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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Häuser wirken düster und abweisend. Die Karyatiden über den Toreinfahrten fixieren einen wie Wachen in Habachtstellung. Nur wenige Menschen sind zu sehen; in den Gebäuden befinden sich hauptsächlich Büros von Versicherungsgesellschaften, Notariate und Anwaltskanzleien.
    Seine Gedanken kehrten zu Anaïs zurück. Es war schön gewesen, sie wiederzusehen – ihren milchigen Teint, ihre dunkel brennenden Augen. Ihre eigentümliche Kraft, die sich dem Leben nicht zu unterwerfen schien, sondern ihm ihren glühenden Stempel aufzuprägen suchte. Liebte er sie? Weder in seinem Kopf noch in seinem Herzen war im Augenblick Platz für eine solche Frage. Er fühlte sich leer. Oder besser noch: voll mit Unbekanntem. Trotzdem verspürte er eine sanfte Wärme, wenn er an sie als seine Verbündete dachte.
    Der Taxifahrer hielt vor dem Haus in der Rue de Naples 64. Chaplain bezahlte und stieg aus.
    Das Haus war eine für dieses Viertel typische steinerne Festung mit Erkerfenstern in der dritten und vierten Etage. Natürlich kannte er den Eingangscode nicht. Die Straße war menschenleer. Er begann, vor dem Haus hin und her zu gehen.
    Nach etwa zehn Minuten traten endlich zwei Männer im Anzug aus der Toreinfahrt. Der vom langen Warten halb erfrorene Chaplain schlüpfte ins Innere des Hauses. Die gewölbte Eingangshalle öffnete sich links und rechts zu zwei Treppenfluchten. Am Ende der Halle blickte man auf einen Innenhof mit Bäumen und einem Springbrunnen hinaus, der sozusagen das Herzstück des Gebäudes darstellte. Chaplain wandte sich den Briefkästen zu.
    Medina Malaoui wohnte im dritten Stock, linker Treppenaufgang. Eine Gegensprechanlage existierte nicht. Er stieg zu Fuß hinauf. In der dritten Etage befanden sich zwei Wohnungstüren. Das Flurfenster bestand aus buntem Glas. Der an der Tür angebrachten Karte entnahm er, dass Medina Malaoui rechts wohnte.
    Er klingelte. Einmal. Zweimal. In der Wohnung rührte sich nichts. Medina war offenbar außer Haus. Oder ihr war etwas zugestoßen … Diesen Gedanken hatte er bisher ganz bewusst verdrängt, jetzt aber meldete er sich mit Macht zurück.
    Chaplain drehte sich um und beobachtete die Tür gegenüber. Ob ihn dort jemand durch den Spion ausspähte? Auf Zehenspitzen trat er an die Tür und lauschte. Auch hier war nichts zu hören.
    Weder rechts noch links war jemand zu Hause.
    Die Lösung lag in der Mitte.
    Chaplain öffnete das Flurfenster. Ein Sims, auf dem man sich problemlos fortbewegen konnte, verlief um das gesamte Stockwerk herum. Chaplain hatte sich erst vor wenigen Tagen am Hôtel-Dieu an einem solchen Sims entlangbewegt.
    Er zog sich in den Flur zurück und beobachtete einige Minuten lang die gegenüberliegenden Fassaden, die den Innenhof begrenzten. Hinter den Fenstern war keine Bewegung zu sehen. Alles blieb ruhig. Am späten Vormittag – es war 11.30 Uhr – herrschte in der Rue de Naples Nummer 64 eine Stille wie in einer Kirche.
    Er stieg über die Brüstung, betrat das Sims und hangelte sich an der Fassade entlang, wobei er dem drei Etagen unter ihm gelegenen Hof den Rücken zuwandte. Schon wenige Sekunden später erreichte er das erste Fenster von Medinas Wohnung. Ein kurzer, harter Schlag spaltete zwar die Scheibe, doch der Fensterkitt hielt sie an Ort und Stelle. Immer noch fürchtete Chaplain, dass ein unerwarteter Zeuge im Hof auftauchen könnte.
    Vorsichtig ließ er den Arm durch den Spalt im Glas gleiten und drehte den Griff. Hastig schlüpfte er durch die Gardinen, schloss das Fenster wieder und beobachtete die umliegenden Fassaden. Nichts hatte sich bewegt. Er zog die Vorhänge zu. Ende der Vorstellung!
    Sofort fiel ihm der staubige Geruch auf. Kein gutes Zeichen! Die Wohnung gehörte offenbar einer gut situierten Single-Frau. Ein großes Wohnzimmer, eine Hightechküche. Rechts zweigte ein Flur ab, der vermutlich zu einem oder zwei weiteren Zimmern führte. Die großzügig aufgeteilten Räume wirkten luftig und angenehm.
    Vor einem großen, an der Wand befestigten Flachbildschirm stand eine L-förmige Couch. Die Einrichtung war schick, teuer und raffiniert, aber so staubig, dass seine Sorge zurückkehrte. Langsam wird es beängstigend. Ich bin kurz davor auszuflippen . War der 29. August für Medina ein verhängnisvolles Datum gewesen?
    Auf einem Möbelstück stand das Foto einer Frau. Wie üblich weckte das Gesicht in ihm keinerlei Erinnerung. Sie war etwa dreißig Jahre alt und hatte dünnes blondes Haar. Ein slawischer Typ mit hohen

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