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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zur Probe. Unser erster Auftritt ist schon heute Abend.«
Verwirrt und zornig sah ihm Andrej nach. Abu Duns Worte - vor allem das, was er über Elena gesagt hatte
- hatten ihn wütend gemacht, zugleich aber auch vollkommen verunsichert. Der Nubier war niemand, der
offen zugab, wenn er sich geirrt hatte, aber wenn er so hartnäckig auf etwas beharrte, dann war er zumeist
auch davon überzeugt, im Recht zu sein - und nur zu oft erwies sich diese Überzeugung als richtig.
Er wartete, bis der Freund ein gutes Stück vorausgeeilt war, dann verließ auch er die Koppel und machte
sich wieder auf den Weg zu dem alten Wagen, um mit seiner Arbeit fortzufahren. Er war gut
vorangekommen, aber bis aus diesem Trümmerhaufen wieder ein auch nur halbwegs behagliches Zuhause
werden konnte, würde vermutlich noch eine Woche vergehen.
Kurz bevor er sein Ziel erreichte hörte er Hufschläge. Er blieb stehen und sah sich um. Zwei Reiter
preschten in scharfem Tempo die Straße herab. Da sie die Sonne im Rücken hatten, konnte Andrej sie
zunächst nur als schwarze Schatten erkennen, denen irgend etwas Unheimliches, Körperloses
vorauszueilen schien, aber dann sah er, dass die beiden Schemen niemand anderes als Laurus und Elena
waren. Sie ritten nicht nur schnell, sondern auch in großem Abstand zueinander auf das Lager zu, und
irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie keine guten Neuigkeiten brachten. Kurz entschlossen ging er ihnen
entgegen.
Laurus fiel weiter zurück, denn er zügelte sein Pferd, als er näher kam, während Elena dem ihren die
Sporen gab und das letzte Stück bis zur Koppel im Galopp zurücklegte. Mit einem unnötig harten Ruck
brachte sie das Tier kurz vor dem Tor zum Stehen, sprang aus dem Sattel, noch bevor das Pferd zur Ruhe
gekommen war, und stapfte mit gerafften Röcken und so eilig auf den Wagen zu, den Laurus und sie
bewohnten, dass jeder, der ihren Weg kreuzte, hastig zur Seite sprang.
Andrejs erster Impuls war, ihr nachzueilen und sie zu fragen, was passiert war, aber dann rief er sich ins
Bewusstsein, dass ihm ein solches Verhalten nicht zustand; schon gar nicht nach der vergangenen Nacht.
Also wandte er sich in Richtung Laurus. Das Oberhaupt des Sinti-Clans war unweit der Bühne aus dem
Sattel gestiegen, auf der Abu Dun und seine beiden ausstaffierten Schauspieler-Kollegen schon wieder mit
ihrer Probe begonnen hatten, und unterhielt sich aufgeregt gestikulierend mit Bason, Rason und einem
dritten, älteren Sinti. Da er Andrej den Rücken zugewandt hatte, konnte dieser den Ausdruck auf Laurus’
Gesicht nicht erkennen, aber sein Gebärdenspiel, der Klang seiner Stimme und seine angespannte Haltung
verrieten ihm, dass er in der Tat keine guten Nachrichten gebracht hatte. Besorgt beschleunigte Andrej
seinen Schritt.
Bason entdeckte ihn als erstes, und Laurus musste den Ausdruck auf dem Gesicht seines Stiefsohnes wohl
richtig gedeutet haben, denn er unterbrach seine Rede und fuhr abrupt herum. Seine Stirn umwölkte sich,
als er Andrejs gewahr wurde.
»Andreas!«, sagte er. »Dich habe ich gesucht.«
Aus dem unguten Gefühl in Andrej wurde Gewissheit.
»Was ist passiert?«, fragte er. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie Abu Dun und die beiden anderen
ihren Schaukampf unterbrachen und gespannt in ihre Richtung blickten, und auch die Aufmerksamkeit
aller anderen Umstehenden konzentrierte sich plötzlich ganz auf ihn und Laurus.
»Genau das wollte ich dich fragen«, erwiderte Laurus.
»Was ist gestern Abend passiert?«
Andrej antwortete nicht sofort, sondern sah Laurus forschend ins Gesicht, versuchte in seinem Blick zu
lesen, das Beben in seiner Stimme richtig zu deuten. »Ich verstehe nicht ganz …«
»Gestern Abend, als ihr, Elena und du, zur Mühle geritten seid«, erklärte Laurus. »Was ist da passiert?«
»Nichts«, antwortete Andrej wahrheitsgemäß. »Abgesehen davon, dass wir keinen Erfolg hatten - aber das
wird dir dein Weib sicher schon erzählt haben.«
»Ihr habt mit dem Müller gesprochen. Was genau hat er gesagt?«, verlangte Laurus zu wissen.
»Der Mann ist ein Dummkopf, der nur Unsinn von sich gegeben hat«, antwortete Andrej. »Wir wollten
mit ihm reden, aber das war gar nicht möglich. Er hat Elena als Hexe beschimpft, und mich …« Er hob die
Schultern. »Kurz, wir hatten keinen Erfolg. Es tut mir leid. Aber mehr war nicht.«
»Er hat Elena beschimpft?«, hakte Laurus nach. »Und weiter?
Was geschah dann?«
»Nichts«, sagte Andrej zum wiederholten Mal. »Aber was ist denn eigentlich

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