Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter
Schießerei rechnet. Jedenfalls ist es nicht einfach, das Ding zu verstecken und es hinterher wieder loszuwerden.
Der häufigste Fall ist und bleibt die Wiederverwendung. Ein Runner kauft von jemandem eine Waffe, der sie bei einem Auftrag benutzt hat, und verkauft sie jemand anderem. Dann kauft er wieder gebrauchte Waffen und verkauft sie weiter. Viele Waffen gehen in einem endlosen Kreislauf von Hand zu Hand. Viele werden bei mehreren Jobs von verschiedenen Leuten benutzt und gehen dabei durch die Hände mehrerer Runner. Das ist ein lukrativer Markt, auf den Calum meistens zurückgreift. Er wendet sich immer an denselben Runner, weil das der Einzige ist, dem er bislang vertraut. Manche Leute kaufen bei verschiedenen Lieferanten, damit keiner von ihnen weiß, wie oft sie arbeiten, aber das setzt voraus, dass man mehr als einem Runner vertraut. Und es kostet Zeit. Bisher hat sich Calum immer für denselben entschieden. Vernünftige Preise, und nach Gebrauch kann er ihm die Waffe zurückverkaufen. Eigentlich mietet er sie bloß, doch man weiß nie, ob man nicht irgendwann gezwungen ist, die Waffe verschwinden zu lassen. Normalerweise kostet sie vier-, fünfhundert Pfund. Das fällt bei dem Lohn von Jamieson nicht sonderlich ins Gewicht.
Es gibt noch eine andere Bezugsquelle. Viele Waffen sind als Nachschub übers Meer aus Nordirland gekommen. Viele Leute sind aus Nordirland gekommen, um von ihren kriminellen Fähigkeiten Gebrauch zu machen. Manchen Leuten gefällt das, die heißen sie willkommen. Anderen gefällt es nicht. Jamieson nicht und Calum schon gar nicht. Es gibt viele, die behaupten, sie könnten seine Arbeit erledigen, doch hier läuft einiges anders, als sie es von ihren Aufträgen gewohnt sind. Sie sind Außenstehende, die glauben, sich auszukennen. Denen nicht auffällt, dass sie nicht dazugehören. Zu viele Freunde haben sie willkommen geheißen und ihnen ermöglicht, Wurzeln zu schlagen. Sie haben jede Menge Waffen im Angebot, und viele Leute kaufen bei ihnen. Aber nicht Calum. Nie. Eine andere Sorte von Kriminellen. Ein anderer Menschenschlag.
Er sucht seinen Runner am frühen Abend auf. Ohne Vorwarnung. Taucht einfach bei ihm auf. Er bewahrt die Waffen auf dem Dachboden auf, besitzt nie mehr als zwei, drei auf einmal. Wenn sie entdeckt würden, würde man ihn für einen gefährlichen kleinen Gauner halten. Zwei, drei Waffen gefunden. In den dreißig Jahren, die er im Geschäft ist, dürften Hunderte durch seine Hände gegangen sein. Er hat schon bei vielen Aufträgen das Nötige bereitgestellt. Ist immer in Deckung geblieben und hat den Mund gehalten, das ist für einen Runner vielleicht das Wichtigste. Sobald man einen Namen hat, die Öffentlichkeit auf einen aufmerksam wird, hat man nichts mehr. Beide reden nicht viel. Er weiß, warum Calum gekommen ist. Er holt die Waffen, das Geld wechselt den Besitzer, dann geht Calum wieder. Zwei kleine Handfeuerwaffen. Kein Schnickschnack. Zum Beispiel keine Schalldämpfer. Die werden bei einem Auftrag, der eine Botschaft aussenden soll, nicht gebraucht. Teuer, schwer, übertrieben. Da stehen nur ganz wenige Killer drauf – macht den Schuss härter. Die Arbeit ist schon hart genug, vielen Dank.
Raus auf die Straße mit zwei Waffen in der Tasche. Ziemlich heikel. Calum fährt direkt nach Hause. Er versteckt die Waffen, schiebt sie in den Lüftungsschlitz eines zugemauerten Kamins in seinem Schlafzimmer. Eins muss noch erledigt werden, hat aber noch Zeit. Bis zum Auftrag bleiben ihm noch über vierundzwanzig Stunden. Das Letzte wird er am nächsten Morgen erledigen, dazu braucht er die Hilfe seines älteren Bruders. Nur eine von mehreren Vorsichtsmaßnahmen, und von denen trifft er viele. Es kann durchaus zum Problem werden, wenn man zu viele Vorsichtsmaßnahmen ergreift. Man ändert seine Gewohnheiten, und den Leuten fällt so was auf. Krempelt man sein Leben vor jedem Auftrag total um, ist das auffällig. Irgendwer zählt zwei und zwei zusammen. Also tut man nichts, das Aufmerksamkeit erregt.
Am nächsten Morgen ruft er seinen Bruder William in der Werkstatt an, an der William beteiligt ist. Sein Bruder, zwei Jahre älter (wenn auch keine zwei Jahre klüger), dürfte wissen, was Calum macht. Er weiß, in welchem Geschäft Calum tätig ist. Es müsste ihm klar sein. William selbst hat viele Verbindungen. Er hat Calum einigen Leuten vorgestellt. Inzwischen betreibt er eine halblegale Werkstatt im Osten der Stadt. Kleiner, unbedeutender Betrieb. Verdient
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