Der Unterhändler
auf der Fußmatte, die sich hinter der Tür befand. Befriedigt darüber, daß er seinen Auftrag ausgeführt hatte, ging der junge Mann zur Bayswater Road zurück und winkte bald darauf einem Taxi, das ihn nach Heathrow zurückbringen sollte.
Kaum war er um die Ecke gebogen, stieg der Beobachter aus dem geparkten Auto, überquerte die Straße und betrat das Haus. Er wohnte seit einigen Wochen hier. Im Auto hatte er nur gesessen, um sich zu vergewissern, daß der Kurier der Beschreibung entsprach und daß ihm niemand gefolgt war.
Der Mann hob das Kuvert vom Boden auf, fuhr mit dem Lift zur achten Etage, trat in seine Wohnung und schlitzte den Umschlag auf. Er las mit Befriedigung, was die Sendung enthielt. Sein Atem kam schniefend, pfeifend aus der eingedrückten Nase. Irving Moss hatte jetzt, was er für seine endgültigen Instruktionen hielt.
In der Wohnung in Kensington verging der Vormittag langsam, und niemand sprach ein Wort. Die Spannung war geradezu mit Händen zu greifen. In der Fernmeldezentrale, in der Cork Street, am Grosvenor Square saßen die Lauscher über ihre Geräte gebeugt und warteten darauf, daß Quinn etwas sagte oder die beiden Jungen den Mund auftaten. Die Lautsprecher blieben stumm. Quinn hatte klar gemacht, daß alles vorbei sei, wenn Zack nicht anrief. Dann müßte die sorgfältige Suche nach einem verlassenen Haus und einer Leiche beginnen.
Und Zack rief nicht an.
Um 10.30 Uhr verließ Irving Moss seine gemietete Wohnung in Marble Arch, fuhr seinen Mietwagen aus der Parkbucht heraus und zum Bahnhof Paddington. Der Bart, den er sich in Houston während der Planungsphase hatte stehen lassen, hatte die Form seines Gesichts verändert. Sein kanadischer Paß war tadellos gefälscht, so daß er ohne Schwierigkeiten in die Republik Irland und von dort mit einer Fähre nach England gelangt war. Mühelos hatte er auch mit seinem kanadischen Paß einen kleinen Mittelklassewagen langfristig mieten können. Er hatte hinter Marble Arch etliche Wochen still und unauffällig gelebt, einer von über einer Million Ausländern in der englischen Hauptstadt.
Als geschulter Agent verstand er es, in beinahe jeder Stadt, in die er geschickt wurde, unterzutauchen und aus dem Blickfeld zu verschwinden. Er kannte sich in London aus, wußte, wo er sich die Dinge, die er brauchte oder haben wollte, beschaffen konnte, hatte Kontakte zur Unterwelt und besaß genug Schlauheit und Erfahrung, um Fehler zu vermeiden, die die Behörden auf einen Fremden aufmerksam werden lassen.
Der Brief aus Houston enthielt einen neuen Situationsbericht und eine Reihe von Details, getarnt als Preislisten für Agrarprodukte, die in den verschlüsselten Nachrichten aus Houston nicht untergebracht werden konnten. Daneben gab es weitere Anweisungen; am interessantesten aber war eine Schilderung der Entwicklungen im Weißen Haus, insbesondere der Verschlechterung des Zustands von Präsident Cormack in den vergangenen drei Wochen.
Schließlich enthielt der Brief noch einen Schein der Gepäckaufbewahrung im Bahnhof Paddington, für etwas, das nur von irgend jemandem über den Atlantik gebracht werden konnte.
Wie der Schein von London nach Houston gelangt war, wußte Moss nicht und er brauchte es auch nicht zu wissen. Er wußte, wie er zu ihm gekommen war. Um 11.30 Uhr legte er ihn vor.
Der Bahnangestellte von British Rail fand nichts Verdächtiges daran. Jeden Tag wurden bei ihm Hunderte von Päckchen, Reisetaschen und Koffern zur Aufbewahrung abgegeben und weitere Hunderte wieder abgeholt. Nur wenn ein Gegenstand nach drei Monaten nicht abgeholt war, wurde er aus den Regalen geholt und geöffnet, um ihn zu identifizieren. Der Gepäckschein, den der schweigende Mann in dem mittelgrauen Gabardinemantel an diesem Vormittag vorlegte, war nur einer von vielen. Der Angestellte in der Gepäckaufbewahrung suchte in seinen Regalen, fand den Gegenstand mit der betreffenden Nummer, einen kleinen Fiberkoffer, und händigte ihn aus. Bezahlt war er bereits. Schon am Abend würde er sich nicht mehr an den Vorgang erinnern.
Moss brachte den Koffer in seine Wohnung. Ohne Kraftanwendung öffnete er die billigen Schlösser und untersuchte den Inhalt. Es war alles da, so wie man es ihm angekündigt hatte. Er blickte auf seine Uhr. Erst in drei Stunden mußte er sich auf den Weg machen.
An einer stillen Straße am Rand einer Pendlersiedlung, keine vierzig Meilen von London entfernt, stand ein Haus. Zu einer bestimmten Zeit würde er, wie jeden
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