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Der Untergang des Abendlandes

Der Untergang des Abendlandes

Titel: Der Untergang des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oswald Spengler
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lebt wie Roland und König Artus durch seine Heldentaten in der arabischen Sage fort, die ihn durch Persien bis nach China ziehen läßt. [Schiele, Die Religion in Geschichte und Gegenwart I, 647.] Das Reich von Ma?ân im ersten vorchristlichen Jahrtausend bestand neben dem israelitischen und läßt sich in seinen Überresten mit Mykene und Tiryns vergleichen; die Spuren reichen tief nach Afrika hinein. [Bent, The sacred City of the Ethiopians (London 1893), S. 134 ff. über die Trümmer von Jeha, deren südarabische Inschriften Glaser in das 7.–5. Jahrh. v. Chr. setzt. D. H. Müller, Burgen und Schlösser Südarabiens (1879).] Jetzt aber erblüht in ganz Südarabien und selbst im abessinischen Gebirge die Feudalzeit. [Grimme, Mohammed, S. 26 ff.] In Axum entstehen in frühchristlicher Zeit mächtige Schlösser und die Königsgräber mit den größten Monolithen der Welt. [Deutsche Aksum-Expedition (1913), Bd. II.] Hinter den Königen steht ein Lehnsadel der Grafen
(kail)
und Statthalter
(kabir)
, Vasallen von oft zweifelhafter Treue, deren großer Besitz die Hausmacht der Könige mehr und mehr einengt. Die endlosen christlich-jüdischen Kriege zwischen Südarabien und dem Reich von Axum [Von Persien führt eine uralte Völkerstraße über die Meerengen von Ormus und Bab el Mandeb durch Südarabien nach Abessinien und dem Nil. Sie ist geschichtlich wichtiger als die nördliche über die Landenge von Suez.] haben ritterlichen Charakter und lösen sich oft in Einzelfehden auf, die von den Baronen von deren Burgen aus geführt werden. In Saba herrschen die – später christlichen – Hamdaniden. Hinter ihnen steht das christliche und mit Rom verbündete Reich von Axum, das um 300 vom weißen Nil bis zur Somaliküste und dem persischen Golf reicht und 525 die jüdischen Himjariten stürzt. 542 fand hier der Fürstenkongreß von Marib statt, auf dem Byzanz und Persien durch Gesandte vertreten waren. Noch heute liegen überall im Lande die zahllosen Ruinen mächtiger Schlösser, von denen man in islamischer Zeit sich nur denken konnte, daß sie von Geisterhänden erbaut seien. Die Burg Gomdan war eine Festung von zwanzig Stockwerken. [Grimme, S. 43; Abbildung der ungeheuren Ruine von Gomdan S. 81. Vgl. auch die Rekonstruktionen im deutschen Aksumwerk.]
    Im Sassanidenreich herrschte die Ritterschaft der Dinkane, und der glänzende Hof dieser »Staufenkaiser« des frühen Ostens ist in jedem Betracht für den byzantinischen seit Diokletian vorbildlich geworden. Noch viel später wußten die Abbassiden in ihrer neugegründeten Residenz Bagdad nichts Besseres, als das Sassanidenideal eines höfischen Lebens in großer Form nachzuahmen. In Nordarabien entwickelte sich an den Höfen der Ghassaniden und Lachmiden eine echte Troubadour- und Minnepoesie, und ritterliche Dichter fochten zur Kirchenväterzeit »mit Wort, Lanze und Schwert« ihre Wettkämpfe aus. Darunter war auch ein Jude, Samuel, Burgherr auf Al Ablaq, der um fünf kostbarer Panzer willen eine Belagerung durch den König von El Hira aushielt. [Brockelmann, Gesch. d. arab. Lit., S. 34.] Dieser Lyrik gegenüber ist die spätarabische, wie sie seit 800 namentlich in Spanien blühte, nichts als Romantik, die zu jener altarabischen Kunst in ganz demselben Verhältnis steht wie Uhland und Eichendorff zu Walther von der Vogelweide.
    Für diese junge Welt der ersten nachchristlichen Jahrhunderte hatten unsere Altertumsforscher und Theologen keinen Blick. Mit den Zuständen des spätrepublikanischen und kaiserlichen Roms beschäftigt, sehen sie hier nur primitive und jedenfalls unbedeutende Verhältnisse. Aber die Partherscharen, die wieder und wieder gegen römische Legionen anritten, waren ritterlich begeisterte Mazdaisten. Es lag Kreuzzugsstimmung über ihren Heeren. So hätte es mit dem Christentum werden können, wenn es nicht ganz der Pseudomorphose verfallen wäre. Die Stimmung war auch hier vorhanden. Tertullian sprach von der
militia Christi
und das Sakrament wurde als Fahneneid bezeichnet. In den späteren Heidenverfolgungen war Christus der Held, für den sein Gefolge zu Felde zog, aber einstweilen gab es statt christlicher Ritter und Grafen römische Legaten und statt der Schlösser und Turniere diesseits der römischen Grenze nur Lager und Hinrichtungen. Aber trotzdem war es ein echter Kreuzzug der Juden und kein eigentlicher Partherkrieg, der 115 unter Trajan losbrach und in dem als Vergeltung für die Zerstörung von Jerusalem die ganze ungläubige –

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