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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Baronin mit eigenen Weinbergen im Médoc. Seit dieser Begegnung trug Le Coz eine Rolex, fuhr einen Audi TT und bezahlte mit einer Infinite Black Card. Die Einbrecher konnte er damals zwar nicht dingfest machen, doch dafür hatte er seine große Liebe gefunden – ganz gleich, wie die Kollegen darüber dachten. Es war eine Liebe, die einen gewissen Komfort mit sich brachte, und mit umgekehrten Vorzeichen hätte die Geschichte vermutlich niemanden schockiert.
    Wieder klingelte das Handy. Dieses Mal war es Jaffar.
    »Wo bist du?«, wollte er wissen.
    »Auf dem Rückweg nach Bordeaux. Hast du etwas gefunden?«
    »Ja. Einen gewissen Raoul.«
    »Und wer soll das sein?«
    »Der Letzte, der mit Duruy vor seinem Tod gesprochen hat.«
    Anaïs spürte, wie ihr wieder Schweiß auf die Stirn trat. Wahrscheinlich das Fieber. Ohne das Lenkrad loszulassen, trank sie einen Schluck Sirup.
    »Schieß los.«
    »Raoul ist ein Penner, der meist unten am Fluss haust. Duruy besuchte ihn manchmal.«
    »Wann war er das letzte Mal bei ihm?«
    »Am Freitag, den 12. Februar, am späten Nachmittag.«
    Die mutmaßliche Mordnacht . Ein wichtiger Zeuge.
    »Raoul hat erzählt, dass Duruy an diesem Abend verabredet war.«
    »Mit wem?«
    »Mit einem Engel.«
    »Wie bitte?«
    »Originalzitat Raoul. Angeblich hat Duruy ihm genau das gesagt.«
    Anaïs war enttäuscht. Der Junge musste betrunken oder bekifft gewesen sein.
    »Hast du den Penner mitgenommen?«
    »Nicht zu uns, sondern in die Wache in der Rue Ducau.«
    »Warum dort?«
    »Weil es näher war. Er ist jetzt in der Ausnüchterungszelle.«
    »Um zehn Uhr morgens?«
    »Warte ab, bis du ihn siehst.«
    »Ich fahre nur rasch im Büro vorbei und komme dann gleich. Ich will ihn selbst verhören.«
    Als sie auflegte, keimte neue Hoffnung in ihr auf. Die mühselige Kleinarbeit würde irgendwann Resultate zeigen. Sie würde jeden noch so kleinen Fakt und jede Bewegung des Opfers rekonstruieren, bis sie zu seinem letzten Kontakt gelangte – der Begegnung mit seinem Mörder. Sie prüfte nach, ob sie die Bilder von Duruy erhalten hatte, und fand gleich mehrere erkennungsdienstliche Fotos vor. Der junge Punker sah nicht sehr umgänglich aus. Wirre schwarze Strähnen standen von seinem Kopf ab, die dunklen Augen hatte er mit Kajal umrandet. Schläfen, Nasenflügel und Mundwinkel waren gepierct. Duruy erschien ihr als eine merkwürdige Mischung, halb Punker, halb Goth – insgesamt jedenfalls ein hundertprozentig abgedrehter Typ.
    Sie war jetzt in der Stadt und fuhr am Fluss entlang. Über die Esplanade des Quiconces schien schon wieder die Sonne. Der vom Regen reingewaschene Himmel spannte sich in blendendem Blau über die noch feuchten Gebäude. Sie fuhr über den Cours Clemenceau, vermied das schicke Viertel Grands Hommes und verließ das Zentrum via Rue Judaïque. Sie brauchte nicht nachzudenken, um sich zu orientieren. Ihr Instinkt war besser als jedes Navi.
    In der Rue François de Surdis eilte sie in ihr Büro und checkte ihre Mails. Der hübsche Araber von der Spurensicherung hatte sich gemeldet. Sein Bericht enthielt einen echten Knüller: Auf dem Boden der Reparaturgrube hatte man Partikel einer Planktonart gefunden, die nur an der baskischen Küste vorkam. Das gleiche Plankton aber fand sich auch unter den Fingernägeln des Mannes ohne Gedächtnis in der Klinik Pierre-Janet.
    Anaïs wählte Dimouns Nummer. Sie hoffte noch mehr zu erfahren, doch der schöne Araber konnte ihr nur das wiederholen, was in seinem Bericht stand. Dann aber stellte er eine merkwürdige Frage.
    »Kennen Sie einen Psychiater namens Mathias Freire?«
    »Ja.«
    »Haben Sie ihn als Experten in Ihr Team berufen?«
    »Wir brauchen keinen Experten – wir haben ja nicht einmal einen Verdächtigen. Wieso?«
    »Der Mann hat mich gestern Abend angerufen.«
    »Und was wollte er?«
    »Er wollte die Resultate unserer Analyse erfahren.«
    »Welche? Die vom Leichenfundort?«
    »Nein, diejenigen der Spuren, die wir bei dem Mann ohne Gedächtnis entnommen haben.«
    »Haben Sie sie ihm gegeben?«
    »Er hat behauptet, in Ihrem Auftrag anzurufen.«
    »Haben Sie ihm gesagt, dass das gleiche Plankton auch in der Reparaturgrube war?«
    Dimoun antwortete nicht, was mindestens so viel aussagte wie ein Geständnis. Trotzdem ärgerte sich Anaïs weder über den Psychiater noch über den Techniker von der Spurensicherung. Jeder verfolgte sein eigenes Ziel und musste sehen, wie er zurechtkam.
    Sie wollte eben auflegen, als der Wissenschaftler

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