Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter
Möglichkeit, sie zu erreichen. Fisher bleibt mitten im Büro stehen.
»Irgendwer holt mir jetzt sofort die Polizistin, die sich um Cope gekümmert hat.« Er ist besorgt. Für ihn ist sie eine Verdächtige. Sie hat ihn bei der Befragung mehrfach belogen, und jetzt hat er den Beweis. Sie verbirgt irgendwas, und er will rausfinden, was. Doch zuerst muss er wissen, wo sie ist.
32
Sein Handy klingelt in seiner Tasche. Er zieht es raus, blickt kurz aufs Display. Eine SMS von Shug Francis. Greig steckt das Handy wieder ein, ohne die Nachricht gelesen zu haben. Er steht vor einem Zeitschriftenladen und wartet darauf, dass sein Kollege mit einer Flasche Wasser rauskommt. Sie machen ihre Runde. Zur Beruhigung der Öffentlichkeit. Todlangweilig. Und ziemlich sinnlos. Dass man auf seiner Runde einen Verbrecher schnappt, kommt nur äußerst selten vor. Wenn man im Wagen sitzt, kommt die Meldung rein, und man ist viel schneller da. Hat bessere Chancen, Verbrecher auch wirklich zu schnappen. Auf seiner Runde zeigt man bloß nutzlose Präsenz und macht für die Öffentlichkeit ein nettes Gesicht.
Sein Kollege kommt raus, reicht ihm eine Flasche. Überraschend warmer Tag. Ein Samstagnachmittag, an dem jede Menge los ist. In den Läden herrscht viel Betrieb, da beruhigt es die Besitzer, wenn man sich mal kurz blicken lässt. In Wirklichkeit geht es darum, dass sie sich dann weniger beschweren. Die Straße lang, ohne viel zu sagen. Heute ist er nicht mit dem kleinen Matheson unterwegs. Greig muss mit einem älteren Polizisten zusammenarbeiten, was ihm sinnlos vorkommt. Ein zynischer Typ, offensichtlich gelangweilt von seinem Job. Scheint die Arbeit nicht besonders zu schätzen. Muss begreifen, dass es eine Berufung ist. Der bleibt bestimmt nicht mehr lange. Ist allerdings schon eine Weile dabei. Erstaunlich, wie lange manche Leute durchhalten.
Durch den Tag trotten. Heiß und öde. Nichts los. Keine großen Vorfälle, nichts Erwähnenswertes. Aber ein heißer Samstag, da dürfte auf die Nachtschicht eine Menge unangenehme Arbeit zukommen. Leute, die den ganzen Tag in der Hitze trinken. Die umkippen oder irgendwo runterstürzen. Die sich gegenseitig verprügeln. Männer, die Frauen beeindrucken wollen, indem sie sich gegenseitig grün und blau schlagen. Männer, die ihren Willen durchsetzen wollen und Frauen grün und blau schlagen. An so einem Abend gibt’s jede Menge üble Familiendramen. Greig hasst Familiendramen. Heikle Sache. Sollte man lieber meiden. Er ist froh, als sein Dienst vorbei ist und sie zum Revier zurückgehen können. Aus der Uniform in ein T-Shirt. Vielleicht noch was trinken, bevor er nach Hause fährt? Nee, besser heimfahren und die SMS lesen.
In die Wohnung. Er hat eine lockere Affäre, wirklich sehr locker. Hat schon ein paar Tage nicht mehr mit der Kleinen gesprochen. So laufen seine Beziehungen, und so gefällt’s ihm auch. War schon immer so. Er braucht seine Freiheit – die braucht doch jeder. Beziehungen gehen schief, wenn jemand den anderen in seiner Freiheit einschränkt. Er hat kein Verlangen zu heiraten oder Kinder zu kriegen. Er liebt den Job. Will das Leben genießen. Will es sich nicht verderben. Nicht von anderen verderben lassen. Na ja, das ist offenbar schwieriger. Bei diesem Gedanken zieht er sein Handy aus der Tasche und sieht sich die SMS an.
Komm vorbei, wenn du kannst.
Das ist alles. Harmlos, sollte man meinen. Aber Greig weiß es besser. Er weiß, dass ihn Shug nicht um einen Besuch bitten würde, wenn’s nicht dringend wäre. Greig soll vorbeikommen, sobald er die Nachricht erhalten hat. Er schreibt zurück.
Hab gerade meine Schicht beendet, soll ich trotzdem kommen?
Hoffentlich nicht. Vielleicht war es am Nachmittag dringend, ist jetzt aber nicht mehr wichtig. Am besten immer Abstand halten. Egal, wie gut man es hinkriegt – mit Leuten wie Shug sollte man nicht zu oft gesehen werden. Das Handy vibriert. Er öffnet die Nachricht. Da steht bloß
Ja
.
Er besucht Shug nicht gern. Niemanden aus dem Geschäft. Die sollten doch schlauer sein, als ihn zu sich zu bitten. Seine Beziehungen zu Leuten aus der Unterwelt sind wichtig. Sie helfen ihm, ein besserer Polizist zu sein. Fällt den Leuten schwer zu begreifen. Sie denken, dass ein Polizist sich nicht mit Gangstern einlassen darf. Stimmt nicht. Wenn man sie kennt, erfährt man eher, wer was laufen hat. Seine Beziehungen zu Berufsverbrechern haben ihm eine Fülle von Informationen eingebracht, die er oft genutzt hat. Diese
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