Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)
du.«
Chrenars Stimme war ruhig, doch diese Ruhe trog. Er fragte sich, ob der Priester die Unwahrheit sagte oder es wirklich sein konnte, was er berichtete? Doch nein, er würde es nicht wagen zu lügen. Nicht vor ihm. Zudem hatte Kestos es bestätigt. Aber es konnte auch nicht wahr sein, was er berichtete.
»Schicke Nachricht an Wedir Orcard!«, befahl er schließlich. »Er soll den Fremden so rasch es geht finden und herbringen – lebend! Und teile ihm mit, dass Thuraan es befiehlt! Ich dulde kein weiteres Versagen und ich dulde auch nicht, dass Orcard ihn zuerst sehen will! Sollte er sich widersetzen oder auch nur das kleinste Zeichen von Eigenmächtigkeit zeigen – dann lasst ihn ebenfalls hierher bringen, damit er sich vor Thuraan verantwortet! Ich werde sein Verhalten nicht länger dulden!«
Der Priester verneigte sich und verließ Chrenars Zimmer. Auch Kestos ging, zufrieden mit der Reaktion des Hohepriesters. Orcard würde schon bald fallen, das spürte er, und dann würde der Weg für ihn frei sein. Er würde neuer Anführer der Wächter werden. Und nur er.
Als der Hohepriester wieder allein war, ließ er sich schwer in seinen Stuhl fallen und dachte nach.
Was im Namen der Götter hatte das alles zu bedeuten? Erst Thuraan, der nach Fremden fragte, und dann ein Fremder, der sich als vielleicht als Dunkler entpuppte. Er spürte, dass sich in Boram etwas Außergewöhnliches zutrug, doch er war sich gleichzeitig sicher, dass es ihm nicht gefiel. Nein, dachte er, das war einfach nicht möglich! Kein Dunkler konnte die Mauern der Stadt überqueren; er wusste, dass Thuraan sie mit einer Schutzmagie versehen hatte, die jede Gefahr abwies.
Und die einzige Gefahr, die außerhalb Borams existierte, waren die Dunklen. Ein Gefühl ungeheurer Angst kroch ihm langsam den Rücken hinauf; eine Angst, wie er sie sonst nur in Anwesenheit Thuraans kannte.
Er atmete tief aus, wie um Mut zu fassen. Dann machte er sich auf den Weg zu Thuraan, um ihm über die jüngsten Ereignisse zu berichten. Vielleicht würde er von ihm erfahren können, was hier vor sich ging.
***
Linan brütete über den Büchern, die sie sich aus dem Zimmer ihres Vaters gesucht hatte. Ihr gingen die Zeichen, die sie auf dem Körper des Fremden gesehen hatte, nicht mehr aus dem Kopf.
Nach einiger Zeit war sie fündig geworden und hatte alles verschlungen, was ihr vor die Augen kam. Es waren allesamt Bücher, die in der Alten Sprache geschrieben waren, doch sie hatte das meiste davon entziffern können. Allerdings war sie nicht sicher, ob sie alles wirklich richtig verstanden hatte.
Es ging um Runen-Magie, etwas, von dem sie schon früher einmal entfernt gehört hatte. Sie hatte die Zeichen in den Büchern wiedererkannt, zumindest besaßen sie große Ähnlichkeit mit denen, die sie bei dem Fremden gesehen hatte. Es war die Magie der Alten Götter, die einige ihrer treuesten Diener hatten ausüben können, wenn man den Überlieferungen glauben wollte. Doch all das lag lange zurück, und Magie war heute etwas, das ausschließlich den Neuen Göttern vorbehalten war.
Besonders ein Buch hatte sie nachdenklich gemacht, denn dort stand Folgendes geschrieben:
Die Runen-Magie ist auf dieser Welt die mächtigste Kraft, die existiert. Sie war da bevor die Menschen kamen, und wird auch noch dann da sein, wenn die Erinnerung an die Menschen längst verblasst ist. In den Runen ist das Schicksal aller verwebt und mit ihrer Macht können die Grundfesten der Welt erschüttert werden. In den Runen steckt die Magie der Welt selber, daher ist sie von so großer Bedeutung.
Diejenigen, die sie entdeckten, wurden so mächtig, dass sie sich zu gottgleichen Wesen aufschwangen, denn nichts schien ihnen mehr unmöglich zu sein.
Den Auserwählten der Götter wurde die Gnade gewährt, einen geringen Teil dieser Magie selber auszuüben. Sie waren in der Lage, Runen der Macht zu zeichnen und damit Gutes und Böses zu wirken.
Doch nach dem Fall der Alten Götter ging das Wissen um die Runen-Magie verloren, auch weil ihre Diener von den Neuen Göttern gejagt und vernichtet wurden. Die Neuen Götter bedienen sich einer anderen Quelle der Macht, und so gibt es niemanden mehr, der sich der Magie der Runen noch bewusst wäre.
Doch die Legende erzählt, dass die Möglichkeit einer Rückkehr der Alten Götter besteht, sofern ihre Runen-Magie wiederentdeckt wird. Denn diese ist ihre Verbindung in die Welt der Neuen Götter.
Linan legte das Buch zur Seite und ließ
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