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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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gesagt, sie sollten sich damit abfinden. Dick eingemummt gegen den schneidend kalten Wind vom Nantucket Sound (der Russe hatte dem Amerikaner als Gastgeschenk eine Zobelfell-Tschapka mitgebracht), unternahmen die beiden Männer lange Spaziergänge am Strand, während Leute von KGB und Secret Service hinter ihnen herstapften, andere sich im dürren Gras versteckten und in Funkgeräte murmelten, ein Hubschrauber sich über ihnen in den Wind krallte und ein Kutter der Küstenwache in der aufgewühlten See stampfte und schlingerte.
    Niemand versuchte, irgend jemanden umzubringen. Die beiden Männer spazierten unangemeldet in den Ort Nantucket, und die Fischer an der Straight Wharf zeigten ihnen frisch gefangene Hummer und Muscheln. Gorbatschow bewunderte den Fang, zwinkerte und strahlte, und dann tranken sie zusammen ein Bier in einer Kneipe am Hafen und gingen zu Fuß nach Shawkemo zurück, wobei sie so nebeneinander aussahen wie eine Bulldogge und ein Storch.
    Am Abend, nach einem Hummeressen in dem Holzhaus, gesellten sich die Verteidigungsexperten zu ihnen und den Dolmetschern, und gemeinsam erarbeiteten sie die letzten prinzipiellen Punkte und entwarfen ihr Kommuniqué.
    Am Dienstag wurde die Presse zugelassen; eine kleine Gruppe war von Anfang an dabei gewesen und hatte Bilder und Worte gesammelt – schließlich war man in Amerika –, aber am Dienstag fielen sie in hellen Scharen ein. Gegen Mittag traten die beiden Männer auf die hölzerne Veranda, und der Präsident verlas das Kommuniqué. Darin bekundeten die beiden Staatschefs ihre Entschlossenheit, dem Zentralkomitee und dem Kongreß einen sehr weit reichenden Vertrag zur Verringerung der konventionellen Streitkräfte quer durch alle Truppengattungen und in aller Welt vorzulegen. Ein paar Kontrollprobleme mußten noch gelöst werden, eine Aufgabe für die Experten; die Einzelheiten darüber, welche Arten von Waffen und wie viele stillgelegt, eingemottet, verschrottet oder nicht weiterentwickelt werden würden, sollten später bekanntgegeben werden. Präsident Cormack sprach von Frieden mit Ehre, Frieden mit Sicherheit und Frieden mit gutem Willen. Parteisekretär Gorbatschow nickte heftig, als er die Übersetzung bekam. Niemand erwähnte, was hinterher in der Presse um so ausführlicher behandelt wurde: daß angesichts des Defizits im US -Haushalt, des wirtschaftlichen Chaos in der Sowjetunion und einer drohenden Ölkrise keine der beiden Supermächte es sich noch leisten konnte, den Rüstungswettlauf fortzusetzen.
    Zweitausend Meilen entfernt, in Houston, schaltete Cyrus V . Miller den Fernsehapparat aus und sah Scanlon ungläubig an.
    »Dieser Mann wird uns noch das letzte Hemd ausziehen«, giftete er. »Dieser Mann ist gefährlich. Dieser Mann ist ein Verräter.«
    Er faßte sich, trat an seinen Schreibtisch und drückte auf den Kopf der Sprechanlage.
    »Louise, würden Sie jetzt bitte Oberst Easterhouse hereinschicken?«
    Irgend jemand hat einmal gesagt: »Alle Menschen träumen, aber die gefährlichsten sind die, die mit offenen Augen träumen.« Oberst Robert Easterhouse saß in dem eleganten Warteraum im obersten Stockwerk des Pan Global Building und schaute durchs Fenster auf das Panorama von Houston hinab. Aber seine hellblauen Augen sahen den weiten Himmel und den ockerfarbenen Sand von Nedjd, und er träumte davon, die Einnahmen aus den Ölfeldern von Hasa zum Nutzen Amerikas und der ganzen Menschheit unter seine Kontrolle zu bekommen.
    Im Jahre 1945 geboren, war er drei Jahre alt gewesen, als sein Vater einen Lehrauftrag an der American University in Beirut annahm. Die libanesische Hauptstadt war damals ein Paradies gewesen, elegant, kosmopolitisch, reich und sicher. Er ging eine Zeitlang auf eine arabische Schule, hatte französische und arabische Spielkameraden; als die Familie nach Idaho zurückkehrte, war er dreizehn und sprach drei Sprachen: Englisch, Französisch und Arabisch.
    Wieder in Amerika, hatte der Jugendliche seine Schulkameraden flach, frivol und erstaunlich unwissend gefunden, besessen von Rock’n’ Roll und einem jungen Sänger namens Presley. Sie machten sich lustig über seine Erzählungen von schwankenden Zedern, Kreuzritterburgen und Rauchfahnen von den Lagerfeuern der Drusen auf den Gebirgspässen des Schuf. So zog es ihn zu Büchern, und zu keinem mehr als den Sieben Säulen der Weisheit von T . E . Lawrence. Mit achtzehn kehrte er dem College und den Mädchen den Rücken und meldete sich freiwillig zur 82.

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