Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
Kies vor der weißen, stuckverzierten Villa, und ein uniformierter Butler ließ sie ein. Hans Moritz empfing sie in einem eleganten Salon, wo in einer Kanne aus Sterlingsilber der Kaffee wartete. Sein Haar war weißer geworden, als Quinn es in Erinnerung hatte, das Gesicht zeigte mehr Falten, aber sein Händedruck war ebenso fest und sein Lächeln genauso gemessen wie früher.
    Kaum hatten sie Platz genommen, ging die Tür auf, und auf der Schwelle stand eine junge Frau, die zu zögern schien. Moritz’ Gesicht leuchtete auf. Quinn drehte sich um.
    Sie war hübsch, aber auf eine ausdruckslose Art, schüchtern bis zur Menschenscheu. Ihre beiden kleinen Finger waren verstümmelt. Sie muß inzwischen fünfundzwanzig sein, dachte Quinn.
    »Renata, mein Schätzchen, das ist Mr.   Quinn. Erinnerst du dich an ihn? Nein, natürlich nicht.«
    Moritz stand auf, ging zu seiner Tochter hin, murmelte ihr ein paar Worte ins Ohr und küßte sie auf den Kopf. Sie drehte sich um und ging. Moritz nahm seinen Platz wieder ein. Sein Gesicht zeigte keine Gefühlsregung, doch seine unruhigen Finger verrieten die Erregung.
    »Sie …«, sagte er stockend, »… hat sich nie mehr richtig erholt. Sie ist immer noch in Therapie. Sie bleibt lieber im Haus und verläßt es nur selten. Sie wird nicht heiraten … nach dem, was diese Bestien ihr angetan haben …«
    Auf dem Steinway-Flügel stand ein Foto: eine übermütig lachende Vierzehnjährige auf Skiern. Es war ein Jahr vor der Entführung aufgenommen worden. Ein Jahr danach hatte Moritz in der Garage seine Frau im geschlossenen Auto gefunden, in das durch einen Gummischlauch die Abgase strömten. Quinn hatte in London davon erfahren. Moritz bemühte sich, seine Haltung wiederzugewinnen.
    »Entschuldigen Sie. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich versuche, einen bestimmten Mann zu finden, der vor langer Zeit in Dortmund geboren wurde. Es kann sein, daß er noch hier lebt oder irgendwo sonst in Deutschland. Vielleicht ist er aber auch verstorben oder im Ausland. Ich weiß es nicht.«
    »Nun, es gibt ja Detekteien. Ich kann natürlich jemanden beauftragen …«
    Moritz dachte, Quinn brauche Geld, um Privatdetektive zu engagieren.
    »Oder Sie könnten sich beim Einwohnermeldeamt erkundigen.« Quinn schüttelte den Kopf.
    »Ich bezweifle, daß man dort etwas weiß. Es steht ziemlich sicher fest, daß er nicht gern mit Behörden etwas zu tun hat. Aber es könnte sein, daß die Polizei ein wachsames Auge auf ihn hat.«
    Bundesdeutsche Bürger, die umziehen, müssen dies den Einwohnermeldeämtern samt alter und neuer Adresse melden. Doch wie die meisten administrativen Prozeduren funktioniert auch diese in der Theorie besser als in der Praxis. Gerade diejenigen, für die sich die Polizei, das Finanzamt oder beide interessieren, weigern sich häufig, dieser Vorschrift zu entsprechen.
    Quinn umriß die Vergangenheit des von ihm gesuchten Werner Bernhardt.
    »Wenn er noch in Deutschland ist, steht er bei seinem Alter noch im Erwerbsleben«, sagte Quinn. »Falls er sich keinen anderen Namen zugelegt hat, zahlt er Sozialbeiträge und Einkommensteuer – oder jemand anders bezahlt das für ihn. Es könnte sein, daß er wegen sei ner Vergangenheit mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist.
    Moritz ließ sich Quinns Bemerkungen durch den Kopf gehen.
    »Wenn er sich an die Gesetze hält – und selbst ein ehemaliger Söldner hat auf deutschem Boden vielleicht nie eine Straftat begangen –, hat er kein Vorstrafenregister«, sagte er. »Was die Einkommensteuer und die Sozialversicherung betrifft, würden die Behörden eine Anfrage von Ihnen oder auch von mir nicht beantworten.«
    »Sie würden reagieren, wenn die Polizei eine solche Auskunft möchte«, sagte Quinn. »Ich dachte mir, vielleicht haben Sie ein paar Freunde bei der städtischen oder der Landespolizei.«
    »Ach so«, sagte Moritz. Nur er selber wußte, wie viel er schon für die polizeilichen Unterstützungsfonds der Stadt Dortmund und des Landes Nordrhein-Westfalen gespendet hatte. Wie in jedem Land der Welt bedeutet auch in der Bundesrepublik Geld Macht, und mit beidem kommt man an Informationen heran. »Geben Sie mir vierundzwanzig Stunden Zeit. Ich werde Sie anrufen.«
    Er hielt Wort, doch als er am folgenden Vormittag nach dem Frühstück im Römischen Kaiser anrief, war sein Ton distanziert, als hätte ihm jemand zusammen mit den Auskünften eine Warnung zukommen lassen.
    »Werner Richard Bernhardt«, sagte er, als läse er von Notizen

Weitere Kostenlose Bücher