Der Untoten Zaehmung
warum?«
»Nein. Solange Ihr hier seid und wiederkommen könnt, ist mir egal, was Ihr macht.« Mit ihrer Amme oder sonst wem.
»Ich kann nicht für immer mit Euch zusammen sein, Will.« Sie ergriff seine Hand. »Dies hier ist nicht für immer.«
Er blickte in ihre endlosen Augen. »Ihr habt keine Ahnung, was für immer bedeutet.«
Sie ließ seine Hand los, erhob sich und begann, ihre Haare unter ihre Mütze zu stecken. Verdammt, er war ein Narr!
»Ich denke, das habe ich sehr wohl«, sagte sie ernst. »Ich bin für immer an einen Mann gebunden, den ich verabscheue, während der Mann, den ich … « Ihre Stimme erstarb. Sie beugte sich vor und nahm ihr Wams von der Bank. Als sie es wütend ausschüttelte, flog Asche umher.
Will stand ebenfalls auf und ging zu ihr hinüber. Doch er berührte sie nicht. Er konnte es nicht. »Der Mann, den Ihr was, Kate?«
Ihre Augen sagten alles. Sie liebte ihn; er wusste es. Sie öffnete den Mund, um zu sprechen, um ihm die einzigen Worte zu sagen, die er in seinem langen, einsamen Leben niemals gehört hatte.
Und dann klopfte es an der Tür.
23
»An sich ist nichts weder gut noch böse,
das Denken macht es erst dazu.«
Hamlet (2. Akt, 2. Szene)
I ch dankte dem Himmel für Edmond. Er hielt mich davon ab, Will törichterweise zu sagen, dass ich ihn liebte. Natürlich hatte er das Gleiche zu mir gesagt, aber ich glaubte ihm nicht. Er war ein Poet; er verteilte Liebe, wie er … nun ja, Poesie verteilte.
»Master Shakespeare?« Edmond klopfte erneut. »Herr? Es ist Zeit zum Proben. Seid Ihr da?«
»Ja, Edmond, ich … «
Edmond kam herein.
Ich war gerade dabei, mein Wams anzuziehen und zog es so schnell über meinen nackten Körper, dass ich mir einen langen Kratzer am Bauch zuzog und fluchte. Diese Worte zogen Edmonds Aufmerksamkeit auf mich.
Er lief rot an. Sein Blick senkte sich auf den Boden und blieb dort, während er rückwärts aus dem Raum ging.
Ich sah in den Spiegel, der an der Wand hing. Meine Haare waren unter meiner Mütze versteckt; ich konnte also als Junge durchgehen. Ich trat einen Schritt zurück, und mein Blick fiel auf mein Wams.
Bis auf meine Brüste.
Ich fluchte erneut. Ich hatte zwar nicht viel Oberweite, aber genug, dass man mich nicht für einen Jungen halten würde, wenn man genauer hinsah.
»Er weiß es«, sagte ich.
»Dass wir uns geliebt haben?« Will massierte sich die Stirn. »Ich glaube, das weiß inzwischen jeder. Zumindest wird es bald jeder wissen.«
»Er weiß, dass ich eine Frau bin.«
Will ließ seine Hand sinken und runzelte die Stirn. »Woher?«
Ich deutete auf meine Brüste, und Will lachte. »Nein, süße Kate, ich denke nicht, dass Edmond Euch lange genug sah, um es zu bemerken.« Sein Lachen erstarb. »Was sein Glück ist.«
Einen Augenblick lang erschreckte mich Wills Gesichtsausdruck. Er erschien mir wild, primitiv, wie der eines Tieres, das seine Gefährtin verteidigt. Dann war der Ausdruck verschwunden, und er war wieder einfach nur Will. Der attraktive, schneidige, brillante Will.
»Edmond hält uns für männliche Liebende?«, fragte ich.
»Ja.« Will warf einen Blick auf die geschlossene Tür.
»Ist das ein Problem?«
»Es ist nichts, was Edmond nicht schon einmal gesehen hätte.«
»Bei Euch?«
»Nein!« Seine Bestimmtheit ließ mich zusammenzucken. Er atmete tief durch, um sich zu entspannen. »Daran ist nichts Falsches. Aber ich bin einfach nicht auf diese Weise an Männern interessiert.« Sein Blick wurde weicher. »Meine süße Kate ist so unschuldig.«
Ich hob mein Kinn. »Nicht so unschuldig, wie Ihr denkt.«
»Nein.« Er betrachtete meinen Mund, und sein Blick veränderte sich. Ich wusste, dass er sich daran erinnerte, wo dieser Mund vor Kurzem gewesen war. »Nicht so unschuldig.«
Die Art, wie er mich ansah, entfachte mein Verlangen nach ihm erneut. Es war, als hätte er mich verhext. Wie konnte ich nach so kurzer Zeit bereits so viel für ihn empfinden? Einfach nur deswegen, weil seine Hände meine Haut streichelten und seine Lippen meinen Körper liebkosten?
Vielleicht. Ich lächelte, erhaschte einen Blick auf meinen Ausdruck im Spiegel und lächelte noch breiter. Ich hatte diesen Ausdruck in den Gesichtern vieler Frauen gesehen und mich immer gefragt, was er bedeutete. Nun wusste ich es. Ich wusste nun so viele Dinge, die ich mir zuvor nicht hatte vorstellen können.
»Ich werde Hilfe brauchen«, sagte ich.
Will, der sich gerade anzog, hielt inne. »Hilfe?«, wiederholte er.
»Um meine
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