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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich
wieder herumzudrehen und mit seiner sinnlosen Tätigkeit fortzufahren. »Bitte!«, seufzte Andrej.
Der Nubier verharrte mitten in der Bewegung, schien einen Moment unentschlossen, und warf dann
aufgebracht die Bürste zu Boden. »Also?«
»Ich habe vorhin mit Bason gesprochen«, sagte Andrej. »Er wird ein Treffen zwischen Anka und mir
arrangieren. Wenn ich von ihr erfahre, was ich wissen will, ziehen wir weiter.«
»Und wenn nicht?«
»Sie wird mir antworten«, sagte Andrej. »Und wenn nicht, so ändert das auch nichts an meinem
Entschluss. Wenn sie mir beim zweiten Mal nicht antwortet, dann tut sie es auch beim dritten Mal nicht
und vermutlich auch nicht beim hundertsten Mal. Aber gib mir doch bitte noch diese eine Chance, Abu
Dun.«
Der Nubier wirkte überrascht, aber auf andere Art, als Andrej erwartet hatte. Sein Blick wurde bohrend.
»Und diesmal meinst du es wirklich ernst?«
»Warum sollte ich nicht?«
Abu Dun hob die Schultern. Sein Blick tastete über das Lager hinter Andrejs Rücken, als er antwortete:
»Du warst gestern Abend mit der Hexe zusammen, habe ich Recht?«
»Warum nennst du sie so?« Andrej wusste genau, dass der Nubier dieses Wort gewählt hatte, um ihn zu
ärgern, und im Grunde war es nicht seine Art, sich provozieren zu lassen. Jetzt aber fiel es ihm schwer,
auch nur halbwegs die Fassung zu wahren.
»Weil sie dich verhext hat«, antwortete Abu Dun. »Und du merkst es nicht einmal.«
»Was für ein Unfug!«, rief Andrej. »Elena interessiert mich nicht. Sie gehört einem anderen, und selbst,
wenn es nicht so wäre - du kennst meinen Geschmack, was Frauen angeht.«
»Wie ich es sage«, beharrte Abu Dun. »Du merkst es nicht einmal.« Andrej öffnete den Mund zu einer
Antwort, aber Abu Dun fuhr in schärferem, bewusst verletzend gemeintem Ton fort:
»Was ist los mit dir, Andrej? Bist du es sonst nicht immer, der mir bei jeder Gelegenheit vorhält, ich würde
zu wenig nachdenken und zu sehr meinen Instinkten folgen? Vielleicht ist es an der Zeit, dass du mehr
nachdenkst und weniger deinen Instinkten folgst! Verdammt, wenn du es so nötig hast, dann nimm dir ein
Goldstück, reite in die nächste Stadt und kauf’ dir eine Hure oder auch zwei. Aber mach endlich die Augen
auf! Diese Frau ist Gift für dich!«
Plötzlich war Andrej viel mehr verwirrt denn wütend. Wovon sprach der Nubier? Zwischen Elena und ihm
war rein gar nichts gewesen, und er sprach diesen Gedanken auch laut aus: »Ich weiß nicht, was du
meinst«, sagte er so beherrscht, wie er konnte. Sehr beherrscht war es nicht. »Ich habe sie zu diesem
Müller begleitet und zurück, und das ist alles. Zwischen uns war rein gar nichts.
Wenn sie irgend etwas anderes erzählt hat, dann hat sie gelogen.«
»Sie hat nichts erzählt«, antwortete Abu Dun. »Aber manchmal sind gerade die Dinge, die die Leute nicht
sagen, die aufschlussreicheren. Allah, ich hab doch Augen im Kopf!«
»Aber anscheinend sind sie nicht mehr sehr gut«, antwortete
Andrej. Abu Dun lachte böse. »Hab ich dir eigentlich je erzählt, dass es in meiner Heimat Stämme gibt, bei
denen Liebe tatsächlich als Krankheit angesehen wird? Wenn das stimmt, dann stehst du offensichtlich
kurz davor, an dieser Krankheit zu sterben. Und das meine ich ernst.«
Nun war Andrej regelrecht schockiert. Es war nicht einmal so sehr die Absurdität dieses völlig aus der
Luft gegriffenen Vorwurfes, sondern vielmehr die Überzeugung, mit der Abu Dun ihn vorbrachte. Weder
an seinem Verhalten, noch an dem, was Elena oder er gesagt oder getan hatten, war irgend etwas, das
Anlass zu der Vermutung gab, zwischen ihnen wäre mehr gewesen als tatsächlich gewesen war. »Was hat
sie erzählt?«, fragte er noch einmal.
Abu Dun sah ihn lauernd an. »Nichts«, sagte er. »Aber das war auch nicht nötig.«
Andrej setzte zu einer scharfen Antwort an, beließ es aber dann bei einem Seufzen. Sie waren wieder an
dem gleichen Punkt angelangt wie gestern. Es war völlig sinnlos, noch irgend etwas zu sagen. Und er
verstand weniger denn je, warum Abu Dun so reagierte, wie er reagierte.
»Du brauchst heute Nacht nicht wieder bei den Pferden zu schlafen«, sagte er. »Du kannst das Zelt haben.
Bason hat mir einen Wagen zugewiesen.«
»Ja, das passt.« Abu Dun lachte.
»Wie zum Teufel meinst du das jetzt schon wieder?«
»Wenn du deinen Verstand noch beieinander hättest, dann wüsstest du die Antwort auf diese Frage«,
erwiderte der Schwarze und wandte sich zum Gehen.
»Und jetzt entschuldige mich bitte. Ich muss

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