Der unwiderstehliche Mr Sinclair
Streifen?”
“Das kommt darauf an, wohin du willst”, erwiderte Taylor gedankenverloren und ließ sich auf die Couch fallen.
Clem schlenderte durchs Zimmer und stellte sich vor seinen Sohn.
“Ich habe mir eine bezaubernde Lady namens Mary Alice zum Essen eingeladen”, verkündete er und strahlte dabei über das ganze Gesicht.
Ruckartig fuhr Taylor hoch und riss die Augen auf. “Du hast was?” fragte er entgeistert.
“Du hast mich gehört. Welches Hemd?”
“Vergiss die verdammten Hemden”, knurrte Taylor und stand auf. “Hast du jetzt völlig den Verstand verloren? Dad, was fällt dir ein? Als ich dir geraten habe, dir eine Freizeitbeschäftigung zu suchen, meinte ich damit alles Mögliche… aber ganz bestimmt nicht Frauen, verdammt noch mal.”
“Nicht Frauen, Mehrzahl. Eine Frau”, erwiderte Clem ruhig.
“Mary Alice, um genau zu sein. Ich habe sie auf dem Shuffleboard-Platz hier in der Anlage getroffen. Sie ist in meinem Alter, eine Witwe, sehr hübsch, intelligent und hat einen tollen Sinn für Humor. Wir gehen zusammen Fisch und Pommes essen.”
“Nein, das werdet ihr nicht”, sagte Taylor und fuhr mit der Hand durch die Luft, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.
“Würdest du bitte darauf verzichten, mich anzuschreien?”
entgegnete Clem gelassen. “Du meine Güte, Taylor, was ist los mit dir? Ich dachte, du würdest dich mit mir freuen. Du hast mir doch selbst gesagt, ich soll endlich aufhören, in meinem Selbstmitleid zu ertrinken, und statt dessen mein neues Leben genießen.”
“Damit habe ich doch nicht gemeint, dass du dich mit einer Frau einlassen sollst!”
“Du schreist immer noch, Taylor”, sagte Clem mit gerunzelter Stirn.
“Natürlich schreie ich”, erwiderte Taylor. “Dad, bitte, hör mir zu. Tu dir das nicht an, ja? Was, wenn du dich nun in diese Mary Wer-auch-immer verliebst?”
“Mary Alice. Sie heißt Mary Alice Winters.” Clem schmunzelte. “Das passt doch, findest du nicht auch? Ich habe sie im Winter meines Lebens kennen gelernt, und ihr Name ist Winters. Ach ja, die Vorsehung ist etwas Faszinierendes”, schwärmte er.
“Hast du mir nicht zugehört?” fuhr Taylor aufgebracht fort.
“Was ist, wenn du dich in sie verliebst? Willst du das alles wieder durchmachen? Hattest du nicht schon genug Leid und Schmerz in deinem Leben?”
Clem hängte die Hemden über die Rückenlehne eines Stuhls und setzte sich. “Nimm Platz, mein Sohn”, befahl er und zeigte auf die Couch. “Sofort.”
Taylor murmelte einen nicht druckreifen Fluch, gehorchte seinem Vater jedoch.
“Also dann”, begann Clem, während er die Hände vor der Brust verschränkte und die Ellbogen auf die Armlehnen stützte.
“Fangen wir noch mal von vorn an. Ganz in Ruhe, ja?” Er machte eine Pause. “Will ich das alles wieder durchmachen?
Was genau meinst du mit das alles?”
“Das Verlieren. Den Verlust”, antwortete Taylor leise und holte tief Luft, als würde das Thema ihm den Atem rauben. “Erst liebt man, dann verliert man. So läuft es doch, jedes verdammte Mal. Es ist unausweichlich, Dad”, sagte er beschwörend.
“Scheidung, Trennung, Tod. Egal, es endet doch immer.”
Er schüttelte den Kopf.
“Dad, du weißt das. Deine Ehefrau ist gestorben. Sie sollte in deinem wohlverdienten Ruhestand bei dir sein. Aber ist sie hier?
Verdammt, nein. Sie ist weg/Schon lange weg.”
“Mein Gott.” Clem legte die Hände auf die Knie und beugte sich vor. “Das ist es also, was? Deshalb hast du nie geheiratet.
Dass du eine altmodische Frau suchst, war nur Gerede … ein Knochen, den man einem Hund hinwirft, damit er etwas zu kauen hat. Du hast Angst vor der Liebe, Taylor. Angst, dich zu verlieben. Habe ich Recht, Taylor? Das ist es doch, nicht wahr?”
“Ja, das ist es”, gestand Taylor und wurde wieder lauter.
“Und zwar aus gutem Grund, findest du etwa nicht? Sieh dich doch um, Dad. Wach auf und schau genau hin. Wie viele glückliche Ehen gibt es denn hier in der Anlage? Wie viele Senioren verbringen ihren Lebensabend mit dem Partner, den sie einmal geheiratet haben?”
Clem ließ sich zurücksinken. “Oh, Taylor, was habe ich bei deiner Erziehung falsch gemacht? Du kannst unmöglich glauben, was du da von dir gibst, mein Junge.”
Betrübt schüttelte Taylors Vater den Kopf, “Worauf willst du eigentlich hinaus? Hätte ich deine Mutter nicht heiraten, nicht all die herrlichen Jahre mit ihr verbringen, dich nicht bekommen und kein wunderbares Leben haben
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