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Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Fantaskey
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konnte. Die meisten Typen, die ich kannte, kamen mir mehr wie Jungen vor
als wie Männer. Rasierte Jake sich
überhaupt schon? Aber Lucius ... er war eindeutig kein kleiner Junge mehr. Und
ich saß mit ihm auf einem Bett. Allein. In einem dämmrigen Raum. Und wir
redeten darüber, meine sogenannten »Mysterien« zu »erkunden«. Ich rückte ein
Stück von ihm weg.
    »Was würde
denn überhaupt passieren, wenn wir nicht heiraten?«, fragte ich in dem Bemühen,
das Thema zu wechseln. Wieder Distanz zu gewinnen. »Wie schlimm könnte es
werden?«
    Lucius
rutschte ebenfalls ein Stück weg, lehnte sich zurück und stützte sich auf die
Ellbogen. »Die Folge wäre höchstwahrscheinlich ein ausgewachsener Krieg, deine
Familie gegen meine. Etwa fünf Millionen Vampire, die danach trachten, das
Machtvakuum zu füllen, die Koalitionen bilden, mit Anführern, die aufsteigen
und fallen, Zerstörung und Blutvergießen in einem ungeheuren Ausmaß. Und wenn
Vampire Krieg führen ... Nun, wie das alte Sprichwort sagt: ›Eine Armee
reist auf ihrem Magen.‹«
    Ich kannte
das Sprichwort nicht, daher fragte ich – gegen besseres Wissen: »Und das heißt
...?«
    »Armeen
müssen essen«, erklärte Lucius. »Also wird in den Straßen auch menschliches
Blut fließen. Es wird Chaos ausbrechen. Unzählige werden ihr Leben lassen
müssen.« Achselzuckend hielt er inne. »Oder vielleicht wird auch gar nichts
geschehen. Vampire sind ein sehr launisches Völkchen. Es ist einer unserer
besten – und schlimmsten – Charakterzüge. Aber ernsthaft, es wäre
wahrscheinlich nicht klug, das Risiko einzugehen.«
    »Warum
hassen die Vladescus und die Dragomirs einander eigentlich so sehr?«
    Lucius
zuckte die Achseln. »Warum prallen alle mächtigen Nationen und Kulturen und
Religionen aufeinander? Es geht um Gebietsansprüche. Um die einfache Lust an
der Herrschaft. Es war schon immer so zwischen unseren beiden Clans – bis der
Pakt ein vorsichtiges Versprechen auf Frieden zwischen zwei gleichberechtigten
Partnern sicherte. Wenn wir den Handel nicht beschließen – du und ich –, wird
Blut an unseren Händen kleben.«
    Bilder von
blutgetränkten Straßen – meinetwegen – schossen mir durch den Kopf wie eine
Filmszene, die immer wieder abgespielt wird. Entschlossen stand ich auf und
schüttelte den Kopf. »Das ist die dümmste Geschichte, die ich je gehört habe.«
    »Wirklich?«
Der Ausdruck in Lucius' Augen war nicht zu deuten, was irgendwie noch
beängstigender wirkte als sein Ärger. Er erhob sich ebenfalls. »Wie kann ich
dich dazu bringen, diese ›Geschichte‹ zu glauben?«
    »Überhaupt
nicht.« Ich wich ein wenig zurück. »Weil es keine Vampire gibt.«
    »Mich gibt
es. Dich gibt es.«
    »Ich bin
kein Vampir«, beharrte ich. »Dieser Stammbaum bedeutet gar nichts.«
    Ich konnte
sehen, wie wütend meine Bemerkung Lucius machte. »Der Stammbaum bedeutet alles. Es ist der einzige Besitz, der mir kostbar ist.«
    Ich zog
mich noch einige Schritte weiter zurück. Plötzlich kam Lucius mir größer vor
denn je. »Ich muss jetzt gehen«, erklärte ich.
    Aber mit
jedem Schritt, den ich machte, kam Lucius mir langsam näher und schließlich
blieb ich stehen, wie gebannt von diesen schwarzen Augen. Der Schauder, der
mich überlief, war wie ein Elektroschock.
    »Ich glaube
nicht an Vampire«, flüsterte ich, aber mit weniger Überzeugung.
    »Du wirst
daran glauben.«
    »Nein. Es
ist nicht rational.«
    Lucius war
nun nur noch Zentimeter von mir entfernt. Er beugte sich vor, um mir besser in
die Augen blicken zu können. Und dann bleckte er die Zähne. Nur dass sich etwas
an seinen Zähnen verändert hatte. Es waren Reißzähne. Zwei Reißzähne, um genau
zu sein. Zwei scharfe, verführerische, glänzende Reißzähne. Sie waren das
Schrecklichste, Perfekteste, Unglaublichste, das ich je gesehen hatte.
    Ich wollte
schreien. Schreien, so laut es nur ging. Ich wollte spüren, wie Lucius nach
meinen Schultern griff, wie er mich fest an sich zog. Ich wollte die Kraft in
seinen Händen spüren, die Berührung seiner Lippen, diese Zähne an meinem Hals
... Oh Gott. Was war nur los mit mir? Was war los mit ihm? Er war
ein verdammter Vampir, er war wirklich einer. Nein. Es war ein
Zaubertrick. Eine Illusion.
    Ich schloss
die Augen, rieb sie heftig und verfluchte mich, dass ich auf den Trick
hereingefallen war, während ich zugleich auf das Gefühl rasiermesserscharfer
Zähne an meiner Kehle wartete, die sich in meine Halsschlagader bohrten. »Bitte
...

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