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Der Untoten Zaehmung

Der Untoten Zaehmung

Titel: Der Untoten Zaehmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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weh?«
    »Es wäre besser zu fragen, wo es nicht wehtut«, sagte er.
    Ich wollte die Schnüre seines Wamses lösen, aber er schob meine Hände fort. »Lasst es so, Kate. Morgen geht es mir wieder gut.«
    Ich wollte widersprechen, riss mich jedoch zusammen. Morgen würde noch genügend Zeit sein, um ihn an den Ohren zu einem Arzt zu schleifen, wenn ich das Gefühl hatte, dass es nötig war.
    »Ich dachte, ich hätte … «, begann ich.
    Wills Blick bewegte sich zu meinem Gesicht. »Was?«
    Ich war mir nicht sicher, was ich gesehen hatte oder ob es eine Rolle spielte.
    Ein Mann auf dem Dach einer Kathedrale, der einen schwarzen Umhang trug, musste nicht automatisch Guy de Nigromante sein.
    »Nichts«, sagte ich.
    Dass Will das Thema nicht weiter verfolgte, bewies mir mehr als das Blut in seinem Gesicht, dass er schwerer verletzt war, als er zugab.
    »Was kann ich für Euch tun, Will?« Ich legte meine Hand auf seinen Arm. Er zog ihn weg.
    Ich sah ihm ins Gesicht, als sich sein Blick hob. Hatte er auf meine Brüste gestarrt? In seinem geschwächten Zustand stand ihm der Sinn doch sicherlich nicht nach Intimitäten.
    Andererseits fühlte ich mich danach immer so viel besser. Ich begann, mein Wams aufzuknöpfen.
    »Was tut Ihr da?« Wills Stimme klang erstickt.
    »Ich komme zu Euch ins Bett. Ihr seid ausgekühlt.«
    »Keineswegs«, widersprach er. »Mir ist furchtbar warm. Würdet Ihr das Fenster öffnen?«
    Ich tat es und ließ mich von der Herbstbrise abkühlen und beruhigen, bevor ich mich wieder umdrehte.
    Will war eingeschlafen.

36
    »Aber wir wollen doch den Vorhang wegziehen
und Euch das Gemälde zeigen.«
    Was ihr wollt (1. Akt, 9. Szene)
    W ill bemühte sich, verlangsamtes Atmen vorzutäuschen, sein Gesicht und seinen Körper bewegungslos zu halten und so zu wirken, als würde er schlafen. Kate musste verschwinden, bevor er den letzten Rest Kontrolle verlor.
    Er war so schwach. Sie war so stark. Und so verdammt nah.
    Will seufzte sehnsuchtsvoll. Es war etwa ein Jahr her, seit er das letzte Mal getrunken hatte. Er war nicht sicher, ob er ihr widerstehen konnte. Besonders da sie ihm die ganze Zeit ihren lieblichen, glatten Hals präsentierte, die Ader, die mit scharlachroter Lebensenergie pulsierte …
    Aber nein! Er würde nicht von Kate trinken. Denn wenn er das tat, würde sie die Wahrheit erkennen, und das konnte er nicht ertragen.
    Will wusste, dass er den Schlaf gut vorgetäuscht hatte, denn Kate beugte sich vor, küsste seine Stirn und ging davon. Den Heiligen sei Dank!
    Einen Augenblick lang fühlte er sich unwohl bei dem Gedanken daran, dass sie jetzt da draußen war, während Guy de Nigromante frei herumlief, aber sie war gewarnt. Will konnte ihr folgen, sie überwachen, sie beschützen. Doch in Wahrheit stellte er für Kate an diesem Abend eine größere Gefahr dar, als irgendjemand oder irgendetwas anderes auf dieser Welt.
    Er war schwach und verwundet. Für einen Vampir vermischten sich Blutgier und Lust, Hunger und Begehren so sehr miteinander, dass es manchmal unmöglich war, das eine vom anderen zu trennen. Wenn Will so geschwächt war wie in diesem Moment, würde er schon bald nicht mehr in der Lage sein, diesen Bedürfnissen zu widerstehen.
    Sein Körper rief nach Nahrung. Schon bald würde dieser Ruf zu einem Schrei werden und der Kampf dagegen schmerzvoll. Er konnte nur dann schnell heilen, wenn er Blut zu sich nahm.
    Doch wenn er das tat, würde für Kate offensichtlich werden, dass er ungewöhnlich schnell heilte. Also würde er darauf verzichten und fast so langsam heilen müssen wie ein menschliches Wesen.
    Will stand kalter Schweiß auf der Stirn. Seine Reißzähne sprangen hervor, obwohl er es nicht wollte. Er kämpfte gegen das fast überwältigende Verlangen an, den Raum zu verlassen und einen willigen Spender zu suchen. Es hatte immer genügend Leute gegeben, die ihr Blut gegen gute Bezahlung gerne zur Verfügung stellten. Und wenn das nicht funktionierte, konnte er sie immer noch überzeugen .
    Aber Will hatte sich hinterher stets geschämt, wenn er auf solche Weise seinen Blutdurst gestillt hatte. Er war körperlich und geistig stärker. Er nutzte sie aus. In Anbetracht der Lust und des Begehrens, die mit dem Hunger Hand in Hand gingen, würde er sich sogar noch schlechter fühlen, wenn er diesen Bedürfnissen jetzt nachgab. Er würde Kate und alles, was sie einander bedeuteten, verraten, wenn er heute Nacht das Blut irgendeines dahergelaufenen Menschen trank.
    Sie war seine Liebe.

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