Der Untoten Zaehmung
könnte sie?«
»Sie sah Euch im Garten.«
Einen Augenblick lang hatte Will keine Ahnung, was Nounou meinte. Er erinnerte sich kaum noch daran, wie er Kate an diesem Morgen verlassen hatte. Er hatte mit Valentin gesprochen, über das neue Stück nachgedacht, die Handlung und die Figuren ausgearbeitet, und dann …
Etwas war geschehen. Will versuchte, sich zu erinnern.
Ge-!
Verdammt! Sie hatte gesehen, wie er diesem Zombie den Kopf abgerissen hatte wie ein wildes Tier.
Nounou beobachtete, wie sich die Erkenntnis auf seinem Gesicht ausbreitete, und nickte. »Ihr müsst Euch bemühen, sie vom Gegenteil zu überzeugen.«
»Wie?«
Sie spreizte ihre anmutigen dunklen Hände. »Lügt.«
Will seufzte. »Das sollte nicht allzu schwer sein.«
»Wenn sie vermutet, dass Ihr kein Mensch seid, wird sie Euch niemals wieder vertrauen. Sie wird ihre Zeit damit verschwenden, Euch zu jagen. Vor allem wird sie jedoch niemals mit Euch jagen, aber das muss sie.«
»Warum ist das so wichtig?«
»Ihr wisst, dass es zu viele von ihnen gibt. Sie braucht Hilfe, und Ihr werdet dafür sorgen, dass ihr nichts geschieht, solange Ihr an ihrer Seite seid.«
Will würde tausend Tode unter der Morgensonne sterben, bevor er zuließe, das etwas oder jemand Kate verletzte. Doch …
»Und wenn ich ihr einfach die Wahrheit erzähle?«
»Nein!«, rief Nounou.
»Aber vielleicht wird sie verstehen, dass wir mit ihrem Geschick und meiner Stärke nicht geschlagen werden können … « Nounou schüttelte den Kopf.
»Ich habe einen Fehler gemacht«, murmelte sie. »Ich wusste nicht, dass es einige Eurer Art gibt, die keine mordenden Unholde sind. Ich brachte ihr bei, alles zu töten, was nicht menschlich ist.«
»Aber was, wenn ich … ?«
»Sie glaubt niemandem außer mir.«
»Aber ich könnte ihr sagen, dass Ihr … «
»Sobald Ihr Kate sagt, dass Ihr mit mir gesprochen habt, seid Ihr verdammt. Nur ein Nekromant kann mit den Toten sprechen.«
Will erhob sich. »Ihr denkt, dass sie mich töten könnte?«
»Ich w eiß , dass sie es könnte.«
Will wusste es ebenfalls. Und obwohl er sein Leben gerne gegeben hätte, um sie zu retten, wollte er es doch nicht ihr überlassen, es ihm zu nehmen. Er würde nicht zulassen, dass sich Kate allein einer Armee aus Zombies und einem unbekannten Nekro-Vampir gegenübersah.
Denn das würde sie bestimmt nicht überleben.
31
»Brutus, auch du?«
Julius Cäsar (3. Akt, 1. Szene)
I ch erreichte das Rose-Theater erst nach Mittag. Eigent lich wollte ich sofort losziehen, um dort zu sein, bevor Will ankam. Doch vorher musste ich noch nach der Amme sehen.
Ich hatte Anweisung gegeben, dass sich niemand außer mir um sie kümmern sollte. Und das bedeutete, dass ich es auch tatsächlich tun musste.
Glücklicherweise hatte sie Will die Darstellung des Doktor Caius vollkommen abgekauft. Als ich die Tür des Stalls öffnete, lag die Amme stöhnend auf dem Bett. Ich musste mir auf die Zunge beißen, um mich davon abzuhalten, ihr mitzuteilen, dass sie eigentlich kerngesund war.
»Gute Amme«, begann ich.
»Oh weh!«, rief sie und legte ihre Hand auf die segelartige Kopfbedeckung, die sie immer noch trug, obwohl sie seit gestern im Bett lag. »Mein schmerzender Kopf. Bitte seid leise, Kind.«
Ich öffnete meinen Mund, um sie darauf hinzuweisen, dass sie diejenige war, die schrie, doch dann schloss ich ihn wieder. Sie würde mich nicht hören. Denn sie hörte niemals auf zu reden.
»Ich hatte Schüttelfrost vom Fieber und rief um Hilfe, aber niemand kam.«
»Ich bin do…«
»Dann hatte ich Träume. So schrecklich. Von Feuer und Flammen, wie die Hölle kam es mir vor.«
»Das habt Ihr vom Spionieren«, murmelte ich, während ich ihr etwas zu essen und trinken brachte.
»Was?« Die Amme legte eine Hand an ihr Ohr. »Was habt Ihr gesagt?«
»Ihr müsst bei Kräften bleiben!«, rief ich.
Sie verzog das Gesicht. »Mein Kopf! Bitte seid ruhig.«
Ich beschloss, besser schnell wieder zu gehen, bevor ich die Geduld verlor und sie ruhigstellte . »Ich werde später wiederkommen.«
Viel später.
Die Amme ergriff meine Hand. »Könnt Ihr nicht noch bleiben, Kind? Mir Gesellschaft leisten, während ich esse? Mir vielleicht etwas vorlesen? Das Fieber schmerzt mich so.«
»Ihr könnt nicht hören«, bemerkte ich.
»Was?« Wieder legte sie die Hand an ihr Ohr.
Am Ende saß ich bei ihr, während sie aß – das ›Fieber‹ hatte ihr den Appetit offenbar nicht verdorben – , dann las ich ihr aus einem religiösen
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