Der Untergang der Hölle (German Edition)
durch mich?«
Der Gong läutete nicht mehr und die Rotation der Zahnräder hatte aufgehört, doch Vee spürte immer noch den Nachhall der Vibrationen im Brustkorb. Sie hatte tatsächlich zwölf Schläge gezählt. Sie lauschte weiter geduldig den Worten des Pastors, als wäre sie eine bekümmerte Seele, die sich von ihm einen Rat erteilen ließ.
»Trotz meiner Reformen habe ich über zahllose Jahre der Versuchung widerstanden, selbst eine Verdammte zur Frau zu nehmen, da meine liebe Abigail im Himmel zurückgeblieben war, um auf mich zu warten. Aber … schließlich tat ich es doch, vor noch gar nicht langer Zeit. Und glaub mir, Rebecca, es war, als sei ich in eine ganz neue Phase meiner Entwicklung eingetreten. Ich fühlte, wie meine Seele sich in Höhen aufschwang, die sie lange, lange Zeit nicht mehr erreicht hatte.
Meine Elizabeth ist eine wundervolle, mitfühlende Seele, trotz der Irreleitung, die ursprünglich zu ihrer Verdammung führte, und sie hat auch mich gelehrt, eine mitfühlendere Seele zu sein. Ich habe versucht, meine Gemeinde für weitere neue Ideen empfänglich zu machen, um uns aus der Stagnation in eine aufgeklärtere Zukunft mit größeren Möglichkeiten zu führen. Was uns zurück zu deiner Frage hinsichtlich unserer Essgewohnheiten führt.«
Vee brummte, um ihn zu ermutigen, weiterzusprechen.
In leiserem, vertraulicherem Tonfall sagte der Pastor: »Rebecca, meine Frau hat mir geholfen, ebenfalls einzusehen, dass es falsch ist, dieses Fleisch zu verzehren, und ich esse es nicht mehr. Ich habe versucht, unsere Ackerbauprojekte weiter voranzutreiben, aber glaub mir, unsere Leute gieren nach Fleisch. Daher verlief dieser Versuch für mich entmutigend. Ich habe gehört, dass die Bürger der früheren Verdammtenstadt Oblivion vor dem Großen Konflikt ihre eigenen Körper gegen Geld als Nahrung verkauften. Doch die hiesigen Bürger werden sich diesem Schmerz und dieser Erniedrigung nicht aussetzen, solange diejenigen zum Verzehr bereitstehen, die sie für geringere Wesen halten.«
»Sie haben von Geld gesprochen. In der Hölle?«
»Oh ja, und wir haben auch hier in Los Angeles eine eigene Währung eingeführt. Religion und Geld sind die stärksten Säulen einer Gesellschaft, Rebecca.«
Vee war nicht sicher, ob Johnston es ironisch oder ernst meinte.
Er fuhr fort: »Auf der Suche nach einer Lösung für dieses Kannibalismusproblem habe ich sogar einige Dämonen verschiedener Spezies mit der Absicht einfangen lassen, stattdessen ihr Fleisch zu ernten, doch die überwältigende Mehrzahl der Bürger hat sich geweigert, dämonisches Fleisch zu kosten. Das Gleiche gilt für meine Bemühungen, schmackhaftes Rohmaterial mithilfe der Vorrichtungen herzustellen, die einmal für die Massenproduktion von Dämonen benutzt wurden.
Ich hatte gehofft, dass die Leute das Fleisch vielleicht probieren würden, wenn sie dabei nicht den Körper eines Dämons vor Augen hätten, aber mein Einfall stieß wieder fast einhellig auf Ablehnung. Diese Bemühungen, unsere Bürger davon abzubringen, arme verdammte Seelen zu essen, haben die gegen mich gerichtete Kritik nur noch verschärft. Um ein effizienter Anführer bleiben zu können, habe ich mich dem Willen des Volks in dieser Angelegenheit beugen müssen.« Johnston streckte die Hände in einer Geste der Hilflosigkeit aus.
Vee gestand ihm widerstrebend zu: »Nun, wenigstens haben Sie es versucht. Aber Sie sollten nicht damit aufhören.«
Johnston neigte den Kopf und kniff die Augen zusammen, um die ihm gegenübersitzende Frau noch einmal eingehend zu betrachten. »Du bist vielleicht immer noch eine Kämpferin, aber wahrlich nicht mehr das Mädchen, an das ich mich erinnern kann. Du warst einmal so eifrig wie die größten meiner Kritiker – so eifrig wie dein Vater, der strikt gegen die Idee war, die Verdammten freizusprechen. Der arme Karl hätte es niemals gutgeheißen, dass ich eine Verdammte zur Frau nehme. Nein, das wäre für ihn undenkbar gewesen.«
»Aber Sie sollen doch gute Freunde gewesen sein?«
»Ja, natürlich, aber wir hatten auch unsere Meinungsverschiedenheiten, das lässt sich nicht abstreiten.«
Vee wies auf den Computer auf dem geräumigen Schreibtisch des Pastors. »Haben Sie Zugang zum Netz?«
Johnston sah zu dem Gerät, lächelte und sagte: »Ja, habe ich, Rebecca. Außerdem …« Er erhob sich weit genug von seinem Stuhl, um sich umdrehen und das sorgfältig geschnittene Haar in seinem Nacken mit der Hand teilen zu können. Eine kleine
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