Der Untergang der Götter - Die Verbotenen Wege (German Edition)
Wegen?«
Ehrfurcht sprach aus ihren Worten und wieder zitterten ihre Hände leicht, so wie Eneas es in der Nacht gesehen hatte, als sie zu träumen schien.
»Vielleicht«, entgegnete Eneas ausweichend. »Ich bin nicht ganz sicher. Aber ich habe sonst überall gesucht und nichts gefunden.«
»Was bedeuten diese Zeichen? Es ist die vergessene Sprache, die der Alten Götter, oder?«
Eneas nickte und fast zärtlich überflogen seine Augen die Schrift. Ihm schien es, als würden sie sich kaum merklich bewegen.
»Die Zeichen sagen: Tritt ein, wenn du es vermagst! «
»Das ist alles?«
Eneas lächelte. »Was hast du denn erwartet?«
»Nun, irgendetwas Besonderes. Etwas ... Göttliches! «
Eneas überlegte, dann ergriff er Melas Hand. »Möchtest du einmal etwas Besonderes erleben?«
Mela war überrascht, dass er ihre Hand genommen hatte, und in einem ersten Impuls wollte sie sie ihm entziehen. Dann aber nickte sie.
Eneas lächelte beruhigend und zog sie nach vorne, auf die Wand zu. Sie wollte erst zurückschrecken, dann aber ließ sie es geschehen. Als ihre Hand die Runen berührte, veränderte sich schlagartig die Welt rings um sie.
Zunächst waren es nur Schemen, die um sie herum schwebten, und die Zerstörung, die eben noch allgegenwärtig gewesen war, löste sich langsam auf. An den Wänden blitzten Lichter und erleuchteten kostbare Statuen, die in regelmäßigen Abständen angebracht waren. Der Boden glänzte in unnatürlicher Reinheit und Schönheit, als besäße er ein eigenes Leben. Die ganze Decke strahlte in angenehm warmem Licht, das dem einer Sonne glich.
Die Schemen huschten immer langsamer umher, ohne dabei aber deutlich sichtbar zu werden. Ihre Gesichter lagen verborgen hinter weiten Umhängen, die bis zum Boden hinab reichten, und Mela konnte nicht erkennen, ob es sich um Männer oder Frauen handelte.
Andächtig starrte sie auf die Szene, die sich ihr darbot, und spürte, welche fast ehrfurchtsvolle Stimmung herrschte. Alles war durchzogen von Erhabenheit und Andacht, als würde etwas ganz Besonderes bevorstehen. Sie fühlte sich mitten hinein in das Geschehen gezogen, als wäre sie ein Teil von all dem, als würde sie dorthin gehören.
Dann tauchte vom Eingang her eine Gestalt auf, die sich von den anderen deutlich abhob. Sie war größer und wirkte auf den ersten Blick fremdartig und überlegen. Ihre Schritte waren kraftvoll und sie strahlte eine Stärke aus, die sofort spürbar war.
Mela hielt den Atem an. War das etwa einer der Alten Götter? Gebannt schaute sie zu, wie die Gestalt bis zum Ende der Halle schritt und dann in einem kleinen Raum verschwand, den sie bislang noch gar nicht gesehen hatte. Die übrigen Anwesenden, die alle inne gehalten hatten, begannen sich zu bewegen und schwirrten wieder durch den Raum.
Mela bestaunte all dies und schien alles andere vergessen zu haben. Eine Zeit lang blieb es dabei und sie genoss einfach nur die Schönheit dieser Halle, die ein Gefühl von Vollkommenheit vermittelte.
Dann aber veränderte sich die Szene und die Wände begannen zu zittern, als schlüge ein Riese gegen sie. Statuen, die eben noch fest und unnahbar gewirkt hatten, fielen um, Lichter erloschen und die Schemen wurden zusehends undeutlicher und verschwanden schließlich völlig. Dann war nur noch Dunkelheit.
Mela schreckte zurück und starrte Eneas mit wildem Blick an. »Was ... was war das?«
»Eine Erinnerung«, erwiderte Eneas und seine Augen glänzten. »Nur eine Reflexion dessen, was hier einst gewesen ist. Konduun ist voller Erinnerungen, ich kann sie überall spüren.« Er deute umher.
Mela atmete tief aus und betrachtete ihre Hand, als könnte noch etwas von dem, was sie soeben erlebt hatte, an ihnen heften.
»Wer waren diese ... Schemen?«
»Die Diener und Priester der Alten Götter. Einst gab es viele Orte wie Konduun , du hast sie ja teilweise vom Turm sehen können. Aber das ist schon lange Vergangenheit. Und nichts wird die alte Zeit zurückbringen. Nichts.«
»Aber du kämpft für sie! Du kämpfst für die Alten Götter!«
Eneas’ Blick wurde übergangslos hart und seine Hände ballten sich zusammen.
»Ja, das tue ich. Ich habe bereits einen der Neuen Götter vernichtet, und ich werde nicht eher ruhen, bis auch die anderen besiegt sind – oder ich selber den Tod finde!«
Mela betrachtete ihn scheu. Noch nie hatte er so deutlich davon gesprochen, was er vorhatte.
»Und was wird dann geschehen? Solltest du wirklich Erfolg haben, und sie alle
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