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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Eingreiftruppe sichern zu lassen.
    So ein Zufall, dachte er, als er in den Schlaf glitt. So ein glücklicher Zufall!
    Auf der kleinen Messingtafel an der Mauer neben der getäfelten Tür des umgebauten Lagerhauses stand schlicht THOR SPEDITION AG . Offenbar versteckte Lenzlinger seine wahren Geschäfte hinter der Tarnung eines Transportunternehmens, obwohl keine Sattelschlepper zu sehen waren und der Geruch von Dieselöl niemals in die mit dicken Spannteppichen ausgestatteten Büroräume im vierten Stock, zu denen Quinn hinaufstieg, eingedrungen war.
    Wie unten am Eingang von der Straße gab es auch in der vierten Etage einen Summer mit Sprechanlage und eine Fernsehkamera. Die Umwandlung des alten Lagerhauses in einer Straße abseits der alten Docks war nicht billig gekommen.
    Die Sekretärin, die er im Vorzimmer antraf, paßte besser zu der angeblichen Speditionsfirma. Hätte Lenzlinger Lastwagen besessen, hätte sie durch einen Schubs die Motoren mühelos zum Anspringen bringen können.
    »Ja, bitte?« fragte sie, obwohl ihr durchdringender Blick klarmachte, daß er, nicht sie, der Bittsteller war.
    »Ich hätte gerne mit Herrn Lenzlinger gesprochen«, sagte Quinn.
    Sie ließ sich seinen Namen nennen und verschwand ins Allerheiligste, wobei sie hinter sich die Tür schloß. Quinn hatte den Eindruck, daß man von der anderen Seite durch den Spiegel in der Trennwand sehen konnte. Nach einer halben Minute kam sie zurück.
    »Und worum handelt es sich bitte, Herr Quinn?«
    »Ich würde gerne einen Angestellten von Herr Lenzlinger sprechen, einen gewissen Werner Bernhardt«, sagte er.
    Wieder ging sie hinter die Bühne. Diesmal blieb sie über eine Minute lang fort. Als sie zurückkam, schloß sie zwischen sich und demjenigen, der drinnen saß, energisch die Tür.
    »Tut mir leid, Herr Lenzlinger steht Ihnen für ein Gespräch nicht zur Verfügung«, sagte sie. Es klang endgültig.
    »Ich werde warten«, sagte Quinn.
    Sie warf ihm einen Blick zu, aus dem das Bedauern sprach, daß sie zu jung gewesen war, um Kommandeuse eines Konzentrationslagers mit ihm als einem der Häftlinge zu sein, und verschwand ein drittes Mal. Als sie sich wieder an den Schreibtisch setzte, tat sie, als wäre er nicht anwesend, und begann mit konzentrierter Gehässigkeit auf die Schreibmaschine zu hämmern.
    Eine andere Tür öffnete sich, und ein Mann kam heraus. Ein Typ, der gut einen Lastwagenfahrer hätte abgeben können; ein wandelnder Kleiderschrank. Der hellgraue Anzug war so gut geschneidert, daß er beinahe die Muskelpakete darunter verbarg, das kurzgeschnittene, gefönte Haar, das Aftershave und die aufgesetzte Höflichkeit das alles machte keinen gewöhnlichen Eindruck. Doch unter alledem steckte nichts als ein Schläger.
    »Herr Quinn«, sagte er ruhig, »Herr Lenzlinger kann Sie weder empfangen noch Ihre Fragen beantworten.«
    »Im Augenblick nicht«, sagte Quinn zustimmend.
    »Im Augenblick nicht und überhaupt nie, Herr Quinn. Gehen Sie bitte.«
    Quinn hatte den Eindruck, daß nichts zu machen war. Er ging nach unten und über die gepflasterte Straße dorthin, wo Sam im Wagen wartete.
    »Er läßt sich im Büro nicht sprechen«, sagte er. »Ich werde ihn zu Hause aufsuchen müssen. Komm, fahren wir nach Oldenburg.«
    Oldenburg, ebenfalls eine sehr alte Stadt, die einst von ihrem Binnenhafen aus jahrhundertelang Handelsverkehr betrieben hatte, war früher der Sitz der Grafen von Oldenburg gewesen. Die Altstadt ist noch heute abschnittweise von der ehemaligen Stadtmauer und dem Stadtgraben umgeben, der aus einer Reihe miteinander verbunden-der Kanäle besteht.
    Quinn entdeckte eine Unterkunft, wie er sie bevorzugte, ein ruhiges Gasthaus mit einem Innenhof, den Graf von Oldenburg in der Heiligengeiststraße.
    Ehe die Läden schlossen, hatte er noch Zeit, ein Haushaltswarengeschäft und eines für Campingausrüstung aufzusuchen; an einem Kiosk kaufte er eine Karte der Umgebung, im größten Maßstab, der auf Lager war. Nach dem Abendessen verbrachte er zu Sams Erstaunen in ihrem Zimmer eine Stunde damit, in das fünfzehn Meter lange Seil, das er in dem Haushaltswarengeschäft gekauft hatte, in Abständen von je einen halben Meter Knoten zu flechten, und zuletzt befestigte er an einem Ende einen dreizinkigen Greifhaken.
    »Wo willst du denn damit hin?« fragte sie.
    »Ich nehme an, auf einen Baum.« Mehr wollte er nicht sagen. Er verließ sie im Dunkeln vor dem Morgengrauen. Sie schlief noch.
    Er fand den Besitz Lenzlingers eine Stunde

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