Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter
selbst wenn sie kein Unrecht begangen haben und wissen, dass sie hilfreich sein können. »Wahrscheinlich morgen. Irgendwann nach vier.«
Fisher vereinbart eine Uhrzeit. Aber eben erst für morgen. Und heute? Er muss die Polizistin finden, die sich um Cope gekümmert hat, und sie in den Arsch treten. Er war sich sicher, dass Cope angedeutet hatte, nicht in das Haus zurückkehren zu wollen. Sie hatte das Revier verlassen und war vom Radar verschwunden. Die unnütze Polizistin hatte gesagt, Cope hätte vor, in den nächsten Tagen in das Haus zurückzukehren. Schwachsinn! Jetzt muss er Cope suchen. Zeit, sie ein bisschen unter Druck zu setzen. Er muss sie erwischen, solange sie wegen der Sache noch Angst hat. Sie ist eine Lügnerin. Es geht nur noch darum, weshalb sie lügt. Noch keine Fortschritte bei der Identifizierung des jungen Mannes. Aber darum kümmert sich jemand. Fisher muss rausfinden, ob er im Geschäft ist. Ob er ein potentieller Auftragskiller ist.
Glück gehabt. Die Nachfragen bei ein paar Kontaktleuten, die in Hotels arbeiten, haben nichts ergeben, doch der erste Anruf bei einem Immobilienmakler war gleich ein Volltreffer. Hervorragend. Cope hat sich eine kleine Wohnung im Westend genommen. Hübsche Bleibe, Miete im Voraus. Dann hat sie also doch irgendwo ein bisschen Geld her. Kein Problem, sie zu finden. Endlich mal raus aus dem Revier. Die Gelegenheit, ein bisschen halbwegs frische Luft zu schnappen. Raus in die Stadt, auf die Straße, wo sich Polizeiarbeit eigentlich abspielen sollte. Als er in seinen Wagen steigt und losfährt, ist er wieder guter Dinge. Den Taxifahrer gefunden. Zara Cope gefunden. Zwei glückliche Fügungen, jetzt braucht er bloß noch eine dritte, um den jungen Mann zu kriegen. Und Zara kann ihnen dazu verhelfen.
Er findet die Wohnung mehr schlecht als recht. Versteckte, verbaute Gegend. Aber ein schönes Sträßchen. Kleine Wohnung, aber anständig genug, um dafür einen anständigen Preis verlangen zu können. Er klopft. Nichts. Er klingelt, wartet dreißig Sekunden. Wieder nichts. Also klopft er noch mal. Kein Laut, kein Anzeichen, dass jemand zu Hause ist. Das arme kleine Ding hat plötzlich doch Geld und auch Leute, an die es sich wenden kann. Aber keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Ist gefährlich. So was bringt gute Polizisten in Schwierigkeiten. Keine Spekulationen. Bei ihr klang es so, als würde sie Probleme haben, Hilfe zu finden, doch sie hat Familie und bestimmt ein paar Freunde. Bevor sie in den Club fuhren, war zumindest eine Freundin bei ihnen. Also könnte ihr durchaus jemand mit Geld aushelfen. Ihre Eltern sind noch am Leben und kümmern sich um ihr Kind. Dann ist da noch der Vater des Kindes. Nate Colgan. Anscheinend haben die beiden keinen Kontakt mehr. Schade. Fisher wäre es eine Freude, gegen Colgan was Konkretes in der Hand zu haben. Diesen üblen Scheißkerl hinter Gitter zu bringen, wo er hingehört. Irgendwann. Jetzt geht’s erst mal darum, Miss Cope ein bisschen auf die Probe zu stellen.
Er klopft an der Nachbarwohnung. Wartet dreißig Sekunden. Die Tür geht auf. Eine misstrauische alte Frau guckt raus. Ausgezeichnet, genau das, worauf er gehofft hat. Eine alte Klatschtante, die um alles einen Aufstand macht.
»Entschuldigung, gnädige Frau, mein Name ist Fisher, ich bin Detective bei der Polizei Strathclyde. Ich suche die junge Frau, die gerade erst nebenan eingezogen ist. Wissen Sie, ob sie zu Hause ist?«
»Nein, weiß ich nicht. Steckt sie in Schwierigkeiten?«, fragt sie, und ihre Augen weiten sich leicht. Ein kleiner Skandal. Ein schöner kleiner pikanter Skandal, von dem sie aller Welt erzählen kann.
»Nicht unbedingt, nein. Aber würden Sie mir einen Gefallen tun? Wenn Sie sie sehen, dann sagen Sie ihr doch bitte, dass ich da war.«
»Mach ich«, sagt die Alte, als Fisher sich umdreht und wieder die Treppe runtergeht.
Die alte Eule dürfte den Rest des Abends das Ohr an die Wohnungstür drücken und darauf warten, zu hören, wie ihre neue Nachbarin nach Hause kommt. Und bei der ersten Gelegenheit wird sie rauskommen und mit ihr reden. So erfährt Cope, dass man sie gefunden hat. Und dann dürfte es interessant sein zu sehen, wie sie darauf reagiert. Haut sie ab? Spürt sie den Atem der Polizei im Nacken und flieht aus der Wohnung? Das würde beweisen, dass sie einiges zu verbergen hat. Vielleicht bleibt sie aber auch und wartet ab, was als Nächstes passiert. Versucht sich rauszureden. Das tun solche Leute oft. Glauben, sie
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