Der Untoten Zaehmung
hinsah, war er verschwunden.
Will nahm an, dass der Unhold an den Gebäuden vorbeigetorkelt sein musste, und beeilte sich, ihm zu folgen. Doch als er das Ende der Straße erreicht hatte, blickte Will in eine große Leere.
Bäume und Felder, aber kein Zombie.
»Pfui!«, murmelte Will. »Ich wünsche Euch die Pocken an den Hals.«
Nicht dass die Pocken einem Toten etwas ausgemacht hätten, aber darum ging es nicht.
Will sah nichts, was dem Unhold als Versteck hätte dienen können. Und warum würde er sich verstecken? Selbst wenn er gesehen hätte, dass Will ihm gefolgt war, wäre er eher umgekehrt und hätte versucht, Wills Gehirn zu verspeisen.
Also …
Wills Blick wanderte zurück zu den Häusern, die auf beiden Seiten der Straße so dicht aneinanderstanden, dass sich ihre Dächer in der Mitte zu treffen schienen. Dort mochten Dutzende Wohnungen sein. Er würde jede einzelne überprüfen müssen. Will legte die Hand auf sein Schwert und begann, an die Türen zu klopfen.
Will hatte ein Gespür für die Toten. Er würde beim ersten Blick wissen, ob der Erschaffer der Zombies vor ihm stand. Dann ein Hieb, und alles würde vorbei sein. Will konnte sich wieder daranmachen, das neue Stück zu schreiben, und Kate würde niemals die Wahrheit erfahren müssen.
Er hätte es gleich wissen sollen, dass es niemals so einfach sein würde.
Das erste Haus beherbergte offensichtlich eine große Familie. Die Hausherrin öffnete die Tür, und an ihrem Rock hingen mehrere Kleinkinder. Als er sich mit den Worten: »Verzeiht, falsches Haus« verabschiedete, hätte sie ihm fast das Schwert aus der Hand gerissen, um ihn damit aufzuschlitzen.
Der Knall der zuschlagenden Tür ließ ihn zusammenzucken. Doch Will war noch nicht bereit aufzugeben. Er klopfte an die nächste Tür und dann an die übernächste. Niemand antwortete seinem Klopfen, also ließ er sich selbst hinein. Er durchsuchte die Gebäude, fand aber niemanden.
Weder lebendig noch tot.
Im vierten Haus war er erfolgreich, allerdings nicht so, wie er gehofft hatte.
Eine dicke Frau mit einer schmutzigen Schürze und einem noch schmutzigeren Gesicht öffnete die Tür. Ihr mürrischer Gesichtsausdruck ließ ihn ein paar Schritte zurücktreten, für den Fall, dass sie mit dem toten Huhn nach ihm schlagen sollte, das sie gerade zu rupfen schien. Doch bei seinem Anblick verschwand ihr finsterer Blick, und ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
»Will Shakespeare?«, fragte sie. »Seid Ihr es wirklich?«
Sie ging auf ihn zu, und ihr Geruch ließ Will weiter zurückweichen. Fast wäre er über seine eigenen Füße gestolpert und in den Schlamm der Straße gefallen.
»Kennen wir uns, Madam?«
Das passierte, wenn man ewig lebte. Alle begannen, gleich auszusehen.
»Nein, Herr. Ich habe Euch häufig im Rose spielen sehen. Ich bin Eure größte Anhängerin.«
Will betrachtete ihren Leibesumfang – sie musste sich seitlich drehen, um durch die Tür zu passen – und entschied, dass sie wahrscheinlich recht hatte.
»Oh«, sagte Will. »Wie … nett.«
Die Frau begann, sich an ihn heranzupirschen. Ein Schritt vorwärts für sie bedeutete zwei Schritte rückwärts für ihn. Ihr Rock aus grober Wolle schwang hin und her. Ihm gefiel der Ausdruck in ihren Augen ganz und gar nicht. Sie schien hungriger zu sein als ein ausgehungerter Vampir.
»Ich habe Euch schon immer treffen wollen.«
»Und das habt Ihr nun. Aber ich fürchte, dass ich … «
Sie ließ das Huhn zu Boden fallen und ergriff Wills Hand. »Oh, Master Shakespeare, ich habe ein Stück geschrieben.«
»Urgh«, war alles, was er herausbrachte, während sie seine Finger in ihren feuchten Pranken zerquetschte. Hier und dort hingen Hühnerfedern, andere trieben im Wind davon.
»Es ist nur ein paar Szenen lang, aber ich finde, dass die meisten Stücke ohnehin zu lang sind. Die Geschichte entspricht vielleicht nicht unbedingt der Mode, doch das spielt keine Rolle mehr, sobald Ihr es gelesen habt. Es ist brillant. Viel besser als alles, was Ihr jemals geschrieben habt. Sicher werdet Ihr es sofort im Rose aufführen wollen.« Sie ließ ihn los und presste ihre Hände unter ihr Doppelkinn. »Dann werde ich bis ans Ende meiner Tage reich sein.«
Eine umherschwebende Feder kitzelte sie an der Nase, und sie musste niesen, einmal, zweimal, dreimal, alles auf ihre Hände und auf Will.
»Dann scheint Ihr … ähm … sehr begabt zu sein, Madam.«
Die meisten Frauen ihres Standes konnten nicht einmal lesen, geschweige denn
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