Der Unwillige Braeutigam
Lippen spielte und seine Mundwinkel hob.
Elizabeth war sogleich atemlos. Sie verspürte den Drang, sich ihre Handschuhe auszuziehen. In den vergangenen Minuten war es wirklich warm geworden.
„Und ich habe über dasselbe nachgedacht, allerdings bei Ihnen.“
Er hatte recht.
„Also verraten Sie mir, Miss Smith, wo kommen Sie her? Cartwright hat mir erzählt, dass Ihr Vater kürzlich Baronet geworden ist und dies Ihre erste Saison ist.“
Persönliche Fragen, so unausweichlich wie ihr nächster bebender Atemzug, aber wie viel konnte sie ihm verraten, ohne dass er die Wahrheit erriet? Das hier war ein wahres Minenfeld, und sie musste sich mit höchster Präzision bewegen. Ein falscher Schritt …
„Ich lebe in Wilton.“
Sie bewegten sich nur langsam, man konnte eigentlich nicht von gehen sprechen. Der breite Weg schlängelte sich zwischen hohen Weißdornbäumen und Rosskastanien hindurch. In einiger Entfernung waren Pärchen, Kinderlachen und aufgeregte Rufe erklangen, alle in ihrer eigenen abgeschlossenen Welt.
So wie sie auch. Wenigstens hatte es den Anschein.
„Wilton sagen Sie? Ich war ein oder zwei Mal dort.“ Er führte das nicht näher aus, und da sie fürchtete, eine weitere Verfolgung dieses Themas würde sie auf einen wesentlich gefährlicheren Weg führen als den, auf dem sie sich gerade befanden. Elizabeth war es zufrieden, es dabei zu belassen.
„Also, Miss Smith, verraten Sie mir bitte, warum Sie zugelassen haben, dass ich Sie küsse, wenn nicht, weil Sie hofften, sich dadurch eine günstige Ehe zu verschaffen?“
Er stellte die Frage so beiläufig, so unschuldig, als wüsste er nicht, dass die gute Gesellschaft auf einem Fundament aus Moralvorschriften und Förmlichkeit gegründet war. Sie hätte gekränkt sein müssen. Und sie wusste nicht, ob er sie nicht hatte beleidigen wollen. Heute war da etwas, etwas war anders – in seinem durchdringenden Blick, als mäße er sie wie ein Schneider seine Kunden, der genug Erfahrung besaß, um die Breite, Länge und Weite des Anzuges richtig zu schätzen.
Hatte er sie unvorbereitet erwischen wollen? Sie mit seiner schonungslosen Offenheit aufschrecken?
„Ich bin sicher, Sie kennen die Antwort darauf, oder? Sind Sie in letzter Zeit an einem Spiegel vorbei gegangen? Hat sich eine Frau noch nie von Ihrem guten Aussehen und Ihrem Charme zu Unvorsichtigkeiten verleiten lassen? Ich bin doch sicherlich nicht die Erste und ich bezweifle sehr, dass ich die Letzte sein werde. Allerdings werde ich bei meinem Ehemann keine Untreue dulden.“
Solche Unverschämtheit! Aber es war am besten, sie machte ihm ihre Erwartungen an eine Ehe von vornherein klar.
Seine schwarzen Brauen hoben sich langsam. Er blieb abrupt stehen, mitten auf dem Weg und beobachtete sie, als sei sie ein Rätsel, das er zu lösen versuchte. Und, gütiger Himmel, er tat das auf eine Weise, dass jedes Nervenende in ihrem Körper zitterte, als habe er es berührt.
Es war schwierig, sich seiner nicht bewusst zu sein, auf diese intuitive, grundlegende Weise, aber unter seinem bohrenden Blick steigerte sich das Gefühl nur noch. Ihr Korsett war eng geschnürt, ihre Röcke raschelten unter dem seidenen Ausgehkleid. Aber trotz des feinen Musselins und der Seide fühlte sie sich unter diesem Blick nackt. Entblößt.
„Wenn man Sie so ansieht, würde man nicht denken, dass Sie so … unverblümt sind.“ Er sprach leise, fast, als habe er versehentlich seine Gedanken laut geäußert. „Sind Sie bei allem so offen und direkt, frage ich mich.“
Es war nicht wirklich eine Frage, aber so wie er sie ansah, schien er mit einer Antwort zu rechnen.
„Ich nehme an, ja.“ War das ihre Stimme, so dünn und furchtsam? Halbwahrheiten hörten sich oft so an, nicht wahr?
„Und peinlich aufrichtig?“
Hätte er mit einem Pfeil auf sie geschossen, die Frage hätte sie nicht schmerzlicher treffen können. Aber sie ertrug es tapfer. Es würde eine Zeit kommen, für dieses besondere Geständnis. Hier und jetzt waren weder die Zeit noch der Ort.
„Ich würde mich so einschätzen.“ Was keine Lüge war. Bis zu diesem Punkt in ihrem Leben war sie immer ganz aufrichtig gewesen. Wie auch immer, sie hatte ihn nicht angelogen. Eine Auslassung war nicht das Gleiche wie eine Lüge.
Er begann wieder zu gehen, seine langen Beine steckten in feiner marineblauer Wolle und brachten ihn rasch vorwärts. Die unmerkliche Pause beim Gehen machte er ihr zuliebe, nahm sie an, damit sie ihn einholen konnte, was sie ohne
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