Der Unterhändler
ab.
»Quinn hat gerade das Telefongespräch beendet«, sagte er. »Jetzt unterhalten sie sich untereinander. Möchten Sie es hören, Sir?«
»Klar«, sagte Brown.
Der Techniker schaltete die Übertragung des Gesprächs im Wohnzimmer in Kensington vom Kopfhörer zum Lautsprecher an der Wand. Quinns Stimme war zu hören.
»… wäre nett. Danke, Sam. Ja, Milch und Zucker.«
»Glauben Sie, er wird nochmal anrufen, Mr. Quinn?« (McCrea)
»Nein. Hat sich zwar recht überzeugend angehört, aber irgendwie hat er mir nicht den richtigen Eindruck gemacht.«
Die Männer im Keller der Botschaft verließen den Raum. In einigen nahegelegenen Büroräumen waren Feldbetten aufgestellt worden. Brown wollte die ganze Zeit präsent sein. Er teilte zwei seiner acht Leute für die Nachtwache ein. Es war 2.30 Uhr morgens.
Die gleichen Gespräche, übers Telefon und im Wohnzimmer, waren im Kommunikationszentrum des MI 5 in der Cork Street mitgehört und aufgezeichnet worden. Im Fernmeldeamt Kensington hörte die Polizei nur den Anruf mit, stellte innerhalb von acht Sekunden fest, daß er von einer Telefonzelle im nahegelegenen Paddington ausgegangen war und setzte einen Beamten in Zivil, vom Polizeirevier Paddington Green, hundertsechzig Meter von der Zelle entfernt, in Marsch. Er nahm einen alten Mann fest, der ein amtsbekannter Geisteskranker war.
Am dritten Tag um 9 Uhr nahm eine der Telefonistinnen am Grosvenor Square einen anderen Anruf entgegen. Die Stimme war die eines Engländers, grob, barsch im Ton.
»Verbinden Sie mich mit dem Unterhändler.«
Die Telefonistin wurde blaß. Bis dahin hatte noch niemand dieses Wort gebraucht. Honigsüß sagte sie: »Ich stelle Sie durch, Sir.«
Quinn hatte den Hörer in der Hand, als es noch nicht richtig geklingelt hatte. Die Telefonistin meldete sich hastig flüsternd.
»Jemand verlangt den Unterhändler. Nur das.«
Eine halbe Sekunde später war die Verbindung hergestellt. Quinns tiefe, beruhigend klingende Stimme drang aus den Lautsprechern.
»Hallo, Kumpel, du wolltest mit mir sprechen?«
»Du möchtest Simon Cormack wiederhaben. Es wird dich was kosten. Eine schöne Stange Geld. Jetzt hör mal zu …«
»Nein, mein Freund, du hörst mir zu. Heute haben mich schon ein Dutzend Witzbolde angerufen. Ist dir klar, wie viele Bekloppte in der Welt ’rumlaufen? Darum tu’ mir einen Gefallen – nur eine einfache Frage …«
Kensington spürte in acht Sekunden auf, woher der Anruf kam. Hitchin, Hertfordshire … eine Telefonzelle … am Bahnhof. Cramer im Yard wußte es zwei Sekunden später; das Polizeirevier in Hitchin schaltete nicht so schnell. Man schickte eine halbe Minute später einen Mann in einem Auto los, der eine Minute danach zwei Straßenecken vom Bahnhof entfernt abgesetzt wurde und 141 Sekunden nach dem Beginn des Anrufs auf die Telefonzellen zuschlenderte. Zu spät. Der Anrufer war dreißig Sekunden in der Leitung gewesen und mittlerweile drei Straßen weit weg im morgendlichen Gewühl verschwunden.
McCrea starrte Quinn verblüfft an.
»Sie haben aufgelegt«, sagte er.
»Ging nicht anders«, sagte Quinn lakonisch, »als ich fertig war, hatten wir die Zeit überzogen.«
»Wenn Sie ihn am Telefon festgehalten hätten«, sagte Sam Somerville, »hätte ihn die Polizei vielleicht erwischt.«
»Wenn er der Richtige ist, möchte ich ihm Vertrauen einflößen, keine Angst einjagen – noch nicht«, sagte Quinn und versank in ein Schweigen; seine beiden Mitbewohner waren vor Aufregung ganz abgeschlafft und starrten auf den Apparat, als könnte es gleich noch einmal klingeln. Quinn wußte, daß der Mann in den nächsten Stunden unmöglich aus einer anderen Telefonzelle anrufen konnte, und er hatte vor langen Jahren im Krieg gelernt: Wenn du nichts anderes tun kannst als warten – entspanne dich.
Am Grosvenor Square war Kevin Brown von einem seiner Männer geweckt worden und in den Abhörraum gerannt, wo er gerade noch Quinns letzte Sätze hörte.
»… heißt der Titel dieses Buches? Wenn du die Antwort hast, ruf mich sofort wieder an. Ich warte darauf, Kumpel. Bis dahin.«
Collins und Seymour stießen zu Brown, und alle drei hörten sich das Playback an. Dann schalteten sie auf das Wandmikro und hörten Sam Somervilles Kritik.
»Recht hat sie«, knurrte Brown.
Sie hörten Quinns Antwort.
»Dieses Arschloch«, sagte Brown, »noch ein paar Minuten, und sie hätten den Kerl erwischt.«
»Dann haben sie einen«, wandte Seymour ein, »und die
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