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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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über der übrigen Menschheit stand. Am anderen Ende des Raums lehnte sich Scanlon in seinem Ledersessel zurück und tippte auf den Dixon-Ölbericht, den er gerade gelesen hatte. Wie Miller wußte auch er, daß Rohöl aus dem Persischen Golf soeben auf zwanzig Dollar je Barrel geklettert war.
    »Ich bin ganz deiner Meinung, alter Freund. Die Vereinigten Staaten dürfen auf keinen Fall jemals in so totale Abhängigkeit von diesem Gesindel geraten. Was denken die sich in Washington eigentlich? Sind die denn blind und taub?«
    »Von Washington ist keine Hilfe zu erwarten«, sagte Miller ruhig. »Wenn du willst, daß sich in diesem Leben etwas ändert, mußt du selbst dafür sorgen. Ich denke, das haben wir zur Genüge am eigenen Leib erfahren, oder?«
    Mel Scanlon holte ein Taschentuch hervor und wischte sich die Stirn. Trotz der Klimaanlage im Büro kam er leicht ins Schwitzen. Im Gegensatz zu Miller hatte er eine Vorliebe für die traditionelle Kleidung der Texaner – Stetsonhüte, Schnürsenkel-Krawatten, Navajo-Krawattennadeln und -gürtelschließen und Stiefel mit hohen Absätzen. Das Dumme war nur, daß er klein und korpulent war, also kaum die Figur eines »Frontiersman« hatte; aber hinter seinem behäbigen Äußeren verbarg sich ein scharfer Verstand.
    »Was soll denn das heißen, die Lage dieser riesigen Ölreserven verändern?« schnaufte er. »Die Ölfelder von Hasa liegen nun mal in Saudi-Arabien.«
    »Nein, nicht ihre geographische Lage. Aber die politische Kontrolle über sie«, sagte Miller, »und folglich die Möglichkeit, den Preis saudiarabischen Öls und damit des gesamten Erdöls der Welt zu diktieren.«
    »Übernahme der politischen Kontrolle? Durch andere Araber, meinst du?«
    »Nein, durch uns«, sagte Miller. »Durch die Vereinigten Staaten von Amerika. Wenn unser Land überleben soll, müssen wir den Weltmarktpreis des Öls diktieren, das heißt, einen Preis festsetzen, den wir uns leisten können, und das wieder bedeutet, daß wir die Regierung in Riad kontrollieren müssen. Dieser Alptraum, einem Haufen von Ziegenhirten auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein, hat jetzt lange genug gedauert. Das muß sich ändern. Washington wird das nicht erreichen. Aber das hier vielleicht.«
    Er nahm einen säuberlich in steifen Karton ohne Aufschrift gebundenen Schriftsatz vom Schreibtisch. Scanlon verzog das Gesicht.
    »Nicht noch einen Bericht, Cy«, protestierte er.
    »Lies es«, drängte ihn Miller. »Tu was für deine Bildung.«
    Scanlon seufzte und öffnete die Akte. Auf der ersten Seite stand einfach:
    ZERSTÖRUNG UND UNTERGANG DES HAUSES SAUD
    »Heiliger Bimbam«, sagte Scanlon.
    »Nein«, sagte Miller ruhig. »Heiliger Terror. Lies weiter.«
    ISLAM. Die Religion des Islam (das Wort bedeutet »Hingabe an Gott«) wurde durch die Lehren des Propheten Mohammed um 620 gegründet und hat heute 800   Millionen bis eine Milliarde Anhänger. Im Gegensatz zum Christentum gibt es im Islam keine geweihten Priester; seine religiösen Führer sind Laien, die wegen ihrer moralischen oder geistigen Qualitäten geachtet werden. Die Lehren Mohammeds sind im Koran niedergelegt.
    SEKTEN . 90   Prozent der Moslems gehören dem sunnitischen (orthodoxen) Zweig an. Die wichtigste Minderheit ist die Sekte der Schiften (Parteigänger). Der entscheidende Unterschied ist, daß die Sunniten nach den Aussprüchen und Taten des Propheten leben, die im Hadith niedergelegt sind, während die Schiiten ihrem jeweiligen Führer (Imam) folgen, dem sie göttliche Unfehlbarkeit zusprechen. Die Hochburgen des Schiismus sind Iran (100 Prozent) und Irak (55   Prozent). 6   Prozent der Saudis sind Schiiten, eine verfolgte, haßerfüllte Minderheit, deren Führer sich versteckt hält, und die hauptsächlich in der Gegend der Ölfelder von Hasa aktiv ist.
    FUNDAMENTALISMUS . Es gibt zwar auch unter den Sunniten Fundamentalisten, aber die eigentliche Heimstatt des Fundamentalismus ist die schiitische Sekte. Diese Sekte innerhalb einer Sekte predigt den absoluten Gehorsam gegenüber dem Koran in der Interpretation des verstorbenen Ayatollah Khomeini, der noch keinen Nachfolger bekommen hat.
    HISBOLLAH . Innerhalb des Iran findet sich der einzig wahre fundamentalistische Glaube bei dem Heer von Fanatikern, die sich selbst als »Partei Gottes« oder Hisbollah bezeichnen. Anderswo operieren Fundamentalisten auch unter verschiedenen anderen Namen, aber für die Zwecke dieser Übersicht genügt die Erwähnung der Hisbollah.
    ZIELE UND

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