Der Unterhändler
GLAUBENSVORSTELLUNGEN . Der Grundgedanke ist, daß der gesamte Islam und schließlich die ganze Welt dahin gebracht werden müsse, sich dem Willen Allahs in der Auslegung Khomeinis zu unterwerfen. Auf diesem Weg gibt es eine Anzahl von Erfordernissen, von denen drei interessant sind: Alle existierenden moslemischen Regierungen sind illegitim, weil sie nicht auf der bedingungslosen Unterwerfung unter Allah, das heißt Khomeini, beruhen; jede Koexistenz zwischen der Hisbollah und einer säkularen moslemischen Regierung ist unvorstellbar; es ist die göttliche Pflicht der Hisbollah, alle Feinde des Islam in aller Welt mit dem Tode zu bestrafen, besonders aber Ketzer innerhalb des Islam.
METHODEN . Die Hisbollah hat vor langer Zeit entschieden, daß es in der Verfolgung dieses letzten Ziels keine Gnade, kein Erbarmen, kein Mitleid, keine Zurückhaltung und kein Zurückscheuen geben darf – bis hin zum freiwilligen Märtyrertum. Das nennt sie »Heiligen Terror«.
EMPFEHLUNG . Die fanatischen Schiiten sind dazu anzuregen, aufzufordern, zu aktivieren, zu organisieren und darin zu unterstützen, die sechshundert führenden, die Macht ausübenden Mitglieder des Hauses Saud niederzumachen und dadurch die Dynastie und mit ihr die Regierung in Riad zu vernichten, die anschließend durch einen unbedeutenden Prinzen zu ersetzen ist, der bereit ist, eine in Gang befindliche militärische Besetzung der Ölfelder von Hasa durch die Amerikaner zu dulden und den Preis des Rohöls auf einem Niveau festzusetzen, das von den Vereinigten Staaten »vorgeschlagen« wird.
»Wer zum Teufel hat das geschrieben?« fragte Scanlon, während er den Bericht weglegte, von dem er nur die erste Hälfte gelesen hatte.
»Ein Mann, der mir in den letzten zwölf Monaten als Berater gedient hat«, sagte Miller. »Möchtest du ihn kennenlernen?«
»Ist er hier?«
»Ja. Er ist vor zehn Minuten gekommen.«
»Natürlich«, sagte Scanlon, »sehen wir uns den Irren einmal an.«
»Einen Moment«, sagte Miller.
Lange bevor Professor John F . Cormack der Hochschule den Rücken kehrte, um als Kongreßabgeordneter für den Staat Connecticut in die Politik zu gehen, besaß die Familie Cormack bereits ihr Sommerhaus auf der Insel Nantucket. Er war zum erstenmal vor dreißig Jahren als junger Lehrer mit seiner frischgebackenen Braut dort gewesen, bevor Nantucket in Mode kam wie Martha’s Vineyard und Cape Cod, und war von der Frische und Einfachheit des Lebens dort bezaubert gewesen.
Nantucket, das genau östlich von Martha’s Vineyard vor der Küste von Massachusetts liegt, hatte damals sein altes Fischerdorf, seinen indianischen Friedhof, seine steifen Brisen und goldenen Strände, ein paar Ferienhäuschen und sonst kaum etwas. Es gab noch Grundstücke, und das junge Paar hatte geknausert und gespart, um sich ein anderthalb Hektar großes Stück Land in Shawkemo zu kaufen, ein Stück den Strand entlang vom Children’s Beach, am Rande der fast vollständig landumschlossenen Lagune, die einfach »der Hafen« genannt wurde. Dort hatte John F . Cormack sein ringsum mit Federschalbrettern verkleidetes Holzhaus gebaut, mit hölzernen Schindeln auf dem Dach und ausgestattet mit roh gezimmerten Möbeln, Fellteppichen und Patchwork-Bettdecken.
Später war dann mehr Geld da, und es wurden Verbesserungen und ein paar Anbauten angebracht. Als er jetzt vor zwanzig Monaten ins Weiße Haus eingezogen war und seine Absicht kundgetan hatte, die Sommerferien auf Nantucket zu verbringen, war ein mittlerer Hurrikan über das alte Haus hereingebrochen. Fachleute kamen aus Washington, registrierten entsetzt das Fehlen von Unterkünften, von Sicherheitseinrichtungen, von Nachrichtenverbindungen … Sie kamen zurück und meinten, ja, Mr. President, das geht in Ordnung. Man müsse nur noch Unterkünfte für rund hundert Geheimdienstleute hinstellen, einen Hubschrauberlandeplatz anlegen und mehrere Bungalows für Besucher, Stenografen und Hauspersonal bauen schließlich könne Myra Cormack auf keinen Fall weiter selbst die Betten machen –, und, ach ja, auch noch die eine oder andere Parabolantenne für die Nachrichtenleute … Präsident Cormack hatte die ganze Sache abgeblasen.
Im November war er dann ein Risiko eingegangen und hatte Michail Gorbatschow für ein verlängertes Wochenende nach Nantucket eingeladen. Und der Russe war begeistert gewesen.
Seine KGB -Gorillas waren genauso besorgt gewesen wie die Leute vom Secret Service, aber beide Staatschefs hatten ihnen
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