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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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prosteten einander zu und sahen sich dabei tief in die Augen.
    »Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist«, entschuldigte er sich. »Wollen Sie vielleicht etwas essen? Ich habe allerdings nicht viel im Haus und …«
    »Vergessen Sie’s. Ich wollte mit Ihnen feiern. Es gibt nämlich Neuigkeiten.«
    »Welcher Art?«
    »Es geht um die Ermittlungen.«
    »Wollen Sie mich nicht mehr in Gewahrsam nehmen?«
    Anaïs lächelte.
    »Ich war ziemlich wütend.«
    »Ich habe mich auch ganz schön unfair verhalten«, gab er zu. »Ich hätte Ihnen natürlich reinen Wein einschenken müssen, aber ich habe nur an meinen Patienten gedacht – an das, was mir für ihn die beste Lösung schien, verstehen Sie?« Er trank einen Schluck Cola. »Und nun zu Ihren Neuigkeiten.«
    »Zunächst einmal haben wir das Opfer identifiziert. Ein junger Aussteiger, der auf jedem Rock-Festival zu finden und obendrein heroinsüchtig war. Er kam regelmäßig nach Bordeaux. Sein Mörder hat ihn mit Dope von außergewöhnlicher Reinheit angelockt, und der Junge ist an dem Schuss gestorben. Der Mörder hat seinen Tod richtiggehend inszeniert – mit dem Stierkopf und so weiter.«
    Freire hörte aufmerksam zu.
    Jetzt ließ Anaïs die Bombe platzen.
    »Wir haben auch den Mörder identifiziert.«
    »Wie bitte?«
    Mit einer Geste dämpfte sie seine Erwartungen.
    »Sagen wir lieber mal so: Die Spurensicherung hat in der Grube Fingerabdrücke gefunden, die weder von unserem Opfer noch von Ihrem Cowboy stammen. Die zentrale Datenbank hat uns einen Namen dazu geliefert. Die Fingerabdrücke gehören einem Obdachlosen aus Marseille, der Victor Janusz heißt. Der Typ ist vor einigen Monaten nach einer Schlägerei festgenommen worden.«
    »Wissen Sie, wo er sich zurzeit aufhält?«
    »Noch nicht, aber wir haben ihn zur Fahndung ausgeschrieben. Ich bin sicher, dass wir ihn bald finden. Die Polizei von Marseille ist im Einsatz, und wir werden seiner Spur bis Bordeaux folgen. Auf diese Weise hat die Polizei schließlich auch den Serienmörder Francis Heaulme dingfest gemacht.«
    Freire schien enttäuscht. Er drehte seine Coladose in der Hand und betrachtete sich im silbrigen Metall des Deckels.
    »Was wissen Sie über den Mann?«, fragte er nach einer geraumen Zeit.
    »Nichts. Ich warte auf seine Akte, aber wir haben schon den ganzen Tag Probleme mit dem Computer. Der einzige wahre Feind der Polizeiarbeit ist heutzutage ein Virus.«
    Der Psychiater machte sich nicht die Mühe zu lächeln. Er blickte zu Anaïs auf.
    »Glauben Sie, dass die Inszenierung des Mordes zu einem Obdachlosen passt?«
    »Absolut nicht. Aber wir werden eine Erklärung finden. Vielleicht ist dieser Janusz nur ein Komplize.«
    »Oder ein Zeuge.«
    »Ein Zeuge, der selbst in die Grube gestiegen ist und überall seine Fingerabdrücke hinterlassen hat? Wir nennen so etwas erschwerende Umstände.«
    »Damit ist Patrick Bonfils aber vielleicht aus dem Schneider, oder?«
    »Langsam. Da ist immer noch diese Sache mit dem Plankton. Allerdings konzentrieren wir uns im Moment auf Janusz. Sobald ich Zeit habe, werde ich selbst nach Guéthary fahren und Ihren Schützling vernehmen. In jedem Fall sind wir auf dem richtigen Weg.«
    Freire lachte leise.
    »Das sind wirklich gute Nachrichten … für einen Bullen.«
    War da ein ironischer Unterton? Sie ging darüber hinweg:
    »Und bei Ihnen?«
    »Wie bei mir?«
    »Wie hat der Fischer reagiert?«
    »Nach und nach findet er sich in seiner wirklichen Identität zurecht. Er hat bereits vergessen, dass er versucht hat, ein anderer zu werden.«
    »Und was ist mit dem, was er in Saint-Jean gesehen hat?«
    Freire nickte müde.
    »Ich sagte Ihnen ja bereits: Diese Dinge sind das Letzte, dessen er sich erinnern wird. Falls er sich überhaupt je erinnert …«
    »Trotzdem muss ich ihn vernehmen.«
    »Aber Sie nehmen ihn nicht in Gewahrsam, oder?«
    »Das habe ich doch nur gesagt, um Sie zu beeindrucken.«
    »Polizisten verbreiten offenbar gern Angst und Schrecken. Es scheint ihrem Leben Sinn zu geben.«
    Anaïs hatte sich nicht geirrt: Er war ihr feindlich gesinnt. Wahrscheinlich einer dieser Linken, die die Spinnereien Michel Foucaults mit der Muttermilch eingesogen hatten. Und von einer Polizistin mit einer Glock im Halfter würde er sich kaum anbaggern lassen. Zwei Phallussymbole bei einem einzigen Paar – das war eines zu viel.
    Anaïs stellte die Coladose ab. Ihre Hoffnung, ihn verführen zu können, hatte sich in Wohlgefallen aufgelöst. Sie spielten einfach nicht in der

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