Der Untergang der Götter - Die Verbotenen Wege (German Edition)
vernichten – was passiert dann mit uns allen?«
Eneas schaute sie aus undurchdringlichen Augen an und trat auf die verborgene Tür zu. »Ich weiß es nicht, Mela, aber ich werde es herausfinden. Doch eines ist gewiss: die Welt wird sich verändern.«
»Das macht mir Angst! Du machst mir Angst!«
Eneas drehte sich langsam um.
»Ich habe dich gewarnt, mit mir zu gehen, Mela. Die Angst, die du jetzt in dir fühlst, kann ich dir nicht nehmen. Niemand kann das. Ich werde in die kresh kallaan gehen, ob ihr mitkommt oder nicht. Und ich werde meiner Bestimmung folgen.«
Eneas drehte sich wieder zur Tür um und legte seine rechte Hand erneut auf die Runen. Einen Moment lang geschah nichts, dann aber begannen sie schwach zu leuchten, als wäre ein verborgenes Feuer in ihnen. Staub begann zu rieseln und der Spalt, der eben noch klein und kaum zu erkennen gewesen war, vergrößerte sich zusehends, bis ein Durchgang sichtbar wurde.
Dahinter war nichts als Dunkelheit zu sehen und Mela begann zu zittern; sie spürte, dass dies ein ganz besonderer Augenblick war. Und sie hatte das Glück teilhaben zu können.
»Dort werde ich finden, wonach ich gesucht habe«, sagte Eneas mit leiser Stimme. »Dort liegt der Übergang in die kresh kallaan , die Verbotenen Wege . «
Er wandte sich an Mela: »Geh jetzt und lass mich allein!«
Mela öffnete den Mund, sagte dann aber doch nichts. Stattdessen nickte sie knapp und gehorchte.
Als sie aus dem zerstörten Saal verschwunden war, ging Eneas in die Knie und ließ sich mit dem Rücken gegen die Wand fallen. Ein Stöhnen entfuhr seinem Mund und vor Schmerz krümmte er sich zusammen. Seine Schulter wurde von Stunde zu Stunde schlimmer, seine Zeit lief ab.
Was er Mela gezeigt hatte, war dumm gewesen, denn es hatte viel seiner Kraft bedurft, wofür er jetzt bezahlte. Dennoch war er der Meinung gewesen, dass sie verdient hatte zu sehen, welche Erinnerungen hier verborgen lagen.
Aber das alles war jetzt egal: er hatte den Zugang gefunden, ganz wie es der Alte ihm prophezeit hatte. Dennoch war es nicht ganz geschafft, denn der Mauerspalt öffnete nur den Weg in den Raum, in dem der Zugang tatsächlich lag. Und um diesen endgültig zu öffnen, würde er all seine noch verbliebene Kraft benötigen.
Er konnte nur hoffen, dass sie noch ausreichte, denn sonst würden sie alle hier sterben. Und die Schuld, die ohnehin schon schwer auf seinen Schultern ruhte, würde noch größer werden.
***
Am nächsten Morgen rief Eneas alle zusammen. Die drei Frauen hatten sich zu Mela gesellt, während Orcard und Hendran zusammen neben ihnen standen und vor allem Hendran einen verdrießlichen Eindruck machte. Feindselig funkelte er ihn an.
Eneas wirkte geschwächt und Mela betrachtete ihn voller Sorge, doch er ignorierte ihre Blicke.
»Ihr müsst jetzt eine Entscheidung treffen!« Seine Worte schnitten in die Stille wie ein scharfes Schwert. Er schaute jeden einzelnen an, auch Mela. Vor allem Mela.
»Ich werde ehrlich zu euch sein: ich werde die Verbotenen Wege aufsuchen. Ich muss es, andernfalls sterbe ich. Dort gibt es eine Möglichkeit, mich zu heilen: ein magischer Gegenstand von großer Kraft . Und wenn ich ihn in meinem Besitz habe, werde ich die Verbotenen Wege wieder verlassen.«
Er ließ seine Worte eine Zeit lang wirken. Orcard wirkte ernst, während Hendran ihn spöttisch anblickte.
»Ich kann verstehen, wenn ihr nicht diesen Weg gehen wollt, denn ich selber weiß nicht genau, was mich dort erwartet.«
»Und wenn wir nicht wollen?«, fragte Hendran. »Wenn wir alle uns dagegen entscheiden?« Die Herausforderung in seinen Worten war nicht zu überhören.
»So zu entscheiden steht euch zu. Ihr könnt versuchen, die Straße nach Westen zu erreichen und dann nach Ternam zu kommen. Vielleicht ist das sogar das Beste, was ihr tun könnt.«
»Und dem Häscher direkt in die Arme laufen?« Hendrans Stimme troff nur so von Spott.
Eneas schüttelte den Kopf. »Er ist keine Gefahr mehr für euch, dafür habe ich gesorgt.«
Orcard starrte ihn überrascht an. »Du hast selber gesagt, dass du ihn nicht besiegen kannst und dass er dort draußen wartet.«
»Er hat mit ihm gesprochen, ich habe es gesehen.«
Hendrans Worte waren voller Anklage und sofort richteten sich alle Augen auf Eneas. Selbst in Melas Augen war eine Spur von Vorwurf zu erkennen.
»Er spricht die Wahrheit«, gab Eneas zu, Melas Blick wie einen Dolch in seinem Körper spürend. »Ich habe mit ihm gesprochen. Und deshalb
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