Der Vampir der mich liebte
und hoffte, dass mir weitere Überraschungen erspart blieben.
»Wer ist da?«
»Wir sind es«, sagte Pam.
Ich drehte den Türknopf, hielt dann inne, erinnerte mich aber, dass sie ja ohnehin nicht reinkommen konnten, und öffnete die Tür.
Pam hatte helles glattes Haar und war weiß wie eine Magnolienblüte. Ansonsten sah sie aus wie eine junge Hausfrau aus einer Vorstadtsiedlung, die halbtags in der Vorschule arbeitet.
Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass irgendjemand Pam jemals seine Kleinkinder anvertrauen würde, hatte sie aber noch nie etwas sehr Grausames oder Bösartiges tun sehen. Doch sie ist definitiv davon überzeugt, dass Vampire besser sind als Menschen, und sie ist sehr direkt und nimmt kein Blatt vor den Mund. Und ich könnte schwören, wenn ihr Wohlergehen davon abhinge, würde Pam jedes noch so unheilvolle Vorhaben skrupellos in die Tat umsetzen. Sie schien eine hervorragende Stellvertreterin für Eric zu sein und war nicht übermäßig ehrgeizig. Wenn sie tatsächlich danach strebte, ihren eigenen Machtbereich zu haben, dann konnte sie diesen Wunsch ziemlich gut verbergen.
Mit Chow war das was ganz anderes. Ich wollte Chow gar nicht erst besser kennen lernen. Ich traute ihm nicht, und ich hatte mich in seiner Gegenwart auch nie wohl gefühlt. Chow ist Asiate, ein schmal gebauter, aber starker Vampir mit ziemlich langem schwarzem Haar. Er ist nicht sehr groß, und jeder sichtbare Zentimeter Haut (außer seinem Gesicht) ist mit komplizierten Tattoos bedeckt, echten kleinen Kunstwerken. Pam sagt, es sind Yakuza-Tattoos. An manchen Abenden arbeitet Chow im Fangtasia als Barkeeper, an anderen sitzt er einfach nur herum und präsentiert sich den Stammgästen. (Aus diesem Grund gibt es überhaupt Vampir-Bars: um den normalen Menschen das Gefühl eines wilden Lebens zu verschaffen, weil sie sich in einem Raum mit echten Untoten aufhalten. Ein sehr lukratives Geschäft, hat Bill mir erzählt.)
Pam trug einen flauschigen, cremeweißen Pullover und goldbraune Wollhosen, Chow hatte seine ewig gleiche Weste und Hosen an. Er trug nur selten ein Hemd, so kamen die Stammgäste des Fangtasia stets in den vollen Genuss seiner Tattookunstwerke.
Ich rief nach Eric, und er trat langsam ins Zimmer. Er wirkte äußerst misstrauisch.
»Eric«, sagte Pam. In ihrer Stimme schwang Erleichterung. »Geht es dir gut?« Besorgt sah sie Eric an. Sie verbeugte sich nicht, aber sie vollführte so eine Art tiefes Nicken.
»Meister«, sagte Chow und verbeugte sich.
Ich versuchte, nicht überzuinterpretieren, was ich da sah und hörte. Aber mir schien, dass die unterschiedliche Begrüßung einiges über die Beziehungen der drei untereinander aussagte.
Eric sah verunsichert aus. »Ich kenne euch«, sagte er und versuchte, es wie eine Feststellung und nicht wie eine Frage klingen zu lassen.
Die anderen beiden Vampire tauschten einen Blick. »Wir arbeiten für dich«, sagte Pam. »Wir schulden dir Treue.«
Ich begann, mich aus dem Zimmer zurückzuziehen, weil sie sicher über geheime Vampir-Sachen reden wollten. Und wenn es irgendetwas gab, worüber ich nichts weiter erfahren wollte, dann das.
»Geh bitte nicht«, sagte Eric zu mir. Seine Stimme klang ängstlich. Ich erstarrte und sah mich um. Pam und Chow blickten mich über Erics Schulter hinweg an, und ihre Mienen konnten unterschiedlicher nicht sein. Pam wirkte fast amüsiert. Chow dagegen sah deutlich missbilligend drein.
Ich versuchte, Eric nicht in die Augen zu sehen, damit ich ihn mit gutem Gewissen allein lassen konnte, aber es funktionierte einfach nicht. Er wollte nicht allein sein mit seinen beiden Kumpanen. Ich atmete tief aus. Na gut, verdammt noch mal . Ich trottete wieder zu Eric hinüber und ließ Pam die ganze Zeit nicht aus den Augen.
Wieder klopfte es an der Haustür, und Pam und Chow reagierten auf dramatische Weise. Im Bruchteil einer Sekunde waren sie beide kampfbereit, und Vampire in diesem Zustand sind kein angenehmer Anblick. Ihre Fangzähne treten hervor, ihre Hände krümmen sich zu Krallen und ihre Körper sind in höchster Alarmbereitschaft. Die Luft um sie herum scheint zu knistern.
»Ja?«, sagte ich direkt hinter der Tür. Ich musste unbedingt einen Türspion anbringen lassen.
»Hier ist dein Bruder«, sagte Jason schroff. Er ahnte ja gar nicht, was für ein Glück er gehabt hatte, dass er nicht einfach wie immer hereinmarschiert war.
Irgendetwas hatte Jason in schlechte Laune versetzt, und ich fragte mich, ob jemand anders bei ihm
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