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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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nicht, und wenn man seine Frau ansah, gab es bei ihnen sicher nur Sex nach Vorschrift.
    »Okay, wir werden die Sache im Auge behalten«, sagte er. »Vorläufig verschieben wir die Entscheidung. Einverstanden?«
    Alle Anwesenden nickten und erhoben sich. Man wollte eine Anwendung des 25. Verfassungszusatzes vorläufig noch nicht in Erwägung ziehen.
    Die üppigen Weizen- und Gerstenfelder von Niedersachsen und Westfalen im Norden und Osten, zusammen mit dem kristallklaren Wasser, das aus den Quellen in den nahegelegenen Hügeln sprudelt, hatten Dortmund zu einer Stadt des Biers gemacht. Das war anno 1293 gewesen, als König Adolf I . von Nassau den Bürgern des kleinen Gemeinwesens in der südlichen Spitze Westfalens das Braurecht gewährte.
    Stahl, Versicherungen, Bankwesen und Handel kamen erst später, viel später dazu. Das Bier war die Grundlage des Wohlstands, und jahrhundertelang tranken die Dortmunder zumeist selber, was sie brauten. Die industrielle Revolution, die in der zweiten Hälfte des 19.   Jahrhunderts die Stadt erreichte, lieferte das dritte Ingredienz zum Getreide und zum Wasser – die durstigen Arbeiter in den Fabriken, die längs der Ruhr aus dem Boden schossen. Am Ende des Ruhrtals gelegen, mit einer Aussicht nach Südwesten bis zu den hochragenden Schornsteinen von Essen, Duisburg und Düsseldorf, befand sich die Stadt zwischen den Getreideanbaugebieten und den Verbrauchern. Die Stadtväter nutzten die Lage, und Dortmund wurde zur Bierkapitale Europas.
    Sieben gewaltige Brauereien beherrschten die Branche: Brinkhoff, Kronen, DAB , Stifts, Ritter, Thier und Moritz. Hans Moritz war Chef der zweitkleinsten Brauerei und Oberhaupt der Dynastie, die acht Generationen zurückreichte. Aber er war der letzte Brauer, dem sein Imperium noch selber gehörte und deswegen überaus wohlhabend. Teils seines Reichtums und teils seines berühmten Namens wegen hatte die Baader-Meinhof-Bande seine Tochter Renata entführt. Zehn Jahre vorher.
    Quinn und Sam quartierten sich im Hotel Römischer Kaiser in der Innenstadt ein, und Quinn nahm sich mit nur geringer Hoffnung das Telefonbuch vor. Der Anschluß des Hauses von Hans Moritz war natürlich nicht verzeichnet. Er schrieb auf hoteleigenem Briefpapier einen persönlichen Brief, telefonierte nach einem Taxi und ließ ihn zur Direktion der Brauerei bringen.
    »Glaubst du, dein Freund ist noch hier?« fragte Sam.
    »Er wird schon hier sein«, sagte Quinn »es sei denn, er hält sich im Ausland oder auf irgendeiner seiner sechs Besitzungen auf.«
    »Dein Freund reist anscheinend sehr gern«, bemerkte Sam.
    »Yeah. Auf diese Weise fühlt er sich sicherer. Die Französische Riviera, die Karibik, die Skihütte, die Jacht …«
    Er hatte recht mit der Annahme, daß die Villa am Bodensee längst verkauft war; dort hatte die Entführung stattgefunden.
    Er hatte auch Glück. Sie saßen gerade beim Abendessen, als Quinn ans Telefon gerufen wurde.
    »Herr Quinn?«
    Er erkannte die Stimme, tief und kultiviert. Der Mann beherrschte vier Sprachen, hätte Konzertpianist werden können. Vielleicht werden sollen.
    »Herr Moritz. Sind Sie in Dortmund?«
    »Erinnern Sie sich an mein Haus? Das müßten Sie eigentlich. Sie haben einmal zwei Wochen hier verbracht.«
    »Ja, Herr Moritz. Ich erinnere ich. Ich wußte nur nicht, ob Sie es behalten haben.«
    »Es ist unverändert. Renata liebt es und würde mich nichts daran ändern lassen. Nun, was kann ich für Sie tun?«
    »Ich würde Sie gern sehen.«
    »Morgen vormittag. Zum Kaffee um halb elf.«
    »Ich komme.«
    Er fuhr über die Ruhrwaldstraße in genau südlicher Richtung aus Dortmund hinaus, bis sie die wuchernden Gewerbegebiete der Stadt hinter sich hatten und den Vorort Syburg erreichten. Auf der anderen Talseite blickte das Syburgerdenkmal die Ruhr entlang zu den Kirchtürmen des Sauerlands hin.
    Moritz’ Villa war wie eine Festung gesichert. Ein Maschendrahtzaun umgab das gesamte Gelände, und die Tore waren aus hochwertigem Stahl, ferngesteuert und von einer Fernsehkamera überwacht, die diskret an einer in der Nähe stehenden Fichte angebracht war. Irgend jemand beobachtete Quinn, wie er aus dem Wagen stieg und sich an der Sprechanlage neben dem Tor meldete. Zwei Sekunden später öffneten sich die Torflügel elektrisch angetrieben. Als der Wagen durchgefahren war, schlossen sie sich wieder.
    »Herr Moritz legt Wert auf seine Privatsphäre«, sagte Sam.
    »Er hat Anlaß dazu«, antwortete Quinn.
    Er parkte auf dem braunen

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