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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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ganze Stirn aus. Janusz blickte durch die Bögen des Aquädukts auf das Meer hinaus, als könnte er dort Linderung finden. Doch das funktionierte leider nicht. Im Gegenteil. Wolken zogen auf, und das Wasser wurde blauschwarz. Die silbrigen Wellen sahen aus wie zerbrochenes Glas. Seine Migräne schien die Landschaft zu vergiften.
    »Eben hast du mir gesagt«, fuhr er fort, während er sich die Schläfen massierte, »dass ich nicht hätte zurückkommen sollen. Wegen der Bullen.«
    »Genau.«
    »Wegen der Schlägerei? Aber das war doch eine alte Geschichte.«
    »Himmel, du wirst gesucht. Jetzt und hier. Gestern haben sie zwei Stadtviertel umgekrempelt. Zweimal bin ich ihnen begegnet. Man hat uns ausgefragt. Sie suchen dich, Jeannot, und zwar mit allen Mitteln.«
    Janusz verstand. Er hatte sich in seiner Verkleidung als Penner in Sicherheit gefühlt, aber in Wirklichkeit war es ein Wunder, dass die Polizei ihn noch nicht gefunden hatte. Anaïs hatte zur Jagd auf ihn geblasen, genau wie in Bordeaux. Er musste dringend seine Strategie ändern.
    »Weißt du, warum ich gesucht werde?«
    »Angeblich geht es um den Mord an einem Penner in Bordeaux. Jemand hat gehört, wie die Bullen mit den Sozialarbeitern gesprochen haben. Aber ich weiß, dass das ein Irrtum sein muss, Jeannot.« Shampoo nahm die Weinflasche und trank einen tiefen Schluck. »Immer sind wir die Opfer der Gesellschaft.«
    »In der Unterkunft hast du auch gesagt, ich hätte nicht zurückkommen sollen. Wegen dem ganzen Kram. Was meinst du mit Kram?«
    »Na, die Jungs aus Bougainville. Die vergessen nicht so schnell. Wenn die rauskriegen, dass du wieder da bist, suchen sie dich und geben dir den Rest.«
    Die Liste der Bedrohungen wurde immer länger. Die Bullen. Die Männer in Schwarz. Und jetzt auch noch irgendeine Gang von Asozialen. Er fühlte sich wie betäubt.
    »Aber das ist noch nicht alles«, fuhr Shampoo leiser fort.
    Janusz reckte den Hals, als erwartete er den Gnadenstoß.
    »Die Bullen in Marseille sehen eine Verbindung zu diesem anderen Mord.«
    »Was für einem anderen Mord?«
    »Dem im Dezember. Auch ein Penner. Er wurde halb verbrannt in einer Felsbucht gefunden. Damals dachte man, dass vielleicht jemand etwas gegen Clochards hat, aber danach kam nichts mehr. Es sei denn, der Mörder hat sich nach Bordeaux abgesetzt.«
    Janusz schlotterte. Vor lauter Kopfschmerzen konnte er kaum mehr richtig sehen.
    »Und warum soll es eine Verbindung zwischen den beiden Fällen geben?«
    »Bin ich etwa die Polizei?«
    Janusz atmete tief durch.
    »Weißt du, wann genau die Leiche entdeckt wurde?«
    »Mitte Dezember, soviel ich weiß.«
    »Wurde das Opfer identifiziert?«
    »Ja. Ein tschechischer Aussteiger. Ich kannte ihn nicht.«
    »Gehörte er zu den Leuten von Bougainville?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Weißt du, ob am Tatort Fingerabdrücke gefunden wurden?«
    »Du gehst mir auf den Keks mit deinen Fragen. Ich habe keine Ahnung.«
    »Was weißt du noch über diesen Mord? Denk mal nach.«
    Der Kahlkopf verzog das Gesicht. Janusz überlegte. Nun gab es offenbar schon zwei Leichen auf seinem Weg. Eine in Marseille, die andere in Bordeaux. Die Vermutungen verdichteten sich. Gedankenverloren schüttelte er den Kopf. Ich bin kein Mörder .
    »Also, was ist?«
    »Man hat den Typ in der Bucht von Sormiou gefunden. Ungefähr zwölf Kilometer Luftlinie von hier entfernt. Die Leiche war nackt und verkohlt. Angeblich ist er angeschwemmt worden, aber ich bin sicher, dass man ihn dort abgelegt hat.«
    »Und woher weiß man, dass er ermordet wurde?«
    »Weil alles aussah wie inszeniert.«
    »Inwiefern?«
    Shampoo lachte auf.
    »Der Kerl hatte Flügel.«
    »Was hatte er?«
    »Ich schwöre es. Er hatte verbrannte Flügel am Rücken. In der Zeitung stand etwas von einem abgestürzten Drachenflieger. Aber die Schreiberlinge haben keinen blassen Dunst. Wieso war er angekokelt, und warum sollte er nackt gewesen sein?«
    Janusz hörte schon längst nicht mehr zu. Ein Mörder mit einem ausgeprägten Hang zur griechischen Mythologie. Vor dem Minotaurus in Bordeaux hatte er in Marseille Ikarus getötet.
    »Trink einen Schluck«, sagte Shampoo und hielt ihm die Flasche hin. »Du bist kreidebleich.«
    »Schon gut, danke.«
    »Bist du auf Entzug?«
    Janusz blickte seinen Kumpel an.
    »Woher weißt du das alles?«
    Shampoo grinste und setzte die Flasche noch einmal an.
    »Ich habe eben meine Verbindungen.«
    Janusz packte ihn am Kragen und schüttelte ihn. Die Weinflasche rollte die

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