Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
durch, über die Rasenfläche und in den Kontrollraum. Rasch drehte er sich um und sperrte die Tür von innen ab.
    Ein Blick auf die Monitoren sagte ihm, daß der Wächter noch immer versuchte, seine Hunde zurückzuholen. Er würde schließlich den Kassettenrecorder sehen, der an seiner Schnur über dem Boden baumelte, während die Dobermänner wütend hochsprangen und nach dem Gerät schnappten, das sie mit einem endlosen Strom von Knurr-und Fauchlauten reizte. Eine Stunde hatte Quinn im Hotelzimmer damit verbracht, dieses Band zu verfertigen, was die anderen Gäste nicht wenig verblüffte. Bis der Wächter erkannte, daß er hereingelegt worden war, würde es zu spät sein.
    In dem Kontrollraum war eine zweite Tür, die ihn mit dem Haupthaus verband. Quinn lief die Treppe zu der Etage mit den Schlafzimmern hinauf. Sechs Eichentüren mit Schnitzwerk, die vermutlich alle zu Schlafzimmern führten. Doch die Lichter, die er am Morgen vorher bei Tagesanbruch gesehen hatte, deuteten darauf, daß das Schlafzimmer des Chefs am anderen Ende sein mußte. So war es auch.
    Horst Lenzlinger wurde wach, als er spürte, daß ihm etwas Hartes schmerzhaft in ein Ohr gerammt wurde. Dann ging das Nachttischlämpchen an. Er gab einen empörten Aufschrei von sich und starrte dann stumm das Gesicht über ihm an. Seine Unterlippe zitterte heftig. Das war der Mann, der in sein Büro gekommen war und dessen Gesicht ihm nicht gefallen hatte. Es gefiel ihm jetzt noch weniger, vor allem aber mißfiel ihm, daß der Lauf einer Pistole einen guten Zentimeter tief in seinem Ohr steckte.
    »Bernhardt«, sagte der Mann in dem Tarnanzug. »Ich möchte mit Werner Bernhardt sprechen. Rufen Sie an. Lassen Sie ihn kommen. Auf der Stelle!«
    Lenzlinger tastete hektisch nach dem Haustelefon, wählte eine Nummer, und eine verschlafene Stimme meldete sich.
    »Werner«, kreischte Lenzlinger in die Sprechmuschel, »setz deinen Arsch in Bewegung und komm hierher. Sofort. Ja, in mein Schlafzimmer. Mach schnell!«
    Während sie warteten, sah Lenzlinger seinen ungebetenen Gast mit einer Mischung aus Furcht und Tücke an. Neben ihm auf dem schwarzseidenen Laken wimmerte die blutjunge, mit Geld in die Bundesrepublik eingeschleuste Vietnamesin im Schlaf, klapperdürr, ein mißbrauchtes Kind. Bernhardt erschien. Er hatte sich einen Pullover über den Schlafanzug gezogen. Er sah, was los war, und starrte verblüfft auf die Szene.
    Er hatte das richtige Alter, Ende vierzig. Ein gemeines, bläßliches Gesicht, sandfarbenes Haar, das an den Schläfen grau wurde, Augen wie Kiesel.
    »Was ist denn hier los, Herr Lenzlinger?«
    »Die Fragen stelle ich«, sagte Quinn auf deutsch zu Lenzlinger. »Befehlen Sie ihm, sie wahrheitsgemäß und ohne Umstände zu beantworten. Sonst können Sie Ihr Gehirn mit einem Löffel vom Lampenschirm abkratzen, Sie Widerling.«
    Lenzlinger gehorchte. Bernhardt nickte.
    »Sie waren beim Fünften Kommando unter John Peters?«
    »Ja.«
    »Waren dann auch noch bei der Meuterei in Stanleyville, dem Marsch nach Bukavu und der Belagerung dabei?«
    »Ja.«
    »Sind Sie irgendwann einem großen Belgier namens Paul Marchais begegnet? Der ›große Paul‹, so haben sie ihn genannt.«
    »Ja, ich erinnere mich an ihn. Er kam vom Zwölften Kommando, Schrammes Verein, zu uns. Nachdem Denard einen Kopfschuß abbekommen hatte, waren wir alle unter Schramme.«
    »Erzählen Sie mir über Marchais.«
    »Was denn?«
    »Alles. Wie sah er aus?«
    »Groß, ein Mordskerl, ungefähr einsneunzig, ein guter Fighter, früher Automechaniker.«
    Ja, dachte Quinn, irgend jemand mußte diesen Fort Transit wieder herrichten, irgendeiner, der etwas von Motoren und vom Schweißen verstand. Also war der Belgier der Mechaniker.
    »Wer war sein engster Kumpel, vom Anfang bis zum Ende?«
    Quinn wußte, daß Söldner, ähnlich wie Polizisten auf Streifengang, meistens Partnerschaften bilden, sich mehr auf einen bestimmten Kameraden als auf andere verlassen, wenn es wirklich dick kommt. Bernhardt zog die Stirn kraus und dachte konzentriert nach.
    »Ja, er hatte einen. Sie waren immer zusammen. Sie haben sich damals angefreundet, als Marchais beim Fünften war. Ein Südafrikaner. Sie konnten sich nämlich in der gleichen Sprache unterhalten. Flämisch oder Afrikaans.«
    »Sein Name?«
    »Pretorius. Janni Pretorius.«
    Quinn sank das Herz. Südafrika war weit weg und Pretorius ein weitverbreiteter Name.
    »Was ist aus ihm geworden. Nach Südafrika zurückgekehrt? Inzwischen

Weitere Kostenlose Bücher