Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
hergestellt sein wird und man einen Beweis in Händen hat, daß Simon noch lebt«, antwortete Dr.   Armitage. »Doch die Erleichterung wird nicht von langer Dauer sein. Je mehr Zeit vergeht, desto mehr wird sich der Zustand des Präsidenten verschlechtern: hochgradiger Streß, der zu Reizbarkeit führt. Schlaflosigkeit wird sich einstellen – der man allerdings mit Medikamenten beikommen kann. Schließlich entwickelt sich beim Vater eine Haltung der Teilnahmslosigkeit, was seine Aufgabe angeht …«
    »Die darin besteht, das verdammte Land zu regieren«, sagte Odell.
    »Dazu Konzentrationsschwäche und Gedächtnisverlust, auch was amtliche Dinge betrifft. Mit einem Wort, bis auf weiteres werden die Gedanken des Präsidenten zur Hälfte oder mehr auf seinen Sohn gerichtet sein und darum auf den Kummer seiner Frau. In manchen Fällen brauchten die Eltern, wenn das entführte Kind schließlich freigelassen wurde, monate-, ja jahrelang eine posttraumatische Therapie.«
    »Mit anderen Worten«, sagte Justizminister Bill Walters, »wir haben nur einen halben Präsidenten oder noch weniger.«
    »Ich bitte Sie!« warf Finanzminister Reed dazwischen, »unser Land hatte schon Präsidenten auf dem Operationstisch, völlig handlungsunfähig im Krankenhaus. Wir müssen einfach einspringen, handeln, wie es seinen Wünschen entspräche, unseren Freund so wenig wie möglich behelligen.«
    Sein Optimismus fand kaum ein Echo. Brad Johnson erhob sich.
    »Warum zum Teufel melden sich diese Hunde eigentlich nicht?« fragte er. »Inzwischen sind beinahe achtundvierzig Stunden vergangen.«
    »Wenigstens ist unser Unterhändler an Ort und Stelle und wartet jetzt auf ihren ersten Anruf«, sagte Reed.
    »Und wir sind in London stark vertreten«, fügte Walters hinzu. »Mr.   Brown und sein Team aus dem Bureau sind vor zwei Stunden dort eingetroffen.«
    »Was zum Teufel treibt eigentlich die englische Polizei?« murmelte Stannard, »warum schafft sie es nicht, diese Kerle zu finden?«
    »Es sind ja erst achtundvierzig Stunden vergangen, nicht einmal«, gab Außenminister Donaldson zu bedenken. »Großbritannien ist zwar viel kleiner als die Vereinigten Staaten, aber bei einer Bevölkerung von 54   Millionen ist es ein Kinderspiel unterzutauchen. Erinnern Sie sich, wie lange die Symbionese Liberation Army Patty Hearst gefangen hielt, während sie vom gesamten FBI gejagt wurde? Monate!«
    »Sehn wir doch die Dinge, wie sie sind«, sagte Odell in seinem breiten Südstaatlerakzent. »Das Problem ist, es gibt nichts, was wir jetzt noch tun können.«
    Das war das Problem; niemand konnte irgend etwas tun.
    Der junge Mann, über den sie sprachen, brachte gerade seine zweite Nacht in Gefangenschaft hinter sich. Ohne daß er es wußte, hielt draußen im Korridor vor seiner Zelle jemand die ganze Nacht hindurch Wache. Der Keller des Hauses bestand zwar aus Beton, falls er es sich aber einfallen lassen sollte, zu brüllen und zu schreien, waren seine Entführer ohne weiteres bereit, ihn zur Ruhe zu bringen und zu knebeln. Simon machte keinen solchen Fehler. Er nahm sich vor, seine Furcht zu unterdrücken und Würde zu zeigen, so gut er es vermochte. Er machte zwei Dutzend Liegestütze und Dehn- und Streckübungen, während ihn ein wachsames Auge durchs Guckloch beobachtete. Er hatte keine Uhr bei sich – da er zum Laufen keine mitgenommen hatte – und verlor allmählich das Zeitgefühl. Das Licht brannte ununterbrochen, aber ungefähr um Mitternacht, so seine Schätzung – sie lag um zwei Stunden daneben –, rollte er sich auf dem Bett zusammen, zog sich die dünne Decke über den Kopf, um es möglichst dunkel zu haben, und schlief ein. Um diese Zeit trafen, vierzig Meilen weit entfernt, in der Botschaft seines Landes am Grosvenor Square, die letzten Anrufe von Leuten ein, die sich einen Jux machen wollten.
    Kevin Brown und seinem acht Mann starken Team war nicht nach Schlafen zumute. Infolge der Zeitverschiebung waren sie noch auf die Washingtoner Zeit eingestellt, fünf Stunden früher als in London.
    Brown bestand darauf, daß Seymour und Collins ihm die Telefonzentrale und die Lauschstation zeigten, einen Büroraum, wo amerikanische Techniker – die Briten hatten keinen Zutritt erhalten Wandlautsprecher installiert hatten, die die von den verschiedenen Wanzen in der Wohnung in Kensington aufgenommenen Geräusche wiedergeben sollten.
    »Im Wohnzimmer sind zwei Wanzen«, erklärte Collins zögernd. Er sah keinen Grund, den Mann vom FBI über

Weitere Kostenlose Bücher