Der Väter Fluch
Webster, Martinez und ich die beiden vor ein paar Monaten befragten.« Wanda zuckte mit den Achseln. »Aber du weißt ja, wie junge Mädchen sind. Sie lassen sich leicht mitreißen. Vielleicht war es genau so... sie hat sich einfach von Holt und der ganzen HVR- Bewegung mitreißen lassen. Also hoffe ich mal, dass sie dazugehört. Denn falls nicht - im Gegensatz zu Holt -, wäre das gar nicht gut. Wir wollen schließlich nicht, dass sie Opfer Nummer vier...«
»Fünf«, korrigierte Decker sie. »Vergiss Ernesto nicht.«
»Gott, ist das schrecklich!« Marge war wirklich erschüttert. »Wie viele Leichen muss es noch geben, bis wir diesen Fall gelöst haben?«
»Wir tragen jedenfalls nicht zur Verbesserung der Verbrechensstatistik von L. A. bei, so viel ist mal sicher«, sagte Oliver.
Decker machte sich nicht die Mühe, ihn zu rügen. Scotts flapsiger Ton war seine Methode, mit den Gräueltaten umzugehen. Plötzlich schien die Temperatur in seinem winzigen Büro um einige Grade zu fallen.
Oliver tupfte seine Augenbraue mit einem Papiertuch ab. »Fühlt sich kühler an.«
»Ich glaub, die Klimaanlage ist endlich angesprungen.«
Marge war schlecht gelaunt. »Schön zu wissen, dass wenigstens etwas läuft.«
»Ihr zwei fahrt jetzt besser mal los. Ich möchte, dass ihr jede einzelne Akte durchgeht, so lange, bis wir was finden.«
Eine weitere Nachtschicht. »Können wir zum Abendessen eine Pause einlegen?«, fragte Oliver.
»Ihr könnt euch was zum Essen holen und dafür eine Quittung geben lassen«, erwiderte Decker. »Sobald Webster und Martinez mit Tarpin fertig sind, kommen sie zu euch rüber und helfen euch. Wanda, Sie suchen weiterhin nach Holt und Kershan. Sehen Sie sich auch noch mal die Telefon- und Bankunterlagen der Bald- wins an. Vielleicht fällt Ihnen ja was auf.«
»Ja, Sir.«
»Tom meinte, dass Tarpins Leiche vor etwa zwanzig Minuten abgeholt wurde. Ich werde den Pathologen bearbeiten, dass er sofort mit der Autopsie anfängt... oder zumindest die Kugel rausholt und in die Ballistik schickt.« Decker erhob sich und streckte seinen Rücken, bis er sich zu seiner vollen Größe von einem Meter neunzig aufgerichtet hatte. »Ich muss mich unbedingt frisch machen. Ich will bei der Beerdigung nicht stinken wie ein Iltis.« Er schüttelte den Kopf. »Obwohl es wahrscheinlich eh keiner merkt.«
27
Nachdem sie den Parkplatz verlassen hatten, fuhr Marge in Richtung Osten, bis sie auf die 405 South stießen und sich ihrem Ziel zuwandten, den Praxisräumen der Baldwins in Beverly Hills. Mit einer schnellen Lösung dieses Falls war nicht mehr zu rechnen; sie hatten nicht mal einen Verdächtigen. Um ihre Enttäuschung zu verarbeiten, konzentrierte sie sich auf den Verkehr. Oliver war ungewöhnlich still und beschäftigte sich mit der Lektüre der gemeldeten Vorkommnisse, die über den Monitor des Wagens flackerten.
Zwanzig Minuten später räusperte sich Oliver, leicht erschreckt über den Klang seiner Stimme, nachdem er so lange geschwiegen hatte: »In Brentwood gibt's einen heftigen Familienstreit.«
»Wir sind weit weg von Brentwood.«
»Ich hatte nicht vor, dahin zu fahren.«
»Warum erwähnst du es dann?«
»Weil ich mich frage, worüber die Reichen sich streiten.«
»Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Doch, mein absoluter Ernst.«
»Scotty, sieh dir doch nur mal deine eigene Scheidung an.«
»Meine Seitensprünge waren eine Flucht vor den ständigen Nörgeleien meiner Ex über das Thema Geld! Ich mag vielleicht im Bett keine Kanone gewesen sein, aber ich hab nicht rücksichtslos Geld zum Fenster rausgeworfen. Wenn ich reich gewesen wäre, wäre alles ganz anders gekommen.«
»Glaubst du das wirklich? Ich wette, ihr hättet euch darüber gestritten, wofür ihr das Geld ausgebt.«
Das konnte Oliver nicht leugnen. Sie hatte wahrscheinlich Recht. »Diesem Problem hätte ich mich gern gestellt.«
Marge warf ihm einen mitleidigen Blick zu. Obwohl Oliver sich mit seinen üblichen jungen Blondchen traf, ging ihm die junge Mrs. Decker nicht aus dem Kopf. Cindy hatte ihm einen schweren Schlag versetzt, von dem er sich erst noch erholen musste. Er rutschte auf seinem Sitz hin und her, ein verärgerter und besorgter Mann. Das bedeutete, dass er Dinge ernst nahm. Und das bedeutete, dass er seine Arbeit gut machen würde.
»Was meinen Sie damit, Sie wollen alle Akten durchsehen?« Maryam Estes blockierte die Tür mit ihren dünnen, braun gebrannten Armen, an denen bis zum Oberarm hinauf dutzende von
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