann

Der unteleportierte Mann

Titel: Der unteleportierte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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für jetzt verabschiedet, aber bald bin ich wieder bei euch, mit ein paar Lachern, die euch den Tag verschönen und die Dinge SQUAZ! fröhlich und strahlend machen. Turaluh!« Dann verstummte die Stimme. Übrig blieb nur noch entferntes Hintergrundrauschen, nicht einmal eine Trägerwelle.
Ich kenne keinen kleinen Jungen namens Martha, dachte Gloch. Und, so begriff er, da stimmt noch mehr nicht; die a-Endung entstammt der ersten Lateinischen Deklination, also kann >Martha< nicht ein Jungenname sein. Logisch gesehen müßte es Marthus heißen. Aber vielleicht wußten sie das nicht, Charley Falks wußte das nicht. Wohl nicht sehr belesen. Wie ich mich von den wenigen Malen, die ich ihn getroffen habe, her erinnere, war er einer dieser autodidaktischen Simpel, die im Inneren von nichts eine Ahnung haben, aber sich nach außen hin einen Anstrich aus Bruchstücken kultureller, wissenschaftlicher, entlegener, zweifelhafter Halbfakten geben, die er ständig mit Begeisterung jedem, der zuhörte — und wenn nicht, so doch jedenfalls in der Nähe war und damit in potentieller Hörweite — stundenlang ohne Pause herleierte. Und als er dann älter wurde, konnte man sogar weggehen, und er redete trotzdem immer noch weiter, zu niemandem. Aber natürlich hatte ich damals meine Kammer noch nicht, also war mein eigener Zeitsinn so fehlerhaft, daß Dinge, die in Wirklichkeit nur Minuten dauerten, mir wie Jahre erschienen; wenigstens haben sie mir das erzählt, diese Waschpsychiater, damals in der Anfangszeit, als sie mich testeten und mich wieder in Ordnung brachten, damit ich wieder klar denken und mir diese Kammer entwerfen und bauen lassen konnte.
Wenn ich mich um Christi willen doch bloß, dachte er bedrückt, an das Konzept der Gegenwaffe erinnern könnte, das ich im Kopf hatte oder wenigstens beinahe im Kopf gehabt zu haben glaubte, bevor dieser Müll über die Leitung hereinzukommen begann.
Es wäre eine höllische Gegenwaffe für den Einsatz gegen Horst Bertold und die UN gewesen. Dessen war er sich sicher. Vielleicht fällt es mir später wieder ein, überlegte er. Genaugenommen war es ohnehin bloß der Kern einer gegentaktischen Idee, hatte kaum angefangen, sich zu entwickeln. So was dauert. Wenn ich nicht ständig wieder unterbrochen werde wenn dieser verflixte Quatsch nicht wieder prompt in der Sekunde anfängt, in der ich die Grundidee wirklich zu etwas ausbaue, das Herr von Einem praktisch einsetzen, geradewegs hinaus ins Feld schicken kann, um in den globalen Kampf einzugreifen, bei dem wir so verdammt ins Stocken geraten sind, auf Walmaul und wo immer sie sonst noch miteinander anbinden . . . möglicherweise inzwischen überall im Univer- sum, ich bin möglicherweise sechs Wochen zurück, und es liegen Daten gespeichert für mich bereit von zum Beispiel letztem Donnerstag, wenn nicht sogar vom letzten Jahr.
Martha, dachte er. Mal schauen: »Die letzte Rose des Sommers« ist daraus. Aber wer hat das geschrieben? Flotow? Lehär? Einer dieser Komponisten leichter Opern.
»Hummel«, verkündete der Toneingabekreis so plötzlich, daß er zusammenschrak; es war eine vertraute, trockene Altmännerstimme. »Johann Nepomuk Hummel.«
»Du bist eine Goldgrube an Fehlinformationen«, sagte Gloch gereizt in einer automatischen Erwiderung auf einen weiteren typischen Brocken falschen Wissens vom geschwätzigen alten Charley Falks. Er kannte das so gut, hatte aus langer Erfahrung müde resigniert. Sie reichte bis ganz zurück in seine Kindheit, zurück durch die trübselige Prozession der Jahre.
Es reicht aus, einen wünschen zu lassen, man sei Zimmer- mann, sann Gloch verbittert. Und müßte nicht denken, bloß Bretter ausmessen, sägen und hämmern, all diese rein körperli- chen Tätigkeiten. Dann würde es nichts machen, was der alte Charley Falks einem vorplapperte oder was zu allem Überfluß auch noch seine Heimsuchung von einem Jungen, Martha, dazwischenpiepste, was das anging; es war egal, wer über- haupt irgend etwas sagte, oder was.
War' toll, dachte er, wenn man zurückgehen und sein Leben von Anfang an noch einmal leben könnte. Nur es dieses Mal anders zu machen, einmal auf die richtige Schiene zu kommen. Eine zweite Chance, und mit dem, was ich heute weiß . . . Aber was genau wußte er eigentlich?
Er hätte sein Leben dafür gegeben, sich daran erinnern zu können.
»Achtung, Wortspiel«, kommentierte die Stimme aus dem Tonkreis. »Leben gegeben, Leben noch einmal leben . . . ver- stehst du?« Sie lachte

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