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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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fing Feuer. Er wich zurück, glitt auf einer Pfütze aus und fiel zu Boden. Sofort stand auch die Pfütze in Flammen. Der Mann schlug wild um sich wie eine Spinne mit glühenden Beinen.
    Chaplain stand auf und griff nach einem langen Pinsel, um seinem Gegner die Augen auszustechen. Als er sich jedoch auf den brennenden Mann stürzte, fühlte er sich an den Haaren gepackt.
    Das Nächste, was er spürte, war der eisige Lauf einer Pistole im Nacken.
    Ein bisschen Kühle konnte schließlich nicht schaden!
    »Der Spaß ist vorbei, Nono.«
    Die Deckenbeleuchtung wurde eingeschaltet und erhellte das verwüstete Atelier, in dem nicht nur die Spuren des Kampfes, sondern auch einer rücksichtslosen Durchsuchung zu erkennen waren. Jemand hatte im Loft das Unterste nach oben gekehrt. Chaplain erstarrte und betrachtete seinen ersten Angreifer, der vor ihm auf dem Boden lag. Der Mann brannte nicht mehr. Schwärzlicher Rauch stieg von seinen Gliedmaßen auf, wogte bis zur Decke und verbreitete einen grässlichen Gestank.
    Die Hand in seinen Haaren riss ihn herum und schob ihn zu einem der wenigen noch stehenden Barhocker. Endlich konnte Chaplain sich umdrehen und seinem Angreifer Nummer zwei in die Augen sehen.
    Es war ein noch recht junger Mann, dünn wie ein Aal, der fast in seiner braunen Fliegerjacke aus Leder versank. In der rechten Hand hielt er eine Automatikpistole. Sein Gesicht unter einem Wust fettigen Haars war fein geschnitten und hätte schön sein können, wären da nicht die schweren Aknenarben gewesen. Seine Mundwinkel wurden dadurch fast anormal nach oben gezogen; es sah aus, als würde er dauernd lächeln. Seine tiefliegenden Augen blinzelten ununterbrochen wie die einer Schlange oder einer Eidechse.
    »Schön, dich wiederzusehen.«
    Er hatte einen slawischen Akzent. Chaplain begriff, dass die beiden Jungs zu den Kunden gehören mussten, die er im Lauf des Tages angerufen hatte. Er brachte keine Antwort zustande, weil er am ganzen Körper zitterte.
    Der Mann mit den Reptilaugen sagte etwas zu dem anderen, der sich immer noch am Boden wälzte. Der Kerl zog seine Jacke aus, trampelte wütend darauf herum, ging zum Spülstein, hielt den Kopf unter kaltes Wasser und öffnete schließlich die Glastür des Ateliers.
    Man wusste sofort, wer hier der Chef war.
    »Wirklich schön, dich wiederzusehen.«
    Der ironische Unterton war nicht zu überhören. Chaplain fragte sich unwillkürlich, ob der junge Mann ihn im nächsten Moment erschießen würde – einfach so, aus Spaß an der Freude. Die Waffe, die auf ihn gerichtet war, erinnerte ihn an seine Glock. Sie hatte den gleichen kurzen Lauf, den gleichen eckigen Abzugsbügel und bestand aus demselben nicht metallischen Material. Er stellte fest, dass die Waffe unter dem Lauf über eine Schiene verfügte, an der man vermutlich ein Licht oder einen Laserpointer befestigen konnte. In was war er da hineingeraten?
    »Wie habt ihr mich gefunden?«, fragte er, um Zeit zu gewinnen.
    »Du Fehler gemacht. Du Amar von Festnetz angerufen. Nummer ist unterdrückt, aber für uns ist einfach, Adresse zu finden.«
    Der Mann sprach gebrochen und mit sanfter Stimme. Chaplain hatte nur ein einziges Mal vom Festnetz aus telefoniert, und zwar mit dem Slawen, der Yussef erwähnt hatte. Er war ziemlich sicher, dass genau dieser Yussef jetzt vor ihm stand. Und der andere, der ihn angegriffen hatte, war vermutlich Amar.
    Moslemische Vornamen. Möglicherweise handelte es sich bei den beiden um Bosnier.
    »Aber ihr kanntet meine Adresse doch nicht, oder?«
    »Nono immer sehr vorsichtig. Du anders geworden.« Seine sanfte Stimme wurde härter. »Wo du gewesen, Arschloch?«
    »Auf Reisen.«
    Der andere reagierte nicht. Sein Gesicht schien wie aus Stein gemeißelt. Die Aknenarben sahen aus wie von saurem Regen geätzte Löcher.
    »Wo?«
    »Das weiß ich nicht mehr. Ich habe mein Gedächtnis verloren.«
    Yussef stieß ein gurrendes Lachen aus. Seine Augenlider flatterten geradezu. Klick-klick-klick, wie der Sekundenzeiger eines Countdowns. Chaplain, der darauf hoffte, den Mann mit seinem Geschwätz in Schach halten zu können, redete weiter.
    »Ehrlich. Ich hatte einen Zusammenstoß.«
    »Mit den Bullen?«
    »Wenn es so wäre, stünde ich heute nicht hier vor dir.«
    »Außer du hast gesungen.«
    »Dann wärst du schon längst nicht mehr da und könntest mir nicht mehr zuhören.«
    Wieder lachte Yussef. Seine Körperhaltung war irgendwie merkwürdig. Zu gerade und zu steif, als hätte er Eisenstangen

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