Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter
Taxifahrer hat sie gesehen. Sie werden den Taxifahrer suchen, um ihn zu fragen, ob er nach der Fahrt jemanden in der Gegend gesehen hat. Sie muss zugeben, dass Stewart da war. Dass er ihr geholfen hat, Lewis zur Haustür zu bringen, und dann gegangen ist. Auf keinen Fall darf sie zugeben, dass er im Haus war. Muss denen sagen, dass sie Lewis selbst raufgebracht hat. Dass sie wieder nach unten gekommen ist und sich ein Glas Whisky eingeschenkt hat, als plötzlich jemand die Tür eintritt. Einer zwingt sie mit vorgehaltener Waffe, unten zu bleiben, der andere geht nach oben. Sie hört den Schuss. Dann verschwinden die beiden. Sie setzt sich ein paar Minuten aufs Sofa. Der Schock. Dann ruft sie die Polizei an. Eine gute Geschichte. Klingt ziemlich gut. Überzeugend. Aber sie weiß, dass es nicht so einfach ist. Sie hat schon viele Leute sagen gehört, dass man unter Druck und mit pochendem Herzen nicht klar denken kann. Sie weiß, das hier ist so eine Situation.
Es klopft. Sie hört, wie die Haustür aufgestoßen wird, hört Schritte im Flur. Eine Stimme, die leise zu jemand anderem spricht.
»Da ist wer im Haus«, sagt Zara voller Verzweiflung ins Telefon. Sie lässt es so klingen, als hätte sie Angst, der Killer wäre zurückgekommen. Hört sich an wie ein verängstigtes Opfer. Sie weiß, dass es die Polizei ist. Sie weiß es, sagt es aber erst, als die Polizisten in der Tür auftauchen. »Oh, Gott sei Dank«, sagt sie erschöpft, aber erleichtert. »Es ist die Polizei. Gott sei Dank.« Die Frau am anderen Ende der Leitung sagt irgendwas, doch Zara hört nicht mehr zu. Sie legt auf.
Einen der Cops kennt sie nicht. Jung, selbstsicher, anscheinend ein bisschen selbstgefällig. Den anderen schon. Der andere ist Paul Greig. Viele kennen Paul Greig. Noch mehr kennen die Geschichten über ihn. Jeder weiß, dass er korrupt ist. Sie ist ihm ein paarmal begegnet, aber nicht in den letzten drei, vier Jahren. Man erkennt ihn leicht. Klein und drahtig. Schwarzes Haar, immer ein bisschen zu lang. Verhärmtes, boshaftes Gesicht. Und diese Narbe. Die zehn Zentimeter lange knallrote Narbe auf seiner linken Wange. Niemand weiß, wo die herstammt, aber jeder erkennt ihn daran. Sie verleiht ihm was Bedrohliches. Als wäre er ein Verbrecher in Polizeiuniform. Und genau das behaupten viele von ihm.
Kaum haben sie Blickkontakt hergestellt, weiß sie, dass er sie erkannt hat. Sie sind sich schon mal begegnet, als sie noch mit Nate zusammen war. Obwohl der Cop mit der Narbe schon vielen Leuten geholfen hat, sagt niemand was Gutes über ihn. Er hat es gegen Bezahlung getan, alles andere interessiert ihn nicht. Nate war immer vorsichtig damit, was er über Leute im Geschäft fallenließ, deshalb hat sie nicht viel über Greig erfahren. Wusste aber, dass er korrupt war. Dass er Nate mindestens einmal geholfen hatte. Vielleicht kann sie das irgendwie ausnutzen. Vielleicht kann er ja dafür sorgen, dass sie von den Cops nicht unter Druck gesetzt wird.
Die beiden wissen, dass Lewis ein Dealer ist. Ein Dealer war. Sie werden verlangen, dass sie ihnen hilft. Dass sie ihnen Namen nennt. Ihnen sagt, wo sein Geld ist. Sein Drogenvorrat. Wer sein Lieferant ist. Wer seine Dealer sind. Manches davon weiß sie wirklich nicht. Manches weiß sie, will es aber nicht verraten. Man will nicht derjenige sein, der gefährliche Leute verpfeift. Da zählt es nicht, dass man eine Frau ist. Dass die Polizei einen unter Druck gesetzt hat, nachdem der eigene Lebensgefährte umgebracht wurde. Da zählt nur der Verrat. Verrat zieht Rache nach sich. Das muss so sein. Keiner kann sich leisten, nicht zurückzuschlagen. Also sieht man zu, dass die Polizei keine unangenehmen Fragen stellt. Da könnte Greig helfen.
Zara geht auf ihn zu und drängt sich an ihn. Er weicht einen Schritt zurück, hat wenig Lust, den Verständnisvollen zu spielen. Sein junger Partner ist für diese Rolle besser geeignet.
»Gott sei Dank, dass Sie da sind«, sagt Zara, ohne von ihm abzulassen. »Ich hatte solche Angst. Die sind nach oben gegangen. Dann hab ich einen Schuss gehört. O Gott, ich glaube, Lewis ist tot.« Sie bricht wieder in Tränen aus und lehnt sich an Greig. Diesmal legt er ihr die Hand auf die Schulter.
»Okay, das wird schon wieder«, sagt er etwas schroff. »Wir sind ja jetzt da, keiner sonst.« Er dreht sich um und sieht den jüngeren Cop an. »Geh nach oben, aber sei vorsichtig.« Der junge Cop nickt und geht raus in den Flur.
Als Greig ihn die Treppe raufsteigen
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