Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter
ganz gut, und als kleines Zubrot stellt er Leuten, die im Geschäft sind, Autos zur Verfügung. Hilft man jemandem, dem man vertraut, kann man damit gutes Geld machen. Die Dinge am Laufen halten. Bei Calum verhält es sich ein bisschen anders.
Seinem Bruder hilft William immer, bei jedem Auftrag. Calum geht zu ihm, weil er sein Bruder ist und er ihm vertrauen kann. William würde eher ins Gefängnis gehen als zulassen, dass sein kleiner Bruder erwischt wird. Er ahnt, was sein Bruder macht, wozu er die Autos braucht. Gut: ihm einen Wagen besorgen. Nicht direkt über die Arbeit sprechen. Ihn ermahnen, vorsichtig zu sein. Aber er macht sich Sorgen. Es ist ein Geschäft, in dem man leicht einen kleinen Fehler begeht. Kleiner Fehler heißt große Strafe. Wie sollte es ihre Mutter verkraften, wenn ihr jüngerer Sohn lebenslänglich im Gefängnis säße? Also hilft er Calum jedes Mal, doch sein Widerwille dagegen nimmt zu. Je mehr Aufträge sein Bruder annimmt, umso wahrscheinlicher ist es, dass er erwischt wird. Warnt ihn William? Redet er übers Geschäft und verstößt gegen das unausgesprochene Schweigegelübde, das in dieser Sache zwischen ihnen besteht? Noch nicht.
Calum kommt in seinem eigenen Wagen, verlässt ihn aber in einem anderen. Die Leute bringen ihre Autos in gutem Glauben in die Werkstatt. Sie lassen sie zur Reparatur oder zur Inspektion da. Man sagt ihnen, dass sie sie am nächsten Tag wieder abholen können. Sie wissen nicht, dass der Wagen bei einem Auftrag benutzt wird. Früher waren solche Maßnahmen nicht erforderlich. Jetzt schon, wegen der Videoüberwachung. Calum will nicht, dass sein eigener Wagen in der Nähe von Winters Haus gefilmt wird. Deshalb benutzt er den Wagen von irgendeinem armen Schlucker, den die Polizei nie verdächtigen würde. Benutzt ihn, bringt ihn zurück. Am nächsten Tag übergibt ihn sein Bruder wieder dem Besitzer – alle sind glücklich. Dabei gibt es ein Risiko. Wenn die Polizei genau diesen Wagen auf dem Kieker hat. Ein Polizist sieht ihn in den Videoaufzeichnungen und beschließt nachzubohren. Vernimmt den Besitzer. Findet raus, dass der Wagen zur fraglichen Zeit in der Werkstatt war. Immer noch ungefährlicher, als seinen eigenen zu benutzen.
»Wie geht’s, Bruder?« William lächelt, als Calum die Werkstatt betritt. Ein weiterer Mechaniker macht sich am Unterboden eines Wagens zu schaffen, hinten, neben dem kleinen Büro, steht ein Kunde. »Ich schau noch nach dem Typ da, dann komm ich zu dir.«
Calum nickt und wartet. William erklärt dem Kunden, wie er den Schaden an seinem Wagen nächstes Mal vermeiden kann. Calum hört kaum zu, er kennt sich mit Autos nicht aus. Die Wagenschlüssel in der Hand, verlässt der Mann die Werkstatt, nach dem Blick auf die Rechnung wirkt sein Gesichtsausdruck gequält. William kommt kopfschüttelnd zu seinem Bruder. »Manche Leute dürfte man nicht auf die Straße lassen. Also, was gibt’s?« Er bleibt gut gelaunt, obwohl er weiß, dass es um was Geschäftliches geht.
»Können wir reden?«, fragt Calum und deutet mit dem Kopf aufs Büro.
Dann stehen die beiden in dem kleinen Raum. Völlig überfüllt. Eine Tür, die in die kleine Gasse hinter der Werkstatt führt, ein Schreibtisch mit einem Computer und Papierkram, ein Pirelli-Kalender. Durch die Fenster blickt man in die Werkstatt.
»Ich brauch heute Abend einen Wagen. Ich kann ihn noch in der Nacht oder spätestens morgen früh zurückbringen.«
William nickt. »Besorg ich dir. Wird’s einen Schaden geben?« Er stellt die Frage aus reiner Gewohnheit. Da besteht so gut wie keine Gefahr. Er will wissen, ob sein Bruder weit fährt, vielleicht auf der Landstraße. Alles, was ans Licht bringen könnte, dass der Wagen die Werkstatt verlassen hat. Wenn nötig, kann er noch den Tachostand korrigieren.
»Nee. Ich bleib in der Stadt, alles ganz normal.«
»Geht klar«, sagt William zu seinem kleinen Bruder. »Ich kann dir so einen kleinen Corsa geben, der fällt nicht so auf. Wird morgen Nachmittag abgeholt, also sorg dafür, dass er dann wieder da ist.« Er nimmt die Schlüssel von einem Brettchen und reicht sie Calum.
»Pass auf dich auf, ja?«, sagt William, als Calum aufbrechen will.
»Bei der Arbeit, oder redest du von den Bienen und Blumen?«
William grinst. »Mann, wenn ich dir das mit den Bienen und Blumen noch erklären muss … Ich mein bei der Arbeit. Passt du bei der Arbeit auf? Für wen du arbeitest, meine ich.«
Calum zuckt mit den Schultern. »Ich pass immer
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