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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Ecke aus der Blandford Street und fuhren auf das Hotel zu. Quinn lehnte sich in die Polsterung des Rücksitzes zurück, noch bei Bewußtsein, doch ohne Macht über seinen Körper, und seine Zunge war ein feuchter Klumpen. Dann strömte es schwarz nach oben, schlug über ihm zusammen, und er war weg.

17. Kapitel
    Als Quinn erwachte, befand er sich in einem kahlen, weißen Raum. Er lag auf einem Rollbett. Ohne sich zu bewegen, blickte er um sich. Eine massive Tür, ebenfalls weiß; eine in die Decke eingelassene Glühbirne, durch ein Stahlgitterchen geschützt. Derjenige, der für dieses Gefängnis zuständig war, wollte verhindern, daß der Insasse die Birne zertrümmerte und sich mit den Scherben die Pulsadern aufschnitt. Er erinnerte sich an den aalglatten englischen Geschäftsmann, an den Stich in seine Wade, daran, wie er das Bewußtsein verloren hatte. Diese verdammten Briten!
    In der Tür war ein Guckloch. Er hörte den Verschluß klicken. Ein Auge starrte ihn an. Es hatte keinen Sinn, noch so zu tun, als läge er bewußtlos oder schlafend da. Er schob die Decke zurück, die ihn bedeckte und schwenkte die Beine auf den Boden. Erst in diesem Augenblick merkte er, daß er bis auf die Unterhose nackt war.
    Zwei Riegel wurden zurückgeschoben, und dann ging die Tür auf. Der Mann, der hereinkam, war klein, stämmig, hatte kurzgeschnittenes Haar und trug eine weiße Jacke wie ein Steward. Er sprach kein Wort, kam einfach mit einem grob zusammengezimmerten Tisch herein, den er an die Wand am anderen Ende stellte. Er ging wieder hinaus und brachte dann eine große Zinnschüssel und einen irdenen Krug, aus dem Dampfkringel aufstiegen. Er stellte beides auf den Tisch. Dann ging er nochmals hinaus, aber nur in den Flur. Quinn überlegte, ob er dem Mann einen Hieb versetzen und zu fliehen versuchen sollte, ließ dann aber die Gedanken fallen. Das Nichtvorhandensein von Fenstern zeigte an, daß er sich irgendwo in einem Untergeschoß befand. Er hatte nur eine Unterhose an, der »Steward« machte den Eindruck, als könnte er sich in einem Faustkampf behaupten, und draußen waren sicher irgendwo noch andere von seinem Kaliber.
    Als der Mann wiederkam, brachte er ein flauschiges Handtuch, einen Waschlappen, Seife, Zahnpasta, eine neue Zahnbürste, einen Rasierapparat, Rasierschaum und einen Spiegel, der sich aufstellen ließ. Wie ein vollkommener Kammerdiener arrangierte er alles auf dem Waschtisch, blieb an der Tür stehen, deutete mit einer Handbewegung auf den Tisch und empfahl sich. Die Riegel wurden wieder vorgeschoben.
    Na schön, dachte Quinn, wenn die britischen Geheimagenten, die mich entführt haben, wollen, daß ich für Ihre Majestät anständig aussehe, können sie das haben. Außerdem mußte er sich frisch machen.
    Er ließ sich Zeit. Das heiße Wasser tat ihm wohl, und er seifte sich am ganzen Körper ein. Er hatte sich auf der Fähre Napoleon zwar geduscht, aber das war schon zwei Tage her. Oder war es …? Seine Uhr war weg. Er wußte, daß er gegen Mittag entführt worden war, aber war das vier, zwölf oder vierundzwanzig Stunden her? Einerlei, der scharfe Pfefferminzgeschmack der Zahnpasta war angenehm. Doch als er den Rasierschaum auf seinem Kinn verteilte, den Rasierapparat zur Hand nahm und in den kleinen, runden Spiegel schaute, traf ihn ein Schock. Die Kerle hatten ihm einen Haarschnitt verpaßt.
    Übrigens gar keinen schlechten. Sein braunes Haar war gestutzt und frisiert, das aber auf eine ungewohnte Art. Bei den Waschsachen war kein Kamm dabei; er konnte es nur mit den Fingerspitzen so umordnen, wie er es gern hatte. Aber da es nun in Büscheln hochstand, stellte er das Werk des unbekannten Friseurs wieder her. Kaum war er damit fertig, kam der »Steward« wieder.
    »Jedenfalls vielen Dank dafür, Kumpel«, sagte Quinn. Der Mann ließ sich nicht anmerken, daß er es gehört hatte, räumte nur die Waschsachen vom Tisch, ging hinaus und kam mit einem Tablett zurück. Darauf waren frisch gepreßter Orangensaft, Cornflakes, Milch, Zucker, ein Pfännchen Eier mit Speck, Toast, Butter, Orangenmarmelade und Kaffee. Der Kaffee war frisch gebrüht und duftete verführerisch. Der »Steward« stellte einen Stuhl an den Tisch, machte eine steife Verbeugung und ging wieder.
    Quinn wurde an eine alte englische Tradition erinnert: Wenn sie einen Verurteilten zum Tower brachten, um ihm den Kopf abzuschlagen, bekam er vorher immer ein kräftiges Frühstück. Er aß auf jeden Fall. Alles.
    Kaum war er damit fertig,

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