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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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einfach, wenn Sie etwas Ungewöhnliches finden.«
    »Und wonach suche ich?«
    »Wenn Sie es sehen, werden Sie es wissen.«
    Decker hatte widerwärtige Fotos von Opfern der Konzentrationslager erwartet. Doch was Jaime Dahl aus dem Rucksack hervorzog, war ein silberner Kidduschkelch.

6
    Der Kelch fiel sofort ins Auge - eine glatte Metallfläche zwischen Büchern und Heften. Decker sah den jungen Mann an. Ernesto Golding trug Khakihosen und ein weißes Hemd. Er hatte einen durchdringenden Blick, ein gut geschnittenes Gesicht, eine breite Stirn und Arme wie ein Gewichtheber. Ernesto Golding sah nicht aus wie ein Verbrecher. Er sah aus wie ein muskulöser Teenager, der Besseres im Sinn hatte als Juden zu töten. Decker zog ein Taschentuch aus seiner Jacke, umfasste damit den Kidduschkelch und hob ihn hoch. »Wo hast du das her?«
    Der Junge kreuzte die Arme über der Brust.
    »Das ist ein Familienerbstück.«
    »Und warum bringst du ein Familienerbstück mit in die Schule?«
    Im Gesichtsausdruck des Teenagers mischten sich Angst und Aufsässigkeit. »Für ein Referat, Sir.«
    Ich wette, du hast hier schon jede Menge referiert, dachte Decker. Dann sagte Jaime laut: »Was geht hier vor?«
    »Das versuche ich gerade herauszufinden«, antwortete Decker, ohne dabei den Blick von seiner Beute abzuwenden. »Der Kelch hat eine Aufschrift in hebräischer Sprache. Siehst du?« Er zeigte Golding die Worte. »Es ist einfaches Hebräisch. Lies es mir mal vor.«
    »Ich kann kein Hebräisch...«
    »Aber du hast doch behauptet, es wäre ein Familienerbstück.«
    »Meine Familie ist jüdischer Abstammung. Aber das muss nicht heißen, dass ich Hebräisch spreche. Es ist so, als ob Sie annehmen würden, dass jeder Italiener Latein kann.«
    Decker war sprachlos. »Deine Familie ist jüdisch?«
    »Nein, meine Familie ist nicht jüdisch. Wir sind Humanisten, deren Vorfahren der jüdischen Rasse entstammen.«
    Die jüdische Rasse - ein typisches Nazi-Schlagwort.
    »Ich möchte mich nicht gern wiederholen«, warf Jaime erneut ein, »aber was geht hier vor?«
    »Haben Sie heute Morgen die Nachrichten verfolgt, Dr. Dahl?«, fragte Decker. »Natürlich.«
    »Dann müssten Sie eigentlich wissen, dass eine Synagoge in der Stadt aufgebrochen und verwüstet wurde. Ich bin dort gewesen. Der größte Teil der Schäden ist unangenehm, kann aber repariert werden. Bei dem Einbruch wurde nur ein Gegenstand gestohlen -und das war ein silberner Kidduschkelch.«
    Jaime schaute zunächst Ernesto, dann Decker an, der den Kelch noch in der Hand hielt.
    »Auf diesem Familienerbstück sind die Worte >Bet Yosef< eingraviert. Das ist der Name der verwüsteten Synagoge.«
    »Es ist ein Familienerbstück«, beharrte Ernesto seelenruhig. »Wir erstellen eine Familienchronik. Einen Stammbaum. Dr. Dahl weiß von diesem Referat. Das stimmt doch? Es ist für den Leistungskurs Staatsbürgerkunde. Sagen Sie es ihm, Doktor.«
    »Es sind tatsächlich Referate über Familienstammbäume in Staatsbürgerkunde vergeben worden - bei Dr. Ramparts.«
    »Genau. Dritte Stunde.« Ernesto rieb sich mit dem Handrücken über die Nase. »Ich habe es extra mitgebracht, um die Vergangenheit meiner Familie anschaulicher zu machen und um Dr. Ramparts ein besonders... authentisches Gefühl für meine Abstammung vermitteln zu können. Ich bin sicher, dass es mehr als nur ein Bet Yosef auf der Welt gibt.«
    Der Junge kam sich unglaublich cool vor - und wahrscheinlich glaubte er sogar noch, mit der Nummer durchkommen zu können. Anscheinend war ihm gar nicht bewusst, dass Schweißperlen auf seiner Oberlippe standen.
    »Davon gehe ich aus. Und trotzdem kommst du jetzt mit.«
    »Ich will einen Anwalt.«
    »Das lässt sich machen.«
    Sie brachten ihn in Dr. Williams' Büro. Decker blieb direkt hinter Ernesto stehen, während dieser seine Eltern anrief-Jill und Carter Golding. Decker konnte erregte Stimmen auf der anderen Seite der Leitung hören. Viel war nicht zu erkennen, aber soweit er es mitbekam, wiesen sie Ernesto an, mit niemandem mehr zu sprechen. Und von diesem Augenblick an ging alles sehr schnell.
    Mom schaffte es in sechs Minuten. Sie erinnerte Decker an eine Elfe, mit schmalem Gesicht, in der Mitte gescheiteltem, geradem hellbraunem Haar. Sie trug eine randlose Brille und kein Makeup. Die Augen hinter den Gläsern funkelten zornig. Als Erstes richtete sie ein paar ausgesucht böse Blicke in Deckers Richtung. Aber die noch böseren waren für ihren Sohn reserviert. Decker wusste, was sie

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