Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter
Durcheinander, und es gibt nur ein paar feste Gewohnheiten in einem ansonsten chaotischen Leben. Die festen Gewohnheiten sind der Schwachpunkt des Opfers.
Calum kennt Winter nicht so gut, dass er irgendwas überspringen könnte. Langweilig, aber unerlässlich. Er findet raus, wo er wohnt – ein Kinderspiel. Kein Geheimnis. Winter muss wissen, dass er in diesem Geschäft gefährdet ist, aber was er vorzuweisen hat, lässt darauf schließen, dass er darauf nicht genügend vorbereitet ist. Jedes Mal, wenn er auf der Leiter eine Sprosse nach oben steigt, zerbricht diese unter ihm, und er stürzt wieder ab. Er hat Ehrgeiz, aber sonst nichts. Ein bisschen Grips, aber keinen Verstand. Als Calum an seinem Haus vorbeifährt, sieht er keine Sicherheitsmaßnahmen. Wenn er sich mit den paar Straßendealern treffen will, die für ihn arbeiten, zieht er allein los. Er sieht die Realität nicht. Vielleicht ist sie ihm auch egal. Es gibt solche Leute. Leute, die enorme Risiken eingehen und sich nicht mal vor den Folgen zu schützen versuchen. Entweder haben sie keine Angst vor dem Tod, oder das Leben ist ihnen egal.
Das Leben hat Winter so oft übel mitgespielt, dass es ihm ziemlich egal ist. Während er mit diesen beiden Idioten redet – jungen Männern, die den Stoff ihren Freunden und Angehörigen verkaufen, um selbst mehr zu kassieren –, ist ihm alles egal. Er geht Risiken ein, die für ihn keine Rolle spielen. Ein Leben lang in diesem Geschäft, und wofür? Er ist kaum weiter, als er am Anfang war. Leute, die jünger sind als er, leiten große Organisationen, kaufen legale Firmen auf und haben Erfolg. Aber er muss sich mit zwei einsilbigen, ungebildeten Junkies abgeben. Darauf läuft es letztlich hinaus. Mit seiner Dealerei verdient er nicht mal dreißigtausend im Jahr. Er hat ein Haus, dessen Hypothek er gerade noch abzahlen kann. Seine Freundin ist bekanntermaßen die Verflossene vieler Männer, die mehr zu bieten haben als er. Sie ist anspruchsvoll. Sie passt seinen Lebensstil ihrem eigenen an. Sorgt dafür, dass er so ehrgeizig ist wie sie. Er muss für ihre Liebe bezahlen. Also geht er Risiken ein.
Die Schule hat er gehasst. Ein paar Jahre lang hat er für eine Spedition gearbeitet, aber das ging ihm auch gegen den Strich. Dann kam er über einen alten Schulfreund ins Geschäft. Hat ein bisschen gedealt, nichts Großes, bloß auf Partys. Stand auf der untersten Sprosse der Leiter, hatte aber Spaß daran. Angehöriger einer großen Organisation, die einen regelmäßig mit Arbeit versorgte und sich um einen kümmerte. Damals gefiel ihm das, doch das ist lange her. Heute ein Mann mittleren Alters, bemüht, eine große Nummer zu werden. Unfähig, Geld zu machen oder Beziehungen zu knüpfen. Mit Ende zwanzig hatte er mal Erfolg, eine große Sache. Er war auf dem besten Weg, reich zu werden. Ihn hat die Polizei nicht geschnappt, aber fast alle anderen, die beteiligt waren. Er war der Einzige, der nicht erwischt wurde. Das hat seinen Ruf eine Weile getrübt. Dann, mit Mitte dreißig, noch ein potentieller Deal. Mit Jimmy Morrison – nenn mich nicht Jim – als Partner. Aber Jimmy hat ihn gelinkt, hat die Fliege gemacht und die ganze Kohle mitgehen lassen. Und Winter war gedemütigt und völlig pleite. Eine Witzfigur. Davon hat er sich immer noch nicht erholt.
Plötzlich das Angebot, sich an was Größerem zu beteiligen. Aus heiterem Himmel. Leg dich ins Zeug, zeig, dass du’s packst. Dring in Jamiesons Revier vor. Das ist der Erste, der vom Sockel gestoßen wird. Du legst los. Wir stehen hinter dir. Ein Angebot von jemandem, dem Winter vertraut. Von dem Winter weiß, dass er keine leeren Versprechungen macht. Also legt er los. Und wenn es schiefgeht? Was soll’s? Jamieson bringt ihn um, und das war’s dann. Kein großer Verlust. Ein Leben, das ihm nichts bedeutet. Weg damit. Bitte sehr. Dieses Leben kann Peter Jamieson gerne haben. Doch wenn alles gutgeht, verbessert es sich vielleicht. Vielleicht wird es dann lebenswert. Dann bleibt Zara für immer. Kinder. Er braucht sich nicht mehr abzurackern, sondern ist eine große Nummer. Kann sich entspannen. Aber an dem Punkt war er schon mal, und er weiß, dass die Hoffnung trügt. Sie verschlingt dich, spuckt dich wieder aus und lacht die ganze Zeit über dich. Nein, lebe mit dem Risiko, aber lass dich von den Möglichkeiten nicht blenden.
»Warum hast du noch so viel übrig?«, fragt Winter wütend. Er kann nicht gut wütend sein. Sieht immer zu gleichgültig aus, um
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