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Der Utofant

Der Utofant

Titel: Der Utofant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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Man kann ihm keine Fragen stellen, die es nicht im Programm hat, es kommt jedoch von selbst darauf: Als Reiseleiter bediente man sich zu jener Zeit noch biologischer Strukturen, die sich für die Belange der Gäste des Hotels einsetzen und auf das Wohlergehen der Gäste außerhalb des Hauses bedacht sein sollten. Sie waren ängstlich darum bemüht, sämtliche Gäste vollzählig in den Aero-plan zurückzustopfen, sobald der Aufenthalt am LITUS AUREUM beendet war. Sie hätten ständig ihre Schutzbefohlenen gezählt. Tatsächlich, unter Glas ein Fetzen aus einem privaten Reiseleitertagebuch: Ich zähle sie sogar im Traum, und jedesmal fehlt einer. Dann schrecke ich empor, ich schwanke halbnackt durch das Hotel, an jedem Zimmer horche ich, ob Atemzüge kommen und ob zwei Atmer sie aussenden, drei oder nur noch ei ner. Manchmal kann ich mich nicht beherrschen, und ich taumle mit der Liste durchs ganze Stockwerk, ich hake jeden ab. Ich schlafe ein, und wieder träume ich, daß einer fehlt .
    Das Ei warnt uns, den Nebenraum, die frühere Küche, zu betreten, wenn unsere Nerven nicht stabil sind. Der Internationale Fitness-Ausweis, zumindest erste Stufe, sei Vorbedingung.
    Tatsächlich sitzt dort hinter einem Vorhang bläulich angestrahlt, mumifiziert, der letzte Reiseleiter biologischer Struktur, um ihn versammelt drei Touristen, stark eingeschrumpft. VOM SANDSTURM ÜBERRASCHT. Zu welchem Zweck die Versammlung tagte, ob sie politischer, erholungstechnischer oder nur freizeitfüllender Natur gewesen ist, läßt sich nicht mehr feststellen. Der lederbraune Reiseleiter trägt guterhaltene Reste einer Jeans-Hosenart und eines offenen, weiß gewesenen Hemds, am Handgelenk den damals üblichen Zeitzeiger, der, wenn man ihn beklopft, noch heute läuft.
    Das Ei hat sich inzwischen abgekühlt. Man fröstelt im Museum des Hotels AUREOLE, doch muß auf jene Teilnehmer gewartet werden, die auf den Meeresboden hinabgetaucht sind, um dort die erste Reihe der antiken Stätten zu besichtigen. So zieht man Ansichtskarten, Nachdrucke der antiken Karten aus den Souvenirbehältern, erwirbt antike Flaschen aus grünem, braunem, weißem Glas, Nachbildungen, getreu bis auf das eingepreßte Zeichen 0,71, auch Nachbildungen von nachgebildeten Amphoren, den Souvenirs der Vorfahren.
    Beladen mit alten Flaschen, läßt man sich von der Gleittreppe zum letzten Ausblick führen. Die Kette der mächtigen Hostonomie-Ruinen von LITUS AUREUM wird schon vom Abendlicht vergoldet, wie unser Ei bemerkt. Wir sollten uns in unsere Hotels begeben. Per Sandflitzer sei es nur eine Fahrt von wenigen Minuten. Ja, schließt das Ei, sie waren damals schon erstaunlich weit, wenn man von einigen Zurückgebliebenheiten absieht, die sie historisch noch nicht überwinden konnten. Wir werfen aus dem Flitzer einen Blick zurück. Oder ist es ein Blick nach vorn? Das Lochmuster der Fenster funkelt, die Sonne bricht sich in den Scheiben, wir steuern auf die gewaltige Kette der angehäuften, aufgereihten Steinkörper zu. Ja, es sind unsere Hotels, hostonomische Zeugen unserer Epoche. Der Mosaikboden in der Eingangshalle ist glatt und kühl, die Zimmerschlüssel an numerierten Kugeln hängen am Hakenbrett.
    Wir zeigen unsere Ausweise. Der Lift schießt unberechenbar davon. Der Toilettendeckel im Appartement ist, wie ein Spruchband aus Papier beteuert, DESINFIZIERT, und den Balkon mit den nur spärlichen und viel zu kurzen Stäben betritt man besser nicht.

    Hintergründe der Himmelfahrt
    Professor Ottencotts

    Als Odo Ottencott dem Welt-Funerologenkongreß vorschlug, die Aufbewahrung der Reststrukturen dahingeschiedener Erdbewohner auf höheres Niveau zu heben, traf er auf vornehme, doch deutliche Zurückhaltung. Glaubte er Ironie und sogar Hohn zu spüren, als er, blaß und mit heiserer Stimme, die Pyramiden Ägyptens als Zeugen einer geschichtlichen Epoche hoher Kultur herbeizitierte, wogegen die gerade laufende Epoche nichts Gleichwertiges vorzuweisen hätte? Die Pyramiden seien das Äußerste gewesen, was die Gesellschaft damals technisch und wissenschaftlich aufzubieten vermocht habe. Wir aber, rief Ottencott, obwohl wir doch den Mond beflogen haben, hinken bestattungsmäßig weit hinter den antiken Ägyptern her. Dies wird sich rächen. Denn wie man seine Toten bestattet, so ist auch die Kulturstufe, auf der man sich befindet.

    Investitor Nox war von Anfang an skeptisch

    Ottencott zitterte vor Wut, als ein Bestattungswissenschaftler nach dem anderen das Podium bestieg und

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