Der Untergang der Götter - Die Verbotenen Wege (German Edition)
wie ich an diesen Ort gekommen bin. Und ihn«, deutete sie auf Eneas, »kenne ich auch nicht.«
Mela spürte, dass sie die Wahrheit sprach. Die Situation, in der sie sich befand, war völlig verstörend. Da waren ein Drache, eine Frau ohne Erinnerung, ein toter Häscher, ein ohnmächtiger Wächter und vor allem Eneas, der schwer verletzt zu sein schien.
Ein Stöhnen riss sie aus ihren düsteren Gedanken. Orcard war aufgewacht und richtete sich langsam und unter großen Mühen auf. Seine Augen schweiften umher, dann fanden sie Mela.
»Was ist geschehen?«, wollte er wissen. Seine Stimme klang schwach und erschöpft.
»Eneas hat gegen den Häscher gekämpft und ihn getötet.«
Orcard trat so rasch er konnte näher und sah, dass Mela die Wahrheit gesprochen hatte. Er musterte Linan neugierig, doch auch er erhielt von ihr nur die Auskunft, dass sie selber nicht wusste, wie sie hierher gekommen war.
Orcard gab sich damit zunächst zufrieden und untersuchte Eneas gründlich. Sein Blick wurde ernst.
»Er hat einige äußerliche Verletzungen, aber sie scheinen mir nicht ernsthaft gefährlich zu sein. Aber ...«
»Aber was?« Melas Stimme war drängend. Sie fühlte eine Angst um Eneas wie nie zuvor.
»Vermutlich hat der Kampf gegen den Häscher seine innere Verletzung endgültig durchbrechen lassen«, entgegnete Orcard vorsichtig, denn es war nur eine Vermutung. »Sein Puls geht langsam und schwach, als würde er ... im Sterben liegen.«
Melas Gesicht zuckte zusammen und sie schüttelte entschieden den Kopf. »Sag so etwas nicht! Er kann sich selber heilen, das habe ich schon einmal gesehen!«
»Vielleicht«, sagte Orcard ausweichend, aber seine Stimme klang nicht überzeugt.
Mela schaute verzweifelt von Orcard zu Linan, aber beide konnten nichts tun.
»Nein!«, flüsterte sie. »Er wird nicht sterben, das werde ich nicht zulassen!«
***
Er befand sich in einer Zwischenwelt, von der er nichts wusste, außer dass sie existierte. Alles rings um ihn war undeutlich und wage, keine Konturen, an denen man sich orientieren konnte.
Aber so unklar seine Umgebung auch sein mochte, so klar war die Erinnerung an das, was geschehen war. Er hatte gegen den Häscher gekämpft, und dieser Kampf war schlimmer und härter gewesen als alles, was er bislang erlebt hatte. Er war auf die Macht der Serapen gestoßen und auf die Bösartigkeit des Häschers. Und doch war er als Sieger hervorgegangen.
Allerdings wusste er auch, wem er das zu verdanken hatte: dem Beryllyion. Auch ohne direkte Verbindung hatte er dessen Kraft gespürt und sie nutzen können, und das war dem Häscher zum Verhängnis geworden.
Doch seine eigenen Kräfte waren dabei endgültig aufgebraucht worden und die Wunde in seinem Inneren war jetzt außer Kontrolle. Die dunkle Magie der Serapen breitete sich aus und er vermochte sich ihr nicht mehr zu widersetzen. Er hatte gesiegt – und doch verloren.
»Noch bist du nicht tot!«
Er schreckte zusammen, als die Stimme aus dem Nichts ertönte. Er wusste wem sie gehörte, und fast hatte er sogar erwartet, sie hier zu hören.
»Das Gift der Serapen tötet mich, und ohne das Beryllyion bin ich verloren.«
Eigentlich hätte er erwartet, über diese Worte selber zu erschrecken, aber so war es nicht. Er fühlte eine ungekannte Ruhe in sich, die ihm gefiel. Sie war so anders als der ständige Kampf, der ansonsten sein steter und treuer Begleiter war.
»Dann nutze es, um dich zu retten!«
Eneas lachte auf. »Und wie soll ich das tun? Ich sterbe und es gibt niemanden, der mich hören kann. Vermutlich stehen meine Begleiter jetzt um mich herum und schauen dabei zu.«
»Du gibst also einfach so auf? Jetzt, da dein Ziel zum Greifen nahe ist?«
In der Stimme schwang Enttäuschung mit, aber Eneas ließ sich davon nicht blenden: »Deine Worte helfen mir nicht, Alter Mann. Und es gibt auch nichts, was mich wachrütteln kann, nur weil du es so willst. Erspare mir also deine Bemühungen.«
»Greife nach der Macht des Beryllyions! Du hast diese Kraft in dir!«
»Aber vielleicht will ich das gar nicht mehr«, entgegnete Eneas müde. »Vielleicht habe ich endgültig genug vom Kämpfen und davon, ein Werkzeug der Alten Götter zu sein.«
Eine Zeit lang herrschte Schweigen, aber wenn Eneas gehofft hatte, die Stimme endgültig los zu sein, so sah er sich getäuscht:
Ȇber dein Schicksal kannst du vielleicht selber entscheiden. Aber was ist mit den anderen? Sie werden dort, wo sie jetzt sind, nicht wieder herausfinden,
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