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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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einzigen Straßensperre gesichtet worden, und kein Polizist hatte auch nur die winzigste Spur von Mathias Freire entdeckt. Ein Reinfall auf der ganzen Linie.
    Anaïs wusste so gut wie sicher, dass Freire längst über alle Berge war. Zumindest hoffte sie es zutiefst. Sie hatte nicht die geringste Lust, ihn zu erwischen. Viel wichtiger war, Licht in den Fall in seiner Gesamtheit zu bringen. Freire war nur ein einzelnes Rädchen im großen Getriebe, und es gab andere Spuren, die zu verfolgen sich wahrscheinlich lohnte. Anaïs hatte es eilig, damit zu beginnen. Morgen würde sie in aller Frühe nach Guéthary fahren, um mit dem Mann ohne Gedächtnis zu sprechen.
    Um 18.50 Uhr beschloss Anaïs, dass es keinen Sinn machte, mit Wut im Bauch im Büro zu sitzen. Sie stieg in ihr Auto, schaltete Blaulicht und Sirene ein und fuhr auf dem kürzesten Weg ins Viertel Fleming. Selten hatte man in Bordeaux so viele Polizeiautos und Uniformierte gesehen. Danke, Janusz .
    Anaïs bremste. Sie war angekommen. Überall Polizei. Blaulichter blinkten. Alle waren im Einsatz.
    Sie zog den Zündschlüssel ab und stellte sich vor, wie die Polizei in dem leeren Haus das Unterste zuoberst kehrte. Dieses Haus, in dem sie noch am Abend zuvor mit einem verführerischen Mann bei einem Glas Wein zusammengesessen hatte. Ihr war, als würde man auf ihren Erinnerungen herumtrampeln.
    Die Polizisten erkannten sie und ließen sie ins Haus. Die Techniker von der Spurensicherung machten sich in allen Räumen zu schaffen. Zwischen den weiß gekleideten, gespenstischen Gestalten tauchte mit einem Mal Le Coz auf und reichte ihr ein Paar Überschuhe.
    »Willst du die nicht lieber anziehen?«
    »Ach, das geht schon so.«
    »Aber wenn wir nun Indizien finden?«
    »Spinnst du? Hier gibt es bestimmt nichts für uns.«
    Le Coz nickte stumm. Anaïs streifte sich ein Paar Latexhandschuhe über. Der Kommissar eilte sich, ihr beizupflichten:
    »Du hast natürlich recht. Der Kerl ist ein Phantom. Die Umzugskartons sind samt und sonders leer. Wir haben weder Papiere noch persönliche Dinge gefunden.«
    Ohne ihm zu antworten ging sie in die Küche. Der Raum war nicht nur sauber, sondern geradezu makellos. Offenbar hatte Freire nie zu Hause gegessen. Sie öffnete die Schränke und fand Teller, Bestecke und Töpfe vor, aber nichts zu essen. Auf einem Regal standen Teedosen. Auch im Kühlschrank herrschte gähnende Leere, bis auf die angebrochene Weinflasche. So ein Spinner. Ein Bordeaux im Kühlschrank …
    Sie hörte, wie jemand durch das Haus rannte. Anaïs ging dem Lärm entgegen. Es war Conante, der völlig außer Atem auf sie zulief.
    »Habt ihr ihn gefunden?«, fragte sie sofort.
    »Das nicht, aber wir haben ein Riesenproblem.«
    »Und zwar?«
    »Der Typ vom Bahnhof Saint-Jean. Der Kerl, der das Gedächtnis verloren hatte. Patrick Bonfils. Er ist heute Morgen am Strand von Guéthary abgeknallt worden. Samt seiner Tussi.«
    »Was?«
    »Ich schwöre es. Beide über den Haufen geballert. Die Bullen aus Biarritz melden sich bei dir.«
    Anaïs ging in die Küche zurück und lehnte sich an die Spüle. Wieder ein Anhaltspunkt, der möglicherweise auf eine andere Ebene des Falls verwies.
    »Aber das ist nicht das einzige Problem«, fuhr Conante fort.
    »Wir haben den fahrbaren Untersatz des Psychofritzen gefunden. Er war auf dem Weg zum Strand geparkt. Der Seelenklempner muss bei der Schießerei dabei gewesen sein, denn die Karre ist total durchlöchert … Bist du okay?«
    Anaïs hatte sich umgedreht, den Kopf in die Spüle gesteckt, sich eiskaltes Wasser über das Gesicht laufen lassen und getrunken. Der ganze Raum schien sich zu drehen. Alles Blut war ihr aus dem Kopf gewichen. Sie fürchtete, ohnmächtig zu werden.
    »Freire«, murmelte sie mit den Lippen am Wasserhahn, »in was hast du dich da hineingeritten?«

M arseille Saint-Charles. 6.30 Uhr.
Entgegen seinen Erwartungen fühlte Freire sich ausgeruht. Von Bordeaux bis Agen hatte er wie ein Stein geschlafen, ebenso von Agen bis Toulouse. Während der Wartezeit am Bahnhof Toulouse-Matabiau hatte er gedöst und dann im Liegewagen nach Marseille noch einmal fest geschlafen. Er fühlte sich nicht wie auf der Flucht, sondern wie bei einer Schlafkur. Aber genau genommen war auch das eine Flucht. Eine Flucht ins Unbewusste.
    Langsam glitt das Bahnhofsgebäude vor den Zugfenstern vorbei. In der Nacht musste es sehr kalt gewesen sein, denn auf den Schwellen zwischen den Gleisen hatte sich Raureif gebildet. Freire fragte sich,

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