Der Untoten Zaehmung
… ?«
»Ich wusste es nicht. Ich hätte mir niemals vorstellen können, wie es sein kann. Wie wir sein können. Zusammen.« Sie legte ihre Hand auf seine Hüfte und ließ ihren Daumen über den Knochen gleiten, der darunter lag. »Will, ich verstehe jetzt, worum es in all diesen Sonetten geht.«
Ihre Berührung weckte in ihm erneut die Leidenschaft. Er riss sich jedoch zusammen und zwang seinen Körper, sich zu entspannen. Man hatte ihm gesagt, dass er ein fantastischer Liebhaber sei. Das sollte er auch, schließlich hatte er jahrhundertelang geübt. Aber Kate war anders.
Kate liebte er.
Daher sollte der Liebesakt anders sein, und das war er auch gewesen. Für ihn. Er hoffte so sehr, dass auch sie ihn anders als sonst empfunden hatte. Ihrem Stöhnen und Seufzen nach zu urteilen war das der Fall. Andererseits konnte sie fast so gut schauspielern wie er.
Kate stützte sich auf einem Ellbogen auf und blickte ihm in die Augen, während ihre Haare auf seine Brust fielen. Er wollte sie erneut nehmen, wagte es aber nicht, ihr das zu sagen. Ein normaler Mann war nicht so schnell wieder bereit. Er vermutete zwar, dass sie das nicht wusste, aber dennoch …
»Ich bin durstig«, flüsterte sie und küsste ihn, trank von seinen Lippen, als wären sie das einzig verbliebene Wasser auf einer sterbenden und ausgedörrten Erde.
Ihr Geschmack und ihre Berührung ließen ihn fühlen und denken, weckten Verlangen in ihm. Er fand die Worte wieder, und als sie ihren Kopf hob, strömten sie heraus. »Bis er, fast atemlos, zurückgebogen den süßen Mund«, er strich mit seinem Fingernagel darüber, bis sie stöhnte, »auf dem die Liebe spielt, des Nektar ihre durst’gen Lippen sogen.«
»Ihr Mund erobert«, flüsterte sie, »seiner lässt gewähren.«
»Wunderschön«, hauchte Will. Er musste das verwenden. »Nun kann nichts mehr dem Glutverlangen wehren; sie raubt und schwelgt und wird doch nimmer satt.«
»Nennt Ihr mich einen Räuber?«, fragte sie amüsiert. Sie wartete nicht auf seine Antwort. »Ihr habt wahrscheinlich recht. Ich bezweifle, dass ich vom Geschmack Eurer Haut jemals genug bekommen werde, Will Shakespeare.«
Und damit begann sie, seine Brust und seinen Hals zu küssen und ihre Zähne zu erproben an seinem …
Sackerlot! Wo hatte sie das gelernt?
Sie gab ihm seine Sünde zurück, und es war gut. Niemals wollte er diese Bank verlassen, diesen Raum, diese Frau.
Aber er musste.
»Sie werden bald wiederkehren«, murmelte er.
»Mmm«, antwortete sie.
»Wenn sie uns hier finden … «
»Werden sie uns ermorden«, murmelte sie halb im Schlaf.
Sie erinnerte sich an die Worte, die sie in dieser ersten Nacht auf ihrem Balkon zueinander gesagt hatten. Worte, die er bereits als Szene eines zukünftigen Stückes niedergeschrieben hatte. Zwei sich bekriegende Familien. Venedig. Nein! Verona. Liebe und Hass, Leben und Tod.
Das Übliche.
Auf der einen Seite ihres Gesichts war unter ihren schwarzen Wimpern die dunkle Verfärbung ihres Blutergusses zu sehen.
Sanft fuhr er mit seinem Finger darüber. Sie zuckte zusammen und riss die Augen auf. »Wer hat Euch das angetan?«, fragte er.
»Ich habe es Euch doch bereits gesagt. Es war ein Unfall.«
»Eure Amme hat Euch getreten.«
»Ja.«
»Seid Ihr sicher, dass Euer … « Er hielt inne, denn er wollte das Wort nicht aussprechen, um den Mann nicht zwischen sie zu bringen, aber er musste es tun. »Euer Gatte nicht zurückgekehrt ist?«
Sie lachte. »Er würde es nicht wagen, mich zu schlagen. Er weiß, wie gut ich mit einem Degen umgehen kann.«
Will schmunzelte. Was für eine ungewöhnliche Frau! Alles an ihr faszinierte ihn.
»Wenn er entdeckt, dass Ihr fort seid, dass Ihr hier bei mir seid … «
Ein Schatten legte sich über ihr Gesicht, und Wills Lächeln verschwand. Sollte dieser Mann sie jemals verletzen, würde er einen sehr blutigen Unfall erleiden.
»Ich weiß nicht, was er tun würde. Aber ich kann ebenso wenig im Haus bleiben und die Tibonage frei herumlaufen lassen, wie ich … « Sie zögerte.
»Wie Ihr was?«, fragte er.
Sie schwieg einen Augenblick lang, und als sie antwortete, hatte er das Gefühl, dass sie eigentlich etwas anderes hatte sagen wollen. »Wie ich die Amme noch einen Tag länger ertragen könnte.«
»Also habt Ihr sie weggesperrt.«
»Wenn ich das nicht getan hätte, wäre ich jetzt nicht hier.«
Will dachte darüber nach. »Gut.« Er nickte. »Soll sie ruhig eingesperrt bleiben.«
»Wollt Ihr nicht wissen,
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