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Der Vampir, den ich liebte

Der Vampir, den ich liebte

Titel: Der Vampir, den ich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Fantaskey
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nicht!«
    Es folgte
ein Augenblick des Schweigens, der eine Ewigkeit zu dauern schien. Ein
Augenblick, in dem ich wirklich Angst hatte, dass er mir vielleicht wehtun
würde. Und dann packte Lucius tatsächlich plötzlich meine Arme und zog mich an
sich, drückte mich an seine Brust, genauso, wie er es in meinem Traum getan
hatte. Entschlossen, aber sanft.
    »Antanasia«,
murmelte er und seine Stimme war auf einmal wieder weich. Er strich mir mit
der Hand über die Locken und ich erlaubte es ihm, viel zu erleichtert, um zu
protestieren. »Es tut mir leid ... Es war grausam, dir Angst zu machen«,
murmelte er. »Ich hätte es nicht tun sollen, nicht auf diese Weise. Verzeih mir
bitte.«
    Zaghaft
schlang ich die Arme um Lucius' schmale Taille, ich wusste selbst nicht, warum
ich es tat, und er drückte mich noch fester an sich und bettete das Kinn auf
meinen Kopf. Seine Hand lag auf meinem Rücken, streichelte mich sanft. So
blieben wir eine Weile stehen. Ich konnte seinen Herzschlag an meiner Wange
spüren. Ganz sachte. Beinahe unmerklich. Mein Herz dagegen pochte wie wild und
ich wusste, dass er es auch spüren konnte.
    Schließlich
wand ich mich aus seinen Armen und er ließ mich los.
    »Mach das
nie wieder«, sagte ich, überrascht, wie sehr meine Stimme zitterte. »Niemals.
Das ist nicht komisch.«
    Aus den
Boxen des Plattenspielers erklang noch immer die verrückte kroatische Musik,
unheimlich und durchdringend. Lucius fasste mich am Arm. Ich hasste es, dass
ein Teil von mir seine Berührung genoss. Hasste es, dass es mir so schwergefallen
war, mich loszureißen. Er ist ein Spinner, Jess.
    »Bitte,
Jessica. Setz dich.« Lucius deutete auf das Bett. »Du siehst ziemlich blass
aus.«
    Mich
setzen ... und was passiert dann?
    »Ich ...
ich muss gehen«, sagte ich.
    Lucius
versuchte nicht, mich aufzuhalten. Ich ließ ihn einfach da stehen, mitten in
diesem dunklen Raum. Ich ging die Stufen hinunter, und als ich auf unserem Hof
ankam, rannte ich los, wurde erst ruhiger, nachdem ich die Tür meines Zimmers
hinter mir verschlossen hatte, atemlos, mit geröteten Wangen und unglaublich,
unglaublich verwirrt. Denn was ich da gerade eben gespürt hatte, war nicht
einfach Angst gewesen. Es waren Gefühle gewesen, die ich aus meinem Traum von
Lucius kannte. Abscheu, verwandelt
in Furcht, verwandelt in Verlangen ... Alchemie. Wahnsinn. Plötzlich schien alles in meinem
Gehirn miteinander vermischt. Und es war falsch, so falsch.

Kapitel 13
    Heute werden wir das Konzept der
transzendenten Zahlen erörtern«, verkündete der Leiter unserer Mathe-AG, Mr
Jaegerman, und rieb sich mit arithmetischer Vorfreude die Hände.
    Fünf
Schüler beugten sich, die Stifte gezückt, über die Notizbücher.
    »Eine
transzendente Zahl ist jede Zahl, die nicht algebraisch – die also nicht die
Nullstelle eines Polynoms größer nullten Grades mit ganzzahligen Koeffizienten
ist«, begann Mr Jaegerman.
    Mike
Dannekers Hand schnellte in die Höhe. »Wie Pi.«
    »Ja«, rief
Mr Jaegerman, schnappte sich die Kreide an der Tafel und schrieb das Symbol für
Pi auf. »Genau.« Er schwitzte bereits ein wenig. Mr Jaegerman war kahlköpfig,
leicht übergewichtig und trug tagaus, tagein Polyester, aber er hatte eine
bewundernswerte Begeisterung für Zahlen.
    Ich
notierte das Symbol in mein Notizbuch, während ich innerlich aufstöhnte. Wie
sehr mir diese theoretischen Konzepte zuwider waren. Statt mich mit abstrakten
Ideen herumzuquälen, hätte ich viel lieber praktische Aufgaben gelöst.
    »Pi ist ein
hervorragendes Beispiel für eine transzendente Zahl«, fuhr unser Lehrer fort.
»Das Verhältnis des Kreisumfangs zum Kreisdurchmesser. Wir sind alle vertraut
mit Pi, und wenn wir die Zahl benutzen, lassen wir es im Allgemeinen
bei zwei Kommastellen bewenden. Wie wir jedoch wissen, ist Pi in Wirklichkeit
viel länger. Und obwohl wir Menschen Pi bis auf ungefähr eine Billion Stellen
berechnet haben, ist kein Ende in Sicht. Die Ziffernfolge nach dem Komma ist
unendlich, ›unlösbar‹. Und – dies ist der Teil, bei dem unser Verstand
nicht mehr weiterkommt –, die Ziffern bilden kein Muster.«
    Er
kritzelte an die Tafel. 3,1415926535897932... »So geht es weiter, bis in alle
Ewigkeit.«
    Wir hielten
inne und verdauten das Gesagte. Als Schüler, die sich für Mathematik
interessierten, hatten wir natürlich alle schon früher über Pi nachgedacht.
Aber die Vorstellung, dass diese Ziffernfolge sich durch die Galaxien zog,
durch die Zeit ... das war mehr als

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