Der Unterhändler
Jahrhunderts hinein auskommen würden.«
»Das ist das Endspiel«, sagte Koslow. »Aber ist es machbar?« Er sah den Mann vom Oberkommando Süd an.
»Die Invasion und die Besetzung – kein Problem«, erwiderte der Vier-Sterne-General aus Baku. »So gesehen ist der Plan genial. Anfänglicher Widerstand könnte ohne weiteres gebrochen werden. Und dann hätten wir sie in der Hand … Sind natürlich lauter Verrückte … Wir würden äußerst hart durchgreifen müssen.«
»Das ließe sich einrichten«, warf Koslow ein.
»Wir müßten Verbände einsetzen, die sich ausschließlich aus Russen rekrutieren«, sagte der Fallschirmjägergeneral. » Wir verwenden sie sowieso, zusammen mit Ukrainern. Es ist ja wohl klar, daß auf unsere Divisionen aus den moslemischen Teilrepubliken bei diesem Unternehmen kein Verlaß wäre?«
Zustimmendes Gemurmel antwortete ihm. Der GRU -Mann schaute auf.
»Ich frage mich manchmal, ob wir die moslemischen Divisionen überhaupt noch irgendwo einsetzen können. Und das ist ein weiterer Grund, warum mir der Suworow-Plan gefällt. Wir bekämen Gelegenheit, das Einsickern des islamischen Fundamentalismus in unsere südlichen Republiken zu unterbinden. Indem wir die Quelle zerstören. Meine Leute im Süden berichten, daß wir in einem Krieg wahrscheinlich nicht darauf zählen könnten, daß unsere moslemischen Divisionen überhaupt kämpfen würden.«
Der General aus Baku stellte das nicht in Frage.
»Diese verdammten Kameltreiber«, knurrte er. »Die werden immer schlimmer. Anstatt den Süden zu verteidigen, habe ich alle Hände voll zu tun, religiöse Unruhen in Taschkent, Samarkand und Aschchabad zu unterdrücken. Es wäre mir ein Vergnügen, die verdammte Partei Gottes auf ihrem eigenen Boden zu schlagen.«
»Wir haben also drei Pluspunkte«, faßte Marschall Koslow zusammen. »Der Plan ist durchführbar wegen der langen, ungeschützten Grenze und des Chaos da unten, wir bekämen Öl für ein halbes Jahrhundert, und wir könnten die fundamentalistischen Eiferer ein für allemal erledigen. Und was könnte dagegen sprechen?«
»Was ist mit der Reaktion des Westens?« fragte der Fallschirmjägergeneral. »Für die Amerikaner könnte das ein Grund sein, den Dritten Weltkrieg auszulösen.«
»Das halte ich für unwahrscheinlich«, entgegnete der GRU -Mann, der den Westen besser kannte als die anderen. »Amerikanische Politiker sind Sklaven der öffentlichen Meinung, und die meisten Amerikaner wünschen den Iranern von Herzen alles Schlechte. So ist heute in Amerika die Stimmung in der breiten Öffentlichkeit.«
Alle vier Männer kannten die neuere Geschichte des Iran recht gut. Nach dem Tod des Ayatollah Khomeini war die Nachfolge nach einem Interregnum mit erbitterten innenpolitischen Richtungskämpfen in Teheran auf den blutbefleckten islamischen Richter Chalchali übergegangen, den man noch in Erinnerung hatte, wie er sich am Anblick der Leichen der amerikanischen Soldaten geweidet hatte, die bei dem fehlgeschlagenen Versuch, die Geiseln in der amerikanischen Botschaft zu befreien, ums Leben gekommen waren.
Um seine Position zu festigen, hatte Chalchali erneut eine Schreckensherrschaft im Iran errichtet und sich dazu der gefürchteten Gasht-e-Sarallah bedient.
Als schließlich die gewalttätigsten dieser Revolutionären Garden seiner Kontrolle zu entgleiten drohten, schickte er sie ins Ausland, wo sie eine Serie von Terroranschlägen gegen amerikanische Bürger und Einrichtungen im Mittleren Osten und in Europa verübten. Mit diesen Greueltaten hatten sie die Welt fast während der ganzen vergangenen sechs Monate in Atem gehalten.
Zu dem Zeitpunkt, als die fünf sowjetischen Militärs zusammentrafen, um über die Invasion und Besetzung des Iran zu beraten, war Chalchali nicht nur im Westen verhaßt, sondern auch bei der Bevölkerung des Iran, die vom Heiligen Terror nun endgültig genug hatte.
»Ich glaube«, fuhr der GRU -Mann fort, »wenn wir Chalchali hängen wollten, würde uns die amerikanische Öffentlichkeit den Strick spendieren. Washington würde zunächst vielleicht empört reagieren, aber die Kongreßabgeordneten und Senatoren würden sehr bald die Stimmung in ihren Wahlkreisen mitbekommen und den Präsidenten zurückpfeifen. Nicht zu vergessen, daß wir ja neuerdings die besten Kumpel der Yankees sind.«
Die Runde quittierte das mit gedämpfter Heiterkeit, in die sich Sarkasmus mischte.
»Aus welcher Ecke ist also Widerstand zu erwarten?« fragte Koslow, der
Weitere Kostenlose Bücher