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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Luftlandedivision. Er war noch in der Grundausbildung, als Kennedy ermordet wurde.
    Zehn Jahre war er Fallschirmjäger und als solcher dreimal in Vietnam eingesetzt, das er 1973 mit den letzten amerikanischen Truppen verließ. Wenn die Verluste hoch sind, kann man rasch befördert werden, und er war der jüngste Oberst der 82., als er verkrüppelt wurde, nicht im Krieg, sondern durch einen idiotischen Unfall. Es passierte bei einem Übungsabsprung in der Wüste; der Landeplatz sollte angeblich flach und sandig sein, die Windgeschwindigkeit bei fünf Knoten liegen. Wie üblich hatten die »hohen Tiere« einen Fehler gemacht. Die Windstärke in Bodenhöhe betrug mehr als dreißig Knoten; die Männer stürzten auf Felsen und in Schluchten. Es gab drei Tote und siebenundzwanzig Verletzte.
    Auf den Röntgenbildern sahen hinterher die Knochen von Easterhouses linkem Bein wie der auf schwarzem Samt verstreute Inhalt einer Zündholzschachtel aus. Im Jahre 1975 sah er im Krankenhaus-Fernseher die peinlich überstürzte Evakuierung der letzten amerikanischen Streitkräfte aus der Botschaft in Saigon – Bunkers Bunker, wie sie in der Zeit der Tet-Offensive gesagt hatten. Im Krankenhaus fiel ihm zufällig ein Buch über Computer in die Hände, und ihm wurde klar, daß diese Maschinen der Weg zur Macht waren – bei richtiger Anwendung ein Mittel, die Verrücktheiten der Welt abzuschaffen und Ordnung und Vernunft an die Stelle von Chaos und Anarchie zu setzen.
    Er quittierte den Dienst, ging aufs College und machte sein Examen in Informatik, arbeitete anschließend drei Jahre bei Honeywell und ging dann zu IBM . Man schrieb das Jahr 1981, die Petrodollar-Macht der Saudis war auf ihrem Höhepunkt, und Aramco hatte IBM beauftragt, narrensichere Computersysteme zu entwickeln, mit denen Produktion, Ablauf, Export und vor allem die fälligen Lizenzgebühren für die gesamten Aktivitäten des Monopolunternehmens in Saudi-Arabien überwacht werden sollten. Mit seinen hervorragenden Arabischkenntnissen und seiner genialen Begabung war Easterhouse der richtige Mann. Fünf Jahre lang wahrte er die Interessen von Aramco in Saudi-Arabien und spezialisierte sich dabei auf rechnergestützte Sicherheitssysteme gegen Betrug und Unterschlagung. Als 1986 das OPEC -Kartell zusammenbrach und die Macht sich wieder auf die Verbraucher verlagerte, wurden die Saudis nervös, traten über »Kopfjäger« an den hinkenden Computerfachmann heran, der ihre Sprache sprach und ihre Sitten und Gebräuche kannte, und zahlten ihm ein Vermögen dafür, daß er sich selbständig machte und für sie anstatt für IBM und Aramco arbeitete.
    Er kannte das Land und seine Geschichte wie ein Einheimischer. Schon als Junge hatte er fasziniert die Geschichten vom »Gründer« gelesen, dem enteigneten Nomadenscheich Abd al-Asis Ibn Saud, der aus der Wüste gekommen war, um die Festung Musmak in Riad zu stürmen und seinen Weg zur Macht anzutreten. Er hatte gestaunt über die Schläue von Abd al-Asis, der in dreißig Jahren die siebenunddreißig Stämme des Landesinneren unterworfen, Nedjd, Hedschas und Hadramaut vereinigt, die Töchter seiner besiegten Feinde geehelicht und die Stämme zu einer Nation – oder jedenfalls etwas Ähnlichem – zusammengeführt hatte. Dann sah er die Wirklichkeit, und die Bewunderung verwandelte sich in Enttäuschung, Verachtung und Abscheu.
    Zu seinen Aufgaben bei IBM hatte es gehört, Computerbetrug in Systemen zu verhindern oder aufzudecken, der von schier übermenschlich begabten jungen amerikanischen Freaks entwickelt worden war, ferner die Umsetzung der Betriebsprozesse bei der Ölförderung in Buchhaltungssprache und letztlich in Bankguthaben zu überwachen und gegen jeglichen Mißbrauch abgesicherte Systeme zu ersinnen, die außerdem mit dem Finanzwesen der Saudis unter einen Hut zu bringen waren. Die Verworfenheit und schwindelerregende Korruption hatten diesem eigentlich puritanischen Geist die Überzeugung eingegeben, daß es ihm bestimmt sei, eines Tages das Instrument zu werden, das den korrupten Wahnsinn einer grotesken Laune des Schicksals hinwegfegen würde, die einem solchen Volk so ungeheuren Reichtum und so gewaltige Macht verschafft hatte, daß er es sein würde, der die Ordnung wiederherstellen und die absurden Ungleichgewichte im Mittleren Osten beseitigen würde, so daß die Gottesgabe Erdöl in erster Linie den Ländern der freien Welt und in zweiter allen Völkern der Erde zugute kommen würde.
    Er hätte seine

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