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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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später, genau westlich der Stadt, südlich des Zwischenahner Meers, zwischen den Dörfern Portsloge und Janstrat gelegen. Das brettebene Land zog sich über die Ems nach Westen und ging sechzig Meilen weiter im Westen ins nördliche Holland über.
    Von unzähligen Flüssen und Kanälen durchzogen, die die feuchte Ebene entwässern, ist das Land zwischen Oldenburg und der Grenze mit Birken-, Eichen- und Nadelbaumwäldern gesprenkelt. Lenzlingers Besitztum lag zwischen zwei Wäldern, ein ehemaliger befestigter Adelssitz, nun von einem eigenen großen Park und das Ganze von einer zweieinhalb Meter hohen Mauer umgeben.
    Den Vormittag über lag Quinn im Wald gegenüber der Straße, die von dem Gut wegführte, von Kopf bis Fuß in Tarngrün, das Gesicht mit einem feinmaschigen Netz maskiert, auf einem Ast einer mächtigen Eiche. Sein Infrarotfernglas zeigte ihm alles, was er wissen mußte.
    Das aus Sandstein gebaute Herrenhaus hatte mit seinen Nebengebäuden die Form eines » L «. Das kürzere Stück bildete das Hauptgebäude mit zwei Stockwerken und Speichern. Im längeren waren einst die Stallungen untergebracht gewesen. Inzwischen waren darin abgeschlossene Wohnungen für das Personal eingebaut worden. Quinn zählte vier Hausangestellte: einen Butler, einen Koch und zwei Putzfrauen. Seine besondere Aufmerksamkeit galt den Sicherheitseinrichtungen. Sie waren vielfältig und kostspielig.
    Lenzlinger hatte in den späten fünfziger Jahren damit begonnen, überschüssiges Kriegsmaterial in kleinen Lieferungen an alle zu verhökern, die daran interessiert waren. Seine Endabnehmerzeugnisse waren gefälscht, Fragen stellte er keine. Es war die Zeit der kolonialen Befreiungskriege und der Revolutionen in der Dritten Welt. Aber als Randfigur der Szene hatte er gerade genug zum Leben verdient, nicht viel mehr.
    Seine große Stunde kam mit dem Bürgerkrieg in Nigeria. Er betrog die Biafraner um mehr als eine halbe Million Dollar; sie bezahlten für Bazookas, erhielten aber gußeiserne Fallrohre, die zu Dachrinnen gehörten. Er täuschte sich nicht in der Annahme, sie seien zu sehr damit beschäftigt, um ihr Überleben zu kämpfen, als nach Norden zu kommen und mit ihm abzurechnen.
    In den frühen siebziger Jahren belieferte er ein halbes Dutzend kriegführender Parteien in Afrika, Mittelamerika und im Nahen Osten und drehte außerdem noch einen gelegentlichen schmutzigen Deal (viel einträglicher) mit der ETA , der IRA und ein paar anderen Terrororganisationen. Er kaufte von der Tschechoslowakei, Jugoslawien und Nordkorea, alles Lieferanten, die Hartwährungen brauchten, und verkaufte an die Verzweifelten. 1985 dann verhökerte er Waffen aus Nordkorea an beide Seiten im Krieg zwischen dem Iran und dem Irak. Selbst einige staatliche Stellen hatten sich aus seinen Vorräten bedient, wenn sie Kriegsmaterial ungenannter Herkunft für Revolutionen haben wollten, mit denen sie offiziell nichts zu tun hatten.
    Diese Karriere hatte ihn sehr wohlhabend gemacht. Sie hatte ihm auch eine Menge Feinde beschert. Er gedachte, den Reichtum zu genießen und die Pläne seiner Feinde zu durchkreuzen.
    Sämtliche Fenster, in allen Geschossen, waren elektronisch gesichert. Obwohl Quinn die Geräte nicht sehen konnte, wußte er, daß das ebenso für die Türen galt. Das war der innere Ring. Den äußeren bildete die Mauer. Sie lief ohne Unterbrechung um das Besitztum, oben mit zwei Strängen rasiermesserscharfen Drahts gesichert, und die Bäume innerhalb des Parks waren so gestutzt, daß keine Äste über die Mauer ragten. Noch etwas sah Quinn; es blitzte auf, wenn hin und wieder ein Sonnenstrahl durchbrach. Ein straffer Draht, dünn wie eine Klaviersaite, getragen von keramischen Bolzen, lief die Mauerkante entlang; er stand unter Strom, war mit der Alarmanlage verbunden, berührungsempfindlich.
    Zwischen der Mauer und dem Haus war freies Gelände, an der schmalsten Stelle vierzig Meter breit, von Fernsehkameras kontrolliert, von Hunden bewacht. Er sah, wie zwei Dobermänner, mit Maulkorb und an der Leine, auf ihren morgendlichen Verdauungsspaziergang geführt wurden. Der Hundeführer konnte nicht Bernhardt sein, dafür war er zu jung.
    Quinn beobachtete, wie um 8.55   Uhr der Mercedes 600 mit dunkel getönten Fenstern nach Bremen abfuhr. Der wandelnde Kleiderschrank geleitete eine in einen Mantel gehüllte Gestalt, auf dem Kopf eine Pelzmütze, zum Fond, setzte sich selbst auf den Beifahrersitz, und der Chauffeur brauste mit dem Wagen durch das

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