Der Unwillige Braeutigam
„Mach dir keine Sorgen, Liebes, mein Ehemann neigt nicht zu Gewalttätigkeit. Außerdem schätzt er Lord Creswell sehr, so wie wir alle.“
„Oh nein, ich meinte nicht …“
Missys perlendes Gelächter schnitt Elizabeths Protest ab. „Lass dir versichern, James wird genau wissen, wie er mit der Situation umgehen muss. Er ist ein überaus geschickter Schlichter. Jason und Jessica sind in seinen Händen formbar wie Ton“, erklärte sie, sprach dabei von ihren und James‘ zweijährigen Zwillingen.
Elizabeth lächelte leicht. Das konnte sie sich gut vorstellen. Der Earl hatte diese Wirkung auf andere.
„Aber ich möchte nicht, dass er gezwungen wird, mich zu heiraten, wenn er das gar nicht will.“
„Der Viscount kann sich sehr glücklich schätzen, wenn er dich zu seiner Frau machen darf.“
Jetzt wäre der richtige Augenblick, Missy von der alles andere als freundlichen Vergangenheit zu erzählen, die sie verband, aber nachdem sie die Hoffnung und Zuversicht in den Augen ihrer Cousine gesehen hatte, konnte Elizabeth sich nicht dazu durchringen, ihr heute Abend noch etwas Unerfreuliches zuzumuten. Vielleicht würde ihr ihre Zukunft, wenn der Morgen hell und klar anbrach, nicht mehr so elend und trüb erscheinen.
Der Morgen brachte einen grauen Himmel und Nieselregen. Derek störte sich wenig an dem düsteren Wetter, denn er hatte keine dringenden Pläne, die verlangten, dass er sein Haus heute Vormittag verließ.
Er nahm gerade das Frühstück im Speisezimmer ein, als er die Türklingel läuten hörte. Überrascht warf er einen Blick zu der Standuhr aus Kirschholz an der gegenüberliegenden Wand. Neun Uhr. Wie viele andere Mitglieder der guten Gesellschaft besaß er eine gut ausgestattete Wohnung in Mayfair, aber gewöhnlich empfing er Besucher nicht vor Mittag. Und am Sonntag sprach niemand vor.
Eine Minute später trat sein Diener ein und erkundigte sich, ob er für Lord Alex Cartwright und Lord Windmere zu sprechen sei.
Neugierig, aber nicht weiter beunruhigt wies er Paulson an, die Männer in den Empfangssalon zu geleiten.
Als er zehn Minuten später zu ihnen trat, lief Rutherford im Raum auf und ab. Cartwright stand vor dem Sprossenfenster, das fast die gesamte Wand einnahm, den Rücken zur Tür, die Hände tief in seine Hosentaschen geschoben und schaute in den kleinen Garten auf der Hinterseite des Gebäudes. Beide Männer drehten sich bei seinem Eintreten um.
Cartwrights grimmig verzogener Mund und Lord Windmeres ernste Miene verrieten Derek, dass es sich um keinen freundschaftlichen Besuch handelte.
„Guten Morgen, meine Herren. Ich kann an Ihren Gesichtern ablesen, dass Sie nicht aus Sehnsucht nach meiner Gesellschaft hergekommen sind.“ Derek lächelte in dem Versuch, die plötzliche Spannung im Raum zu lindern. Sicherlich war es, egal, wie die Nachricht lautete, nicht so schlimm.
Cartwright schüttelte den Kopf, eine Bewegung, in der unterdrückte Wut mitschwang. „Du konntest es einfach nicht lassen, was? Verdammt, Mann, warum konntest du sie nicht einfach in Ruhe lassen, besonders nachdem ich dir ausdrücklich gesagt hatte, dass sie nicht der Typ für eine Tändelei ist.“
Verdammte Hölle, sie wussten offenbar von dem Kuss. Aber wie? Seiner Einschätzung nach gehörte Miss Smith nicht zu den jungen Frauen, die sich umdrehten und sofort alles petzten, sobald er ihr den Rücken kehrte.
Während Derek noch nach der richtigen Antwort suchte, marschierte Rutherford zu ihm, die Schritte durch den dicken Teppich gedämpft. Er sah bedrohlich und sehr ernst aus. Er blieb vor ihm stehen.
Versuchte er ihn einzuschätzen? Er und Rutherford waren ungefähr gleich groß, einen Zoll über sechs Fuß, und besaßen einen ähnlichen Körperbau. In einem Kampf würde keiner von ihnen von vornherein im Vorteil sein.
„Sie müssen sie heiraten“, erklärte der Earl mit ausdrucksloser Stimme.
Was, zum Teufel, hatte sie ihnen erzählt?
„Sie verlangt, dass ich sie heirate, weil ich sie geküsst habe?“
„Deine Umarmung mit Miss Smith ist nicht unbeobachtet geblieben“, knurrte Cartwright praktisch hinter Rutherford hervor.
„Von wem wurden wir beobachtet?“ Derek würde nicht der Panik nachgeben, noch nicht. Die Dinge sahen vielleicht nicht wirklich rosig aus, aber sicher konnten sie noch nicht katastrophale Ausmaße angenommen haben.
„Gegenwärtig weiß Lady Danvers nicht, dass Sie es waren, der mit Miss Smith im Garten war“, erklärte Rutherford grimmig. „Trotz ihres
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