Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter
entfernt geparkt. Geht durch den Nieselregen zu ihrem Treffpunkt. Ein Cop ruft dich an und sagt dir, dass er dich treffen will. Mitten in der Nacht. Ruft dich an, weil er dir was Wichtiges mitzuteilen hat. Der hat dich noch nie angerufen. Hat ewig gedauert, bis Young das klingelnde Handy fand. Young hat mehrere Handys, alle für verschiedene Leute. Er hat nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet das klingeln würde, das er für Joseph Higgins verwendet. Vielleicht hat der Cop beschlossen, alles seinen Vorgesetzten zu beichten. Young zu verpfeifen. Aber vielleicht hat er auch beschlossen, die Sache anders zu regeln. Wenn man jemanden in der Tasche hat, versucht er manchmal, sich zu befreien. Sogar ein Cop kann gefährlich werden.
Zur Haustür rein und die Treppe rauf. An der Wohnungstür. Schlüssel ins Schloss. Drinnen schummriges Licht, im Wohnzimmer am Ende des Flurs brennt eine Lampe. Den Flur langgehen. Higgins sitzt allein in einem Sessel und wirkt nervös.
»Hallo, Joseph, wie geht’s?«, fragt Young und setzt sich ihm gegenüber. Bemüht sich, entspannt zu klingen. Dem Jungen die Befangenheit zu nehmen, denn er ist offenbar nervös. Andererseits ist er in dieser Wohnung immer nervös. Still und ein bisschen trübsinnig. Der Versuch, ihn lockerer zu machen, ist nichts Neues.
»Alles okay«, sagt Higgins, klingt aber nicht überzeugend.
Er räuspert sich, als würde er sich auf was wirklich Wichtiges vorbereiten. Sollte besser was Gutes sein, junger Mann. Für das sich der ganze Stress lohnt.
»Ich dachte, du willst vielleicht wissen, dass wir im Zusammenhang mit Lewis Winters Tod jemanden verhaftet haben.«
Schock. Ach du Scheiße! Calum. Er ist ein guter Junge, er wird nicht reden. Ein großer Verlust. Scheiße nochmal!
»Der Mann heißt Macintosh. Stewart Macintosh. Aber er scheint nicht an dem Mord selbst beteiligt gewesen zu sein. Er stand zwar unter Verdacht, seit der Vernehmung aber nicht mehr. Er war da, als es passierte, aber nicht als Täter. Hatte anscheinend Sex mit Zara Cope, während Lewis Winter oben schlief. Die werden auch Cope verhaften, weil sie Geld und Drogen versteckt hat, die sich im Haus befanden.«
Erleichterung. Große Erleichterung. Mit Calum ist alles in Ordnung. Bei dem Auftrag lief alles glatt. Sie verhaften Leute am Rande des Geschehens. Das ist normalerweise ein gutes Zeichen, denn es heißt, dass sie vom Mord selbst abgelenkt sind.
»Was ist mit dem Mörder? Gibt’s da was Neues?«
Higgins schüttelt den Kopf. »Sie haben nichts. Die Täter scheinen echt professionell vorgegangen zu sein. Im Moment gibt’s keinen Anhaltspunkt.« Er hält inne. Ist sich nicht sicher, ob das der richtige Augenblick ist. Aber wenn nicht jetzt, wann dann? »Ich hab DI Fisher – der leitet die Ermittlungen – darauf hingewiesen, dass es sich lohnen könnte, Shug Francis mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich war vorsichtig. Hab behauptet, ich hätte den Tipp von einem Verbindungsmann, dem ich nicht sonderlich traue.« Er wartet. Will sehen, wie Young reagiert. Ein Kopfnicken. Nicht wütend. Was für eine Erleichterung.
Young weiß nicht genau, wie er reagieren soll. Ist es noch zu früh, die Polizei auf Shug anzusetzen? Nein, auf keinen Fall. Deshalb hat er doch von ihm angefangen. Er muss sie auf Shug aufmerksam machen. Muss erreichen, dass ihnen der Scheißkerl lästig wird. Der Junge hat seine Sache gut gemacht.
»Ich bin froh, dass du seinen Namen ins Spiel gebracht hast. Der Polizei muss klarwerden, dass Shug Francis eine wachsende Bedrohung ist. Ich glaube, der Mann wird ein echt großes Problem für diese Stadt. Hoffentlich kannst du mit deinen Kollegen was dagegen unternehmen.«
»Wir behalten ihn im Auge«, sagt Higgins, »das ist doch schon mal was.«
»Und was ist mit dir, Joseph, wie läuft’s bei dir so?« Zeit, nett und höflich zu sein. Ihm Wertschätzung und Interesse zu zeigen.
»Bei mir läuft’s ganz gut«, antwortet Higgins nickend. Irgendwas in seinem Ton deutet darauf hin, dass er befürchtet, es wird nicht lange so bleiben. »Aber manchmal ist es eine Herausforderung, sich um meine Familie zu kümmern.« Er lächelt, doch es ist klar, was er damit andeuten will.
»Joseph, wenn deine Familie meine Hilfe braucht, musst du mir einfach Bescheid sagen. Sag mir einfach, was anliegt, dann kümmere ich mich drum. Ich will dir helfen. Du warst mir eine Hilfe, also ist das doch nur fair.«
Higgins nickt und sagt, dass im Moment nichts anliegt. In Ordnung. Er
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